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Vererbung eines vom Arbeitnehmer nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubs

Christian Thurow

EuGH-Urteile vom 6.11.2018, C-569/16 und C-570/16

 

Leider kommt es immer wieder vor, dass Mitarbeiter aufgrund von Krankheit oder Unfall sterben. Neben der Betroffenheit standen Unternehmen vor der Problematik, wie mit Ansprüchen aus bis zum Todeszeitpunkt noch nicht genommenem Jahresurlaub zu verfahren ist. Hier hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) nun Klarheit geschaffen.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Angestellte haben in der Regel eine festgelegte Anzahl von bezahlten Urlaubstagen pro Jahr. Dieser Anspruch entsteht pro rata (anteilsmäßig), also z.B. 2,5 Tage pro Kalendermonat bei einem Jahresurlaub von 30 Tagen. Ende Juni hat ein Arbeitnehmer somit einen Anspruch auf 15 Tage bezahlten Urlaub erarbeitet. Umstritten ist, wie mit diesem Anspruch zu verfahren ist, wenn nun der Arbeitnehmer z.B. am 1. Juli eines Jahres stirbt.

Laut einem EuGH-Urteil aus dem Jahr 2014 (C-118/13) besteht der erarbeitete Anspruch auch über den Tod hinaus. Da er jedoch in Deutschland nicht Teil der Erbmasse ist, lief dieser Anspruch bislang ins Leere. Im Rahmen zweier Klagen hatte das Bundesarbeitsgericht daher den EuGH um eine Vorabentscheidung angerufen.

 

 

Lösung

In seinen Urteilen bestätigt der EuGH, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nach dem Unionsrecht nicht mit seinem Tod untergeht. Zwar kann der Tote die mit dem Urlaub verbundenen Entspannungs- und Erholungszeiten nicht mehr wahrnehmen, doch ist dies nur ein Aspekt des Jahresurlaubs.

Neben diesem zeitlichen Gesichtspunkt gibt es aber auch die monetäre Komponente des bezahlten Urlaubs. Hierdurch entsteht ein Anspruch auf finanzielle Vergütung, wenn der Jahresurlaub nicht wahrgenommen werden kann. Diese finanzielle Komponente ist rein vermögensrechtlicher Natur und dazu bestimmt, in das Vermögen des Arbeitnehmers überzugehen. Der hieraus entstandene Anspruch auf Vergütung bleibt über den Tod hinaus bestehen. Folglich können die Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers eine finanzielle Vergütung für den von ihm nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub verlangen. Sollte das nationale Erbrecht diese Möglichkeit ausschließen, so können die Erben sich auf das Unionsrecht berufen.

 

Praxishinweise:

  • Aufgrund des Urteils müssen Unternehmen nun beim Tod eines Mitarbeiters ermitteln, ob der Verstorbene einen finanziellen Anspruch aus noch nicht genommenem Jahresurlaub hat. Hierfür ist eine Rückstellung zu bilden.
  • Wie der EuGH entschieden hat, geht dieser finanzielle Anspruch auf die Erben über. Vor Auszahlung an die Erben müssen Unternehmen allerdings klären, wer der (bzw. die) berechtigte(n) Erbe(n) ist (sind). Hierzu sollte die Vorlage eines Erbscheins verlangt werden. Gerade bei strittigen Erbschaftsverhältnissen kann bis zur Klärung des berechtigten Empfängers einige Zeit vergehen.
  • Fraglich ist, wie Unternehmen zu verfahren haben, wenn sich kein Erbe meldet. Ein Erbe verjährt erst nach 30 Jahren, so dass Unternehmen unter Umständen die Rückstellung Jahrzehnte in den Büchern haben werden.

 

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: Thurow@virginmedia.com)

 

 

BC 12/2018

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