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Elektronische Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldung: geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen

BC-Redaktion

FG Sachsen, Urteil vom 23.7.2014, 2 K 580/14; Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. BFH: II B 100/14

 

Bei der Erfassung der umsatzsteuerrechtlich relevanten Belege in einem Buchführungsprogramm zum Zwecke der elektronischen Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Auftraggeber an das Finanzamt handelt es sich um eine über die Ausnahmevorschriften des § 6 Nrn. 3 und 4 StBerG hinausgehende Hilfeleistung in steuerlichen Angelegenheiten.

 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Eine Diplom-Kauffrau (FH) mit der Ausbildung zur Bürokauffrau und zur Steuerfachgehilfin (heutige Bezeichnung „Steuerfachangestellte“) betreibt ein selbstständiges Buchführungsbüro. Dabei bietet sie auch Leistungen nach § 6 Nrn. 3 und 4 StBerG an, und zwar die laufende Finanzbuchhaltung (Buchen laufender Geschäftsvorfälle) mit digitaler Archivierung sowie die laufende Lohnbuchhaltung. Zur Bearbeitung bedient sie sich des Programms DATAC.

In Verbindung damit übermittelte sie die monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für den Mandanten auf elektronischem Weg an das Finanzamt. Das Finanzamt erkannte die selbstständige Buchhalterin nicht als Bevollmächtigte des Mandanten (gemäß § 80 Abs. 5 AO) an. Die Übermittlung der Daten sei als unbefugte Hilfeleistung in Steuerangelegenheiten zu werten. Für die Einordnung der Geschäftsvorfälle sei eine Überprüfung anhand der Regelung des Umsatzsteuergesetzes erforderlich, auch wenn das verwendete Buchführungsprogramm die Entscheidungen weitgehend vorwegnimmt.

Die selbstständige Buchhalterin weist hingegen darauf hin, die Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen sei vom Mandanten genehmigt worden. Zunächst würden die Daten dem Auftraggeber zur Verfügung gestellt, dieser prüfe die Daten und genehmige deren Übersendung durch Gegenzeichnung. Es erfolge eine Datenlieferung im Auftrag des steuerpflichtigen Unternehmenskunden.

 

 

Lösung

Das Finanzgericht schließt sich der Auffassung des Finanzamts an. Bevollmächtigte und Beistände sind (nach § 80 Abs. 5 AO) zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein.

 

 

Was ist (derzeit) erlaubt?

Die Befugnisse selbstständiger Bilanzbuchhalter/innen in Deutschland – wie auch der Steuerfachwirte oder Buchhalter mit mindestens dreijähriger hauptberuflicher Buchhaltungstätigkeit – ergeben sich insbesondere aus § 6 Nr. 4 StBerG. Nach geltender Rechtslage sind selbstständige Bilanzbuchhalter/innen lediglich berechtigt zum

  • Buchen laufender Geschäftsvorfälle einschließlich Kontieren (die zugrunde liegenden Belege mit einem Buchungssatz versehen),
  • Erstellen laufender Lohnabrechnungen sowie
  • Fertigen von Lohnsteuer-Anmeldungen.

Darüber hinaus dürfen sie (gemäß § 6 Nr. 3 StBerG) mechanische Arbeitsgänge bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen durchführen (z.B. Schreib- und Rechenarbeiten, Datenerfassung nach Belegen wie das Abtippen von eingereichten Stammdatenblättern in die EDV).

Die – mechanische – Übermittlung zuvor von der selbstständigen Buchhalterin erfasster Daten (das Kontieren von Belegen und die Erteilung von Buchungsanweisungen) fällt (so das FG Sachsen) nicht unter § 6 Nr. 4 StBerG.

Nicht befugt sind selbstständige (Bilanz-)Buchhalter/innen nach wie vor u.a. zum Erstellen/zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen, zum Einrichten der Buchführung oder zur Jahresabschlusserstellung.

 

 

Umsatzsteuer-Voranmeldung eine Steuererklärung?

Die Umsatzsteuer-Voranmeldung stellt eine Steuererklärung im Sinne des § 150 Abs. 1 Satz 3 AO dar, da die Steuer für die Vorauszahlung selbst zu berechnen ist (Steueranmeldung). Trotz Unterstützung durch das Buchhaltungsprogramm bei der Erfassung der umsatzsteuerrechtlich relevanten Belege bedarf es seitens des Buchenden der Entscheidung, ob es sich um steuerpflichtige Umsätze handelt oder nicht bzw. ob ein Vorsteuererstattungsanspruch besteht und in beiden Fällen, in welcher Höhe (7% oder 19%). Nur wenn hier die Daten richtig eingegeben werden, ist eine elektronische Übermittlung einer zutreffenden Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Auftraggeber möglich. Insofern ist mit jedem Buchungsvorgang auch eine steuerrechtlich relevante planerische Auslegungsentscheidung verbunden. Darin aber liegt (so das Finanzgericht Sachsen) eine steuergestaltende Tätigkeit im Sinne des § 5 StBerG, die u.a. Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten vorbehalten ist; denn der Umfang des verbuchten Betrages hat liquiditätsbeeinflussende Wirkung beim Steuerpflichtigen.

 

 

Bitte beachten!

Bereits bei der Kontierung von Ausgaben für Installations- und Wartungsmaßnahmen beispielsweise müssen wertende Entscheidungen getroffen werden, ob der Geschäftsvorfall als Erhaltungsaufwand (sofort abzugsfähige Betriebsausgabe) oder als aktivierungspflichtige Herstellungskosten zu erfassen ist (vgl. ausführlich Frye, BC 2004, 1 ff., Heft 1).

