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FG bremst Ferrari-Fahrer aus: Kein voller Vorsteuerabzug

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 6.6.2016, 1 K 3386/15

 

Ein vollumfänglicher Vorsteuerabzug aus den Aufwendungen für einen Ferrari ist ausgeschlossen. Denn diese Aufwendungen berühren die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen und sind (anteilig) unangemessen.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

In dem aus einem zahnärztlichen Umfeld stammenden Verfahren hatte das beklagte Finanzamt den Vorsteuerabzug für Ferrari-Aufwendungen auf einen geschätzten „angemessenen“ Anteil gekürzt. Der betriebliche Repräsentationsaufwand sei unangemessen hoch. Der Geschäftsführer und seine Ehefrau hielten kein Fahrzeug in ihrem Privatvermögen. Die jährliche Fahrleistung des Ferrari war gering. Laut Fahrtenbuch fuhr der Geschäftsführer mit dem Ferrari zum Steuerberater der Klägerin, zur Bank und zu Fortbildungsveranstaltungen. Einmal nahm er an Renntagen teil.

Die Klägerin erklärte Vorsteuern aus den Aufwendungen für den Ferrari, so im Wesentlichen aus den Leasingraten und dem Kaufpreis. Die Renntage seien zur Patientenakquise besucht worden.

 

 

Lösung

Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt die von der Klägerin geltend gemachten Vorsteuern aus den Aufwendungen für den Ferrari zu Recht gekürzt habe (vgl. Pressemitteilung des FG Baden-Württemberg vom 5.10.2016, Nr. 14/2016). Die Vorsteuerbeträge entfielen auf Aufwendungen, für die einkommensteuerrechtlich ein Abzugsverbot gelte. Nicht abziehbar seien Aufwendungen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berührten, soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen seien.

Die Lebensführung sei berührt, wenn die Aufwendungen durch persönliche Motive des Steuerpflichtigen mitveranlasst seien. Ein unangemessener betrieblicher Repräsentationsaufwand liege vor, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer die Aufwendungen nicht tätigen würde. Zu berücksichtigen seien alle Umstände des Einzelfalls, also die Größe des Unternehmens, die Höhe des Umsatzes und des Gewinns sowie die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg nach der Art der ausgeübten Tätigkeit und seiner Üblichkeit.

Hier aber wurde die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den zahnärztlichen Geschäftserfolg als gering eingeschätzt, zumal der Ferrari vor allem für Fahrten zum Steuerberater, zu den Banken und zu Fortbildungsveranstaltungen genutzt werde.

 

 

Praxishinweise:

  • Aus einkommensteuerrechtlicher Sicht hatte zuvor das FG Nürnberg im Urteil vom 27.1.2012 ( 7 K 966/2009, siehe dazu ausführlich Hillmer) einen ähnlichen Standpunkt vertreten: Ein Kfz kann dann nicht dem Betriebsvermögen zugeordnet werden, wenn es aufgrund seiner Beschaffenheit und seiner Zweckbestimmung dem Betrieb nicht dauernd und uneingeschränkt dienen kann. Beim Erwerb und Halten eines Luxussportwagens, dessen Kostenlast in einem unausgewogenen Verhältnis zum Umfang der tatsächlichen betrieblichen Nutzung steht, ist bei typisierender Betrachtung regelmäßig davon auszugehen, dass die Anschaffung privat veranlasst war (§ 4 Abs. 4 und 5 Nr. 7 EStG). Bestätigt wurde diese Sichtweise durch den BFH mit Urteil vom 29.4.2014, VIII R 20/12, erläutert durch Thurow).
  • Aus der Argumentation des FG Nürnberg ließ sich ablesen, dass z.B. ein auf Sylt tätiger Makler für Luxusvillen weniger Probleme mit der Anerkennung entsprechender Pkw-Aufwendungen gehabt hätte, weil dann das Argument, dadurch Repräsentationserfolge erzielen zu können, tragfähiger gewesen wäre als bei einem Tierarzt. Dies dürfte auch auf Konstellationen zutreffen, die dem nun vom FG Baden-Württemberg entschiedenen Streitfall ähnlich sind. Vielleicht sollten Zahnärzte doch eher Fahrten zu Kliniken und medizinischen Kongressen mit dem Ferrari als Repräsentationsaufwand anzusetzen versuchen als den Besuch von Renntagen, selbst wenn es dort im Wetteifer auch einmal zum Zahnausfall bei Streitigkeiten kommen mag. Weitere Praxisbeispiele zu dieser Thematik sind der Vorbesprechung des Nürnberger Urteils zu entnehmen.
  • Bezeichnenderweise stimmen beide Urteile auch darin überein, dass Vielfahrer, die sich wie in den Streitfällen nicht auf einen Ferrari beschränken, sondern auch Porsche und Mercedes zu schätzen wissen, sich nur wenige Ferrari-Ausfahrten gönnen, was zu extrem hohen Vorsteuerbeträgen je km führt. Soweit Zahn- oder Tierärzte also nicht beratungsresistent sein sollten, könnte sich hier ein attraktives betriebswirtschaftliches Beratungsfeld für Bilanzbuchhalter auftun, um bei zu seltenem, berufsuntypischem Einsatz gegensteuernd im Sinne einer weniger problematischen Fahrtenzuordnung eingreifen zu können – womöglich sogar vom Beifahrersitz aus, wenn der vom Fachgespräch ermüdete Mandant am Steuer einzuschlafen droht.

 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld

 

 

BC 11/2016

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