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Betriebsausgabenabzug für Pkw: Ferrari angemessen?

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

FG Nürnberg, Urteil vom 27.1.2012, 7 K 966/2009

 

Ein Kfz kann dann nicht dem Betriebsvermögen (BV) zugeordnet werden, wenn es aufgrund seiner Beschaffenheit und seiner Zweckbestimmung dem Betrieb nicht dauernd und uneingeschränkt dienen kann. Beim Erwerb und Halten eines Luxussportwagens, dessen Kostenlast in einem unausgewogenen Verhältnis zum Umfang der tatsächlichen betrieblichen Nutzung steht, ist bei typisierender Betrachtung regelmäßig davon auszugehen, dass die Anschaffung privat veranlasst war (§ 4 Abs. 4 und 5 Nr. 7 EStG).

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Die Entscheidung setzt sich mit dem Problem auseinander, unter welchen Voraussetzungen ein Kfz bei einem freiberuflich Tätigen nicht zum BV gehören kann. In dem vom FG Nürnberg zu beurteilenden Streitfall (EFG 2012, 1238-1240; Rev. eingel., Az. des BFH: VIII R 20/12) hatte der Tierarzt in den Streitjahren Gewinne von rund 350.000 € pro Jahr erzielt. Als betriebliches Fahrzeug hielt er einen VW Multivan, dessen privater Nutzungsanteil nach der 1%-Regelung angesetzt wurde. Bis Oktober 2005 fuhr er zusätzlich als Zweitwagen einen Porsche Boxster S, den er ebenfalls als BV behandelte.

Dann kam als Ersatz für den Porsche ein geleaster Ferrari Spider (ein 400-PS-Sportwagen) zum Einsatz. Die Mietsonderzahlung für den Ferrari betrug im Oktober 2005 15.000 € zzgl. USt. Vereinbart wurden weitere 36 monatliche Leasingraten ab Dezember 2005 von jeweils 1.961,66 € zzgl. USt. Das für den Ferrari seit Nutzungsbeginn geführte Fahrtenbuch weist im Jahr 2005 nur einmal eine betriebliche Nutzung für eine Strecke von 104 km zum Besuch einer Kollegin wegen eines Narkosegeräts aus. Die Gesamtfahrleistung betrug 2005 550 km, wobei die übrigen Fahrten dem Fahrzeug selbst dienten (z.B. für Überführung, Tanken und Reifenwechsel).

2006 fuhr der Tierarzt mit dem Ferrari insgesamt 3.794 km, wobei 3.456 km auf neun Fahrten zu weiter entfernten Fortbildungsveranstaltungen entfielen. Weitere betriebliche Fahrten unternahm der Tierarzt mit dem Ferrari nicht.

In 2007 waren von insgesamt 2.387 km 2.113 km betrieblich (nämlich fünf Fahrten zu Fortbildungsveranstaltungen und eine zum Gericht).

Die vom Kläger ermittelten Gesamtkosten summierten sich

– in 2005 auf 28.290,32 €,

– in 2006 auf 35.977,15 € und

– in 2007 auf 33.714,41 €.

Der Privatanteil wurde durch ein Fahrtenbuch ermittelt und entsprechend in der Einnahmen-Überschussrechnung berücksichtigt.

Das Finanzamt (FA) versagte den BA-Abzug unter Berufung auf § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG und setzte für die betrieblichen Fahrten pauschal 1 € je Kilometer an, für 2005 104 € und für 2006 und 2007 aufgrund der geschätzten betrieblich gefahrenen Kilometer – das vollständige Fahrtenbuch im Original ließ sich das FA nicht vorlegen – je 2.000 €. Das Finanzgericht (FG) hielt diese Werte zwar für zu niedrig angesetzt und erhöhte sie in relativ geringem Umfang. Einer vollen Anerkennung des vom Tierarzt begehrten Betriebsausgabenabzugs erteilte das FG jedoch eine klare Absage.

 

 

Lösung

Die Argumentation des Klägers lief darauf hinaus, dass bei durchschnittlichen Umsätzen von rund 700.000 € pro Jahr ein entsprechendes Kfz für dienstliche Obliegenheiten wie Fortbildungsveranstaltungen, Kundenbesuche usw. nötig sei. Der in den letzten Kalenderjahren überproportional angestiegene Betriebserfolg sei auch auf die höheren Repräsentationsaufwendungen zurückzuführen. Außerdem betrügen die Fahrzeugkosten nur ca. 4 bis 5% des Jahresumsatzes, was dem Branchendurchschnitt entspreche. Im Übrigen sei bei der Anschaffung eines serienmäßig hergestellten Pkw die Angemessenheit von BA als Kfz-Kosten stets zu bejahen, auch wenn es sich um ein Fahrzeug der oberen Preisklasse handle.

