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Privatnutzung eines betrieblichen Pkw durch einen Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer: Anscheinsbeweis

Christian Thurow

FG Köln, Urteil vom 15.9.2016, 10 K 2497/15 (Revision ist zugelassen)

 

Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden dienstliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch privat genutzt. Schwierig wird es, wenn die Privatnutzung nicht ausdrücklich geregelt ist. Aber aus Sicht des Finanzgerichts (FG) Köln greift hier auch bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer der sog. Anscheinsbeweis.

 

 

Praxis-Info!

Problemstellung

A war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. In der GmbH war noch seine Ehefrau auf geringfügiger Basis beschäftigt, weitere Arbeitnehmer gab es nicht. Auf den Gesellschafter-Geschäftsführer war privat ein Audi A6 zugelassen. Als Firmenwagen stand ihm ein Audi TT zur Verfügung, der nach der 1%-Bruttolistenpreisregelung versteuert wurde. Darüber hinaus befand sich im Betriebsvermögen der GmbH ein Audi AS Quattro.

Im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung kam der Prüfer zu dem Schluss, der Audi AS Quattro werde ausschließlich vom Gesellschafter-Geschäftsführer genutzt. Ein Fahrtenbuch konnte während der Außenprüfung nicht vorgelegt werden. Der Betriebsprüfer ging daher davon aus, dass der Audi AS Quattro auch privat genutzt wurde und setzte in Höhe des nach der 1%-Bruttolistenpreisregelung ermittelten privaten Nutzungsanteils eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an.

Hiergegen erhob die GmbH Einspruch und Klage. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens wurde ein Fahrtenbuch vorgelegt, welches jedoch aus Sicht des Finanzamts nicht ordnungsgemäß geführt worden war.

 

 

Lösung

Das FG Köln folgt der Auffassung der Finanzbehörde. Nach allgemeiner Lebenserfahrung nutzt ein Gesellschafter-Geschäftsführer einen ihm zur Verfügung stehenden Firmenwagen auch für private Fahrten. Dies gilt aus Sicht des FG Köln auch dann, wenn dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein weiteres Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung steht. Es ist nämlich nicht davon auszugehen, dass das Fahrzeug bei Reisen, die sowohl privaten als auch betrieblichen Zwecken dienen, gewechselt wird. Auch in den Zeiträumen, in denen der privat zu nutzende Firmenwagen nicht zur Verfügung steht (z.B. Inspektion, Reparatur), ist von einer Privatnutzung des anderen Fahrzeugs auszugehen.

Diesen Anscheinsbeweis konnte die Klägerin nicht entkräften, da das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß geführt wurde. So enthält das Fahrtenbuch fast nie die aufgesuchte Anschrift. Auch konnte das Finanzamt Fehler nachweisen, z.B. fehlende Übereinstimmung der aufgesuchten Firma und des angegebenen Orts. Somit ist das Finanzamt zu Recht von einer vGA ausgegangen.

 

 

Praxishinweis:

  • Laut BFH-Rechtsprechung kann der Anscheinsbeweis entkräftet werden, wenn für private Fahrten andere Fahrzeuge zur Verfügung stehen, die mit dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar sind. Dies wäre im Ausgangsfall mit dem anderen Firmenwagen und dem privaten Pkw gegeben. Allerdings weist das FG Köln zu Recht darauf hin, dass bei Reisen mit privater und dienstlicher Natur in der Regel kein Fahrzeugwechsel stattfindet bzw. stattfinden kann. Der Anscheinsbeweis lässt sich in einem solchen Fall nur schwer durch einen sog. Gegenbeweis entkräften bzw. erschüttern.
  • Die Anforderungen an die Entkräftung des Anscheinsbeweises, der für die Privatnutzung eines Firmenfahrzeugs spricht, sind hoch. Für ein erfolgreiches Vorgehen könnten folgende Vorkehrungen hilfreich sein:
    – Arbeitsvertragliche Regelung, die eine private Nutzung des Dienstwagens untersagt (Nutzungsverbot).
    – Festlegung des zeitlichen Umfangs, in dem der Dienstwagen dem Arbeitnehmer zur Verfügung steht (z.B. nur während der Dienstzeiten Mo. bis Fr. von 8 bis 18 Uhr).
  • Für die Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte ist – unabhängig von den vorstehenden Ausführungen – ein geldwerter Vorteil in Höhe von monatlich 0,03% vom Bruttolistenpreis je Entfernungskilometer anzusetzen (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG).
  • Wird dem Arbeitnehmer aus besonderem Anlass oder zu einem besonderen Zweck das Firmen-Kfz nur gelegentlich (von Fall zu Fall) überlassen, ist die Nutzung für Privatfahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte je Fahrtkilometer nur mit 0,001% des inländischen Listenpreises zu bewerten. Voraussetzungen: Die Überlassung darf nicht mehr als 5 Tage im Kalendermonat betragen, und es muss ansonsten ein Nutzungsverbot vorliegen (Nachweis sowie u.a. Überwachung der Einhaltung dieses Verbots). Zum Nachweis der Fahrstrecke müssen in diesem Fall die Kilometerstände festgehalten werden (vgl. H 8.1 (9, 10) LStH „Gelegentliche Nutzung“).

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Vice President Audit, Operations & Reporting, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 12/2016

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