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Zur Änderung einer verbindlichen Auskunft

Christian Thurow

FG Baden-Württemberg, Entscheidung vom 24.7.2023 – 1 K 1520/21 (Revision zugelassen)

 

Mittels einer verbindlichen Auskunft (vA) lassen sich die steuerlichen Folgen von in der Zukunft stattfindenden Sachverhalten klären. Doch wie verhält es sich, wenn die verbindliche Auskunft bereits im Zeitpunkt der Erteilung rechtsfehlerhaft war? Und wie viel Reaktionszeit muss einem Steuerpflichtigen bei Änderung einer verbindlichen Auskunft eingeräumt werden? Mit diesen Fragen hat sich nun das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg auseinandergesetzt.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Im Rahmen eines städtischen Unternehmensverbunds sollten diverse Umstrukturierungen vorgenommen werden. Zur Klärung der steuerlichen Auswirkungen wurde eine verbindliche Auskunft beantragt und im Jahr 2013 erteilt. Im Jahr 2018 ist im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung (Bp) festgestellt worden, dass die verbindliche Auskunft unrichtig war.

Aus Sicht des Finanzamts war die verbindliche Auskunft daher von Anfang an nichtig. Im Juni 2019 teilte das Finanzamt der Klägerin mit, dass es beabsichtigt, die verbindliche Auskunft ab dem im Januar 2020 beginnenden Veranlagungszeitraum zu ändern. Der entsprechende Änderungsbescheid wurde am 16.12.2019 erlassen. Nach Auffassung der Klägerin war die Änderung der verbindlichen Auskunft ermessensfehlerhaft.

 

 

Lösung

Aus Sicht des FG Baden-Württemberg war der Änderungsbescheid ermessensfehlerhaft. Unstreitig ist die erteilte verbindliche Auskunft von Anfang an unrichtig gewesen, d.h. materiell rechtswidrig. Soweit ein Verwaltungsakt ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, darf dieser nur dann zurückgenommen werden, wenn seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war. Gerade bei einer verbindlichen Auskunft ist aber davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige keine bessere Kenntnis des Sachverhalts als das Finanzamt hat. Insofern kann eine Aufhebung nur für die Zukunft gelten.

Dabei ist dem Steuerpflichtigen ein angemessener Zeitrahmen zu gewähren, um auf die geänderte steuerliche Sachlage zu reagieren. Die Besprechung eines Sachverhalts im Rahmen einer Betriebsprüfung ist hierbei unerheblich, da die steuerliche Außenprüfung nach der organisatorischen Aufgabenverteilung weder für die Erteilung noch für die Aufhebung oder Änderung einer verbindlichen Auskunft zuständig ist. Erst mit Schreiben vom Juni 2019 wurde die Änderungsabsicht für den Steuerpflichtigen greifbar. Auf die Erwiderung des Steuerpflichtigen vom Juli 2019 reagierte das Finanzamt schließlich mit Bescheid vom 16.12.2019. Angesichts der anstehenden Feiertage war es dem Steuerpflichtigen nicht mehr möglich, das weitere Vorgehen in seinen Gremien zu besprechen und mögliche Schlussfolgerungen fundiert zu erwägen.

Das FG Baden-Württemberg vertritt die Ansicht, dass aufgrund der Gesamtumstände dem Steuerpflichtigen mindestens ein Jahr ab dem Zugang des Änderungsbescheids bis zur Wirkung der Änderung eingeräumt werden müsste. Der Änderungsbescheid ist somit rechtswidrig und ohne Bestand.

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 1/2024

BC20240120

 

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