Vergleichbares gilt bei der umsatzsteuerlichen Bewertung von Geschäftsvorfällen, die im Rahmen der zulässigen Kontierung und Erfassung von Belegen (gemäß § 6 Nr. 4 StBerG) erfolgt. Beispiele:

  • Verbuchen von Nebenleistungen (z.B. berechnete Fracht-, Fahrt- und Verpackungskosten) auf Konten, die nicht zu einer Erhöhung der zu besteuernden Umsätze führen.
  • Zuordnung einer Lieferung oder eines Erwerbs bei einem innergemeinschaftlichen Reihengeschäft zu der bewegten Lieferung (vgl. Abschn. 3.14 UStAE): Denn die unbewegten Lieferungen sind entweder steuerbar oder steuerpflichtig, wenn sie im Inland ausgeführt wurden, oder nicht steuerbar, wenn der Ort der unbewegten Lieferung im Ausland gelegen ist.

Diese Aufgaben können in der Regel nicht erst im Rahmen der Erstellung der Umsatzsteuer-Voranmeldung nachgeholt werden. Die Feststellung des Finanzgerichts Sachsen ist insoweit zutreffend, als ein selbstständiger Buchhalter, der laufende Geschäftsvorfälle bucht, in irgendeiner Weise zumindest indirekt an der Erstellung einer Umsatzsteuer-Voranmeldung im Vorfeld mitwirkt.

 

 

Genehmigung durch den Auftraggeber?

Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn der Auftraggeber die zu übermittelnden Daten genehmigt hätte (so das Finanzgericht Sachsen). Grund: Auch wenn der Mandant die Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldung genehmigen sollte, liege dennoch eine unbefugte Hilfeleistung in Steuersachen vor. Denn die selbstständige Buchhalterin habe durch die Kontierung der Belege hinsichtlich der jeweiligen umsatzsteuerlichen Tatbestände (vorherige Erfassung) dazu Hilfe geleistet.

Schlussfolgerung: Eine durch den Auftraggeber erteilte Vollmacht, wonach der selbstständige (Bilanz-)Buchhalter im Auftrag des Mandanten die Umsatzsteuer-Voranmeldung an das Finanzamt elektronisch übermitteln könne, ist (nach Auffassung des Finanzgerichts Sachsen) unzulässig. Die Übermittlung muss der Mandant selbst oder dessen Steuerberater vornehmen.

 

 

Übermittlung ≙ Erstellung einer Umsatzsteuer-Voranmeldung?

Dem nicht immer eindeutigen Wortlaut des Finanzgerichts Sachsen folgend, wäre diese Frage zu bejahen, da die selbstständige Buchhalterin der Umsatzsteuer-Voranmeldung vorangehende Eingaben vorbereitet hat.

Mit Verweis auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Brandenburg (vom 3.2.2009, 6 U 46/08) macht jedoch der BVBC-Arbeitskreis Selbstständige auf eine andere Sichtweise aufmerksam http://www.bvbc.de/arbeitskreise/selbststaendige/aktuelle-informationen.html: Wer als selbstständiger (Bilanz-)Buchhalter in seinem Leistungskatalog die Übermittlung einer Umsatzsteuer-Voranmeldung offeriert, bietet damit nicht zwangsläufig zugleich an, auch die Umsatzsteuer-Voranmeldung zu erstellen. „Die bloße Übertragung der Umsatzsteuer-Voranmeldung im Elster-Verfahren stelle keine Tätigkeit dar, die den steuerberatenden Berufen vorbehalten ist.“

 

 

Abschließende Hinweise:

  • Das Finanzgericht Sachsen übt sich – wie viele andere vor ihm – in einer „konstruierten“ Trennung der laufenden Buchführung von der Umsatzsteuer-Voranmeldung. Dies ist im Zeitalter der elektronischen Datenübermittlung an die Finanzverwaltung kaum mehr praktikabel (vgl. hierzu bereits von Schubert, BC 2004, 227, Heft 10, sowie Kreten-Lenz/Hügle-Ginster, BC 2004, 242, Heft 10). „Wer A sagt, muss auch B sagen [können]“! Sprich: Wer im Rahmen der Buchung laufender Geschäftsvorfälle umsatzsteuerliche Sachverhalte kontiert und verbucht, sollte auch die letztlich daraus resultierende Umsatzsteuer-Voranmeldung erstellen und an das Finanzamt übermitteln können. Trotzdem: Die Übernahme einer laufenden Buchhaltung „aus einer Hand“ bleibt bis auf Weiteres den selbstständigen Bilanzbuchhaltern verwehrt.
  • Das Urteil des Finanzgerichts Sachsen ist nicht rechtskräftig; hierzu ist eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden. Es bleibt abzuwarten, ob sich der BFH der Auffassung des Finanzgerichts Sachsen oder der des genannten Oberlandesgerichts Brandenburg anschließen wird.
  • Noch ein Warnhinweis: Ein nicht unerheblicher Teil der von den Steuerberaterkammern verfolgten Abmahnverfahren gegenüber selbstständigen Bilanzbuchhaltern betrifft das Fertigen von Umsatzsteuer-Voranmeldungen, das nach wie vor unter das Verbot der unerlaubten Hilfeleistung in Steuersachen fällt (§ 5 Abs. 1 StBerG).

 

 

[Anm. d. Red.]       

 

 

BC 5/2015

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