Hingegen ließ das FG den BA-Abzug nur in Höhe von 2 € für jeden mit dem Ferrari Spider betrieblich gefahrenen Kilometer zu; weitere Aufwendungen für den Ferrari habe das FA zu Recht steuerlich nicht anerkannt. Entscheidend war für das FG, dass nach den im Streitfall gegebenen Gesamtumständen der Pkw Ferrari weder zum notwendigen noch zum gewillkürten BV des Tierarztes gehörte, sondern es sich vielmehr um notwendiges Privatvermögen (PV) handele. Im Einzelnen:

 

(1) Keine Förderung des Betriebserfolgs:

Notwendiges BV liege im Streitfall nicht vor. Auch eine Berücksichtigung im gewillkürten BV lehnte das FG ab; denn das komme nur in Betracht, wenn das betreffende Wirtschaftsgut (WG) objektiv geeignet und vom Betriebsinhaber erkennbar dazu bestimmt ist, den Betrieb zu fördern (BFH-Urteil vom 23.9.2009, IV R 14/07, BStBl. II 2010, 227). Eine objektive Förderungsmöglichkeit für den Betrieb fehlt, wenn erkennbar ist, dass das WG dem Betrieb keinen Nutzen bringt (vgl. BFH-Beschluss vom 5.2.2007, IV B 73/05, BFH/NV 2007, 1106). Dies ist bei einem Kfz jedenfalls dann der Fall, wenn es dem Betrieb aufgrund seiner Beschaffenheit und seiner Zweckbestimmung nicht dauernd und uneingeschränkt dienen kann und soll. Beim Erwerb eines Luxussportwagens, dessen jährliche Kostenlast in einem unausgewogenen Verhältnis zum Umfang der tatsächlichen betrieblichen Nutzung steht, ist bei typisierender Betrachtung regelmäßig davon auszugehen, dass die Anschaffung privat veranlasst war.

 

(2) Zu hohe Kosten:

Nach diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für eine Zuordnung des Ferrari zum gewillkürten BV nicht vor, und zwar unabhängig davon, ob der betriebliche Nutzungsanteil erheblich ist (vgl. BFH-Urteil vom 2.10.2003, IV R 13/03, BStBl. II 2004, 985). Nach den Feststellungen des Senats fehlte dem Ferrari von Beginn an eine betriebliche Förderungsmöglichkeit; denn die Haltung und Nutzung des Fahrzeugs war mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden (seit der Anschaffung des Fahrzeugs im Oktober 2005 waren bis Ende des Jahres 2007 laufende Kfz-Kosten einschließlich Leasingraten in Höhe von nahezu 98.000 € [!] angefallen). Daraus hatten sich durchschnittliche Kosten je gefahrenem Kilometer von 14,56 € ergeben. Dieser Kostenlast standen keine erkennbaren Vorteile für die Tierarztpraxis gegenüber.

 

(3) Zu seltener, berufsuntypischer Einsatz:

Der Ferrari wurde – anders als der in den Streitjahren zum BV gehörende VW Multivan – nicht regelmäßig und dauerhaft, sondern nur vereinzelt für betriebliche Fahrten eingesetzt. Aufgrund seiner Beschaffenheit und seiner Zweckbestimmung durch den als Tierarzt tätigen Kläger war der Ferrari auch weniger für Fahrten zu den Kunden und Patienten vor Ort geeignet und wurde laut Fahrtenbuch für solche Fahrten vom Kläger auch nie eingesetzt. Ein Fahrzeug, das für den Unternehmer durchgehend horrend hohe Kosten verursacht, ist weder geeignet noch dazu bestimmt, den Betrieb zu fördern. Als BA zu berücksichtigen sind lediglich die Kosten in angemessener Höhe für die tatsächlich durchgeführten betrieblichen Fahrten des Klägers mit dem Ferrari.

 

Entscheidend sind also wieder einmal die konkreten Umstände im Einzelfall. Deshalb mögen folgende Beispiele für spezifische Berufsgruppen verdeutlichen, unter welchen Voraussetzungen ein Betriebsausgabenabzug anerkannt worden wäre bzw. die Anerkennung gefährdet sein könnte (die Beispiele lassen erkennen, dass die im Streitfall für einen Freiberufler angewendeten Kriterien auch für gewerbliche Unternehmen gelten).

 

 

Beispiel 1: Berufliche Stellung: Makler für Luxusvillen 

Aus der Argumentation des FG lässt sich ablesen, dass z.B. ein auf Sylt tätiger Makler für Luxusvillen weniger Probleme mit der Anerkennung entsprechender Pkw-Aufwendungen gehabt hätte, weil dann das Argument, dadurch Repräsentationserfolge erzielen zu können, tragfähiger gewesen wäre als bei einem Tierarzt. 

 

 

Beispiel 2:  Höhe der Pkw-Kosten je km

Auch unabhängig von der beruflichen Stellung empfiehlt es sich, die Höhe der Pkw-Kosten je km im Auge zu behalten. Das ergibt sich aus der vergleichsweisen Bezugnahme des FG auf Kosten für aufwendigere Modelle gängiger Marken der Oberklasse (BMW und Mercedes-Benz). Nach der vom FG genannten Internet-Plattform www.autobudget.de betragen die Kilometerkosten ohne Benzin bei einer Fahrleistung von 15.000 km pro Jahr und einer Nutzungsdauer von vier Jahren z.B. bei einem Mercedes SL 600 2,02 €, bei einem Porsche 911 ca. 1 €. Das Problem im Streitfall könnte daher auch der vorgenannte Makler bekommen, wenn er sein Fahrzeug so selten nutzt, dass übertrieben hohe durchschnittliche Kosten je betrieblich gefahrenem Kilometer entstehen. 

 

 

 

Beispiel 3: Gesamtnutzung entscheidungserheblich

Die eventuelle Unangemessenheit von Aufwendungen für einen Pkw kann nicht bereits aus dem Umstand abgeleitet werden, dass es sich um einen besonders teuren repräsentativen Wagen handelt. Vielmehr kann die Höhe der Aufwendungen nur im Rahmen der im Einzelfall zu würdigenden Tatsachen wie Größe des Unternehmens, Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg und Umfang sowie Häufigkeit der privaten Pkw-Nutzung usw. eine Rolle spielen. Wenn beispielsweise ein erfolgreicher Rechtsanwalt, der nicht wie ein Tierarzt Medikamente und Behandlungsinstrumente im Gepäck hat, regelmäßig im Porsche zum Mandanten fährt, ist das unkritisch. Gibt dieser Jurist aber vor, ein Wohnmobil für Mandantenbesuche zu nutzen, dürfte auch er Probleme hinsichtlich der steuerlichen Berücksichtigung bekommen. Das gilt übrigens z.B. ebenso für einen von ihm gefahrenen Oldtimer-Porsche, wenn dieser nur ausnahmsweise und neben einem Standard-Pkw zum Einsatz kommt. 

 

 

 

Beispiel 4: Bezug zu spezifisch-beruflichen Anforderungen

Der Tierarzt hätte keine Probleme bekommen, wenn er statt des MultiVan einen teureren Cayenne oder Range Rover eingesetzt hätte. Denn allein schon das Benutzen unausgebauter Zuwegungen bei Fahrten zu Einsätzen auf Gehöften hätte als rechtfertigendes Argument für den Einsatz eines sog. SUV (Sport Utility Vehicle bzw. Geländelimousine) vom FA nicht missachtet werden dürfen. 

 

 

 

Beispiel 5: Bilanzbuchhalter im Fremdvergleich: Was sagen die Kollegen?

Wenn es um die Frage geht, in welcher Höhe Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG unangemessen und daher nicht als BA abziehbar sind, kommt es nicht allein auf die absolute Höhe der entstandenen Kosten an. Bei der Prüfung der Angemessenheit ist – so die klare Vorgabe des FG – darauf abzustellen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen hätte. Dieses Fremdvergleichskriterium sollten auch erfolgreiche selbstständige Bilanzbuchhalter auf sich anwenden, wenn sie die Anschaffung eines besonders teuren Pkw erwägen (aber niemand muss sich auf Dacia, Hyundai oder Skoda einengen lassen, auch wenn solche Fahrzeuge unter den Kollegen häufiger gefahren werden sollten). 

 

 

 

Praxishinweise:

  • Ein freies Wahlrecht zur betrieblichen Zuordnung (wie vom Tierarzt für sich in Anspruch genommen) lässt das FG nicht gelten. Zwar ist ein Unternehmer – ob Freiberufler oder nicht – grundsätzlich frei in seiner Entscheidung, welche und wie viele Fahrzeuge er für betriebliche Zwecke anschafft. Allerdings obliegt es ihm auch, darzulegen und glaubhaft zu machen, dass es betriebliche und eben keine privaten Gründe waren, das Fahrzeug zu erwerben.
  • Die Anhebung gegenüber den vom FA anerkannten Kosten resultierte im Streitfall daraus, dass das FG zugunsten des Klägers bei seiner Vergleichsbetrachtung von dem teuersten Fahrzeug, dem Mercedes, ausging und den Betrag von 2 € pro gefahrenem Kilometer im Streitfall für noch angemessen hielt. Die anerkannten BA erhöhten sich daher für 2005 von zuvor 104 € auf 208 €, für 2006 von zuvor 2.000 € auf 6.912 € und für 2007 von zuvor 2.000 € auf 4.226 €.
  • Auch dieses Urteil reiht sich in die Reihe vieler anderer ein, die Einzelfallprüfungen erforderlich machen. Das liegt nicht zuletzt an der – aus welchen Gründen auch immer bestehenden – Scheu des Gesetzgebers, konkrete Obergenzen einzuziehen. Dass dies bei Arbeitnehmern, die mit der seit Jahren unangepassten Kilometerpauschale von 0,30 € leben müssen, während Freiberufler und Unternehmer steigende Kosten fast unbeschränkt weitergeben können, Unmut hervorruft, wäre jedenfalls dann verständlich, wenn der BFH die auf Maßhaltung zielende Entscheidung des FG nicht stützen sollte – was abzuwarten bleibt.

 

 

Dipl.-Kfm. Dr. Hans-Jürgen Hillmer, Coesfeld

 

BC 9/2012

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