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Geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen im Inland durch eine im EU-Ausland niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 19.10.2016, II R 44/12

 

Die deutschen Beschränkungen der zur steuerlichen Hilfeleistung ermächtigten Personen werden durch das EU-Recht immer weiter ad absurdum geführt. Dies zeigt sich in einem weiteren BFH-Urteil, welches auch für selbstständige Bilanzbuchhalter von Interesse sein dürfte.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Eine Kapitalgesellschaft britischen Rechts mit Sitz in Großbritannien und Niederlassungen in den Niederlanden sowie in Belgien wirkte bei der Erstellung der Umsatzsteuererklärung eines deutschen Unternehmens mit. Finanzamt und Finanzgericht erkannten die Kapitalgesellschaft nicht als steuerlich Bevollmächtigten der deutschen Gesellschaft an.

 

 

Lösung

In seinem Urteil zeigt der BFH die Grenzen des § 3a StBerG gegenüber der EU-Niederlassungsfreiheit auf: Steuerberatungsgesellschaften, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU niedergelassen sind, sind nach § 3a StBerG unter den dort festgelegten Voraussetzungen zu einer vorübergehenden und gelegentlichen Hilfeleistung in Steuersachen auf deutschem Gebiet befugt. Knackpunkt ist hier die Präposition „auf“. Dies bedeutet: Der ausländische Steuerberater wird in Deutschland vorübergehend tätig, z.B. indem er sich im Inland mit Mandanten trifft.

Wird die ausländische Steuerberatungsgesellschaft dagegen ausschließlich vom Ausland aus für den deutschen Mandanten tätig, so kann sie aufgrund der unionsrechtlich gewährleisteten Dienstleistungsfreiheit zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige befugt sein. Voraussetzung ist hierbei eine nachhaltige Berufsausübung, d.h.:

  • Ausübung einer steuerberatenden Tätigkeit im Ausland von mindestens zwei Jahren innerhalb der letzten zehn Jahre;
  • Vorliegen eines Berufshaftpflichtschutzes.

§ 3a StBerG erfasst nicht grenzüberschreitende Dienstleistungen ohne physischen Grenzübertritt der Personen, die für eine Steuerberatungsgesellschaft handeln. Verfügt die ausländische Steuerberatungsgesellschaft dagegen über eine Niederlassung im Inland, so gelten für sie die nationalen Vorschriften (= Anwendungsbereich der unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit). Zur Begründung einer Niederlassung reicht es aus, wenn sich die Gesellschaft in stabiler und kontinuierlicher Weise von einem im Inland belegenen Berufsdomizil aus an inländische Steuerpflichtige wendet.

 

 

Praxishinweise:

  • Der BFH stellt klar, dass § 3a StBerG nur Tätigkeiten im Inland einschränkt. Daraus folgt: Ein österreichischer Bilanzbuchhalter etwa kann im Umfang des österreichischen Rechts in Deutschland dauerhaft tätig sein, solange er seine Tätigkeiten ausschließlich von Österreich aus erbringt. Im Zuge der Digitalisierung der Rechnungslegung und in Zeiten von Internet, E-Mail und Tele-Konferenzen wird dies zunehmend einfacher. Da die meisten europäischen Staaten keine dem § 3a bzw. § 6 Nr. 4 StBerG vergleichbare Beschränkung vorsehen, werden deutsche selbstständige Bilanzbuchhalter hier im europäischen Wettbewerb weiter benachteiligt; denn sie dürfen im Ausland nur in dem in Deutschland zulässigen Rahmen tätig werden.
  • Vor Ergehen seines Urteils hat der BFH im Jahr 2014 den vorliegenden Streitfall dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Nach Auffassung des EuGH darf eine in einem anderen EU-Mitgliedstaat niedergelassene Steuerberatungsgesellschaft, die über eine in diesem Mitgliedstaat erworbene entsprechende Qualifikation verfügt, für Mandanten in Deutschland tätig werden.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Vice President Audit, Operations & Reporting, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 1/2017

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