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Fehlerhafte Jahresabschlüsse führen grundsätzlich zur Unentgeltlichkeit der Gewinnausschüttungen

BC-Redaktion

BGH-Urteil vom 22.7.2021, IX ZR 81/20 (KG)

 

Vertraglich vereinbarte, von Jahresüberschüssen abhängige Gewinnausschüttungen sind unentgeltlich, wenn die Jahresabschlüsse fehlerhaft sind, fehlerfrei erstellte Jahresabschlüsse keine Gewinne ausgewiesen hätten und der Schuldner aufgrund einer Parallelwertung in der Laiensphäre darum wusste.


 

Praxis-Info!

Problemstellung

Ein Genussrechtsinhaber zeichnete bei einer Aktiengesellschaft (AG) Genussrechte. Unter bestimmten Voraussetzungen und abhängig von den Jahresüberschüssen sollte jährlich eine Basisdividende und eine Übergewinnbeteiligung ausgeschüttet werden.

Die von der AG jeweils zum 31.3.2010, 2011, 2012 und 2013 erstellten und von einem Wirtschaftsprüfer geprüften Jahresabschlüsse wiesen Jahresüberschüsse aus. Dementsprechend erhielt der Genussrechtsinhaber von der AG in den betreffenden Jahren eine Basisdividende mit variierender Übergewinnbeteiligung.

Am 1.4.2014 wurde über das Vermögen der AG das Insolvenzverfahren eröffnet. Hierauf verlangte der Insolvenzverwalter vom Genussrechtsinhaber eine Rückzahlung der Ausschüttungen. Begründung: Die vertraglichen Voraussetzungen der Ausschüttung von Dividende und Übergewinnbeteiligung hätten in den maßgeblichen Jahren nicht vorgelegen.

 

 

Lösung

Die zugunsten des Genussrechtsinhabers geleisteten Überweisungen – innerhalb von vier Jahren vor Insolvenzeröffnung – stellen Leistungen der AG dar. Die Zahlungen führten zu einer Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO).

Die Genussrechtsbedingungen stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen dar. Die materiellen Voraussetzungen der Ausschüttungen bