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Zuwendung eines Anspruchs auf bereits aufgelaufene Zinsen an Tochtergesellschaft: verdeckte Einlage

BC-Redaktion

BFH Urt. v. 15.3.2023 – I R 24/20

Werden durch Wertpapierdarlehen zwischen einer Mutter- und ihrer Tochtergesellschaft Ansprüche auf bereits aufgelaufene Zinsen aus den überlassenen verzinslichen Wertpapieren unter Verzicht auf die Vereinbarung von Kompensationszahlungen auf die Tochtergesellschaft übertragen, liegt darin eine verdeckte Einlage.


 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Die Konzernmutter des A-Konzerns war zu 100% an der AB-GmbH beteiligt. Zwischen beiden Gesellschaften bestand kein Organschaftsverhältnis. Die Geschäftstätigkeit der GmbH wurde zum 31.12.2009 eingestellt. Sie verfügte über erhebliche Verlustvorträge.

Um im Vorfeld die Verluste der AB-GmbH steuerlich „nutzbar“ zu machen, schloss der A-Konzern zunächst mit der G-Bank (am 21.12.2006) Wertpapierpensionsgeschäfte und sodann über dieselben Wertpapiere mit der AB-GmbH Wertpapierdarlehensgeschäfte ab. Die während der Laufzeit der Pensionsgeschäfte auf die Pensionspapiere geleisteten Zinsen, Gewinnanteile, Kapitalrückzahlungen sowie sonstigen Ausschüttungen standen nach den getroffenen Vereinbarungen der G-Bank zu. Infolge dieser Geschäfte leistete der A-Konzern im Streitjahr Kompensationszahlungen sowie Pensionszahlungen an die G-Bank und erfasste die Zahlungen aufwandswirksam.

Am 1.7.2009 schloss der A-Konzern mit der AB-GmbH (als Darlehensnehmerin) einen „Rahmenvertrag für Wertpapierdarlehen“ ab. In diesem Vertrag war vorgesehen, dass die während der Laufzeit der Darlehen auf die Darlehenspapiere geleisteten Zinsen der Darlehensgeberin (A-Konzern) zustehen sollten; die Darlehensnehmerin (AB-GmbH) sollte entsprechende Kompensationszahlungen an die Darlehensgeberin (A-Konzern) leisten.

Die Vertragsbedingungen wichen von den Regelungen des Rahmenvertrags insbesondere darin ab, dass die während der Laufzeit des Darlehens auf die Darlehenspapiere geleisteten Zinsen der AB-GmbH als Darlehensnehmerin zustehen sollten und diese mithin keinerlei Kompensation an den A-Konzern zu leisten hatte. In die Laufzeit der einzelnen Darlehensverträge fielen jeweils die Zinsstichtage. Buchhalterisch erfasste die AB-GmbH die auf die Laufzeit der Wertpapierdarlehen entfallenden Erträge als „laufender Zinsertrag“ und die auf die übrige Zeit entfallenden Zinsen als „außerordentlicher Ertrag Entry“.

In der Körperschaftsteuerklärung der AB-GmbH wurden die von den Emittenten der jeweiligen Wertpapiere bezogenen Zinsen als Betriebseinnahmen erfasst und unmittelbar sowie vollständig mit den festgestellten Verlustvorträgen verrechnet. Darüber hinaus wurden die Zinseinnahmen im Rahmen der Regelung zur Mindestbesteuerung zu 60% mit Verlustvorträgen entsprechend den Vorgaben des § 10d Abs. 2 S. 1 EStG verrechnet, was zu einem Abbau der seinerzeit bestehenden Verlustvorträge auf der Ebene der AB-GmbH führte.

Nach Auffassung des Finanzamts hat der A-Konzern aufgrund der unentgeltlichen Wertpapierdarlehensgeschäfte mit der AB-GmbH dieser einlagefähige Vermögensgegenstände aufgrund gesellschaftsrechtlicher Veranlassung zugewendet. Es lägen daher steuerlich verdeckte Einlagen vor. Folge:

  • Erhöhung der Anschaffungskosten der Beteiligung von verbundenen Unternehmen (hier: der AB-GmbH) und Erhöhung des zu versteuernden Einkommens beim A-Konzern.
  • Die AB-GmbH habe demgegenüber Stückzinsen erworben, die als ein einlagefähiges Wirtschaftsgut zu qualifizieren seien.

 

 

Lösung

Das Einkommen des A-Konzerns wurde zutreffend vom Finanzamt erhöht. Begründung: Der A-Konzern hat einen Anspruch auf bereits aufgelaufene Zinsen aus festverzinslichen Wertpapieren unter Verzicht auf eine Gegenleistung in Form von Kompensationszahlungen verdeckt in die AB-GmbH eingelegt.

Im Ergebnis erhöhen sich die beim A-Konzern zu erfassenden Anschaffungskosten der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft (hier: der AB-GmbH) im Fall der Übertragung eines Wirtschaftsguts im Wege der verdeckten Einlage in die Beteiligungsgesellschaft (siehe insoweit § 8 Abs. 3 S. 3 KStG) um den Teilwert des eingelegten Wirtschaftsguts. Ein Abzug der entsprechenden Zuwendung als Betriebsausgabe beim zuwendenden Gesellschafter (hier: des A-Konzerns) scheidet danach aus. Unter einer verdeckten Einlage ist dabei die Zuwendung eines bilanzierbaren Vermögensvorteils aus durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Gründen ohne Entgelt in Gestalt von Gesellschaftsrechten zu verstehen.

Da die AB-GmbH nicht zu Gegenleistungen verpflichtet war, wendete der A-Konzern ihr den angesprochenen Vermögensvorteil in Form bereits aufgelaufener Zinsansprüche ohne wertadäquate Gegenleistung zu. Der Verzicht des A-Konzerns auf die Vereinbarung von Gegenleistungen in Form von Kompensationszahlungen war durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Denn der AB-GmbH sollte auf diese Weise ermöglicht werden, ihre Verlustvorträge steuerlich zu nutzen. Schließlich ist bei Wertpapierpensionsgeschäften unter fremden Dritten die Vereinbarung von Kompensationszahlungen üblich. Entsprechendes gilt für ein Wertpapierdarlehen (siehe auch den Rahmenvertrag hierzu).

Die verdeckte Einlage hat beim A-Konzern dementsprechend eine Einkommensminderung ausgelöst. Denn die an die G-Bank geleisteten Kompensationszahlungen sind aufwandswirksam verbucht worden. Auf der anderen Seite fielen keine entsprechenden Erträge an, da der A-Konzern gegenüber der AB-GmbH auf die Vereinbarung eigener Kompensationszahlungen für die Übertragung des Zinsanspruchs verzichtet hatte.

Die Bewertung der verdeckten Einlage erfolgt mit dem Teilwert (§ 8 Abs. 1 S. 1 KStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG).

[Anm. d. Red.] 

 

 

BC 7/2023

BC2023709

 

 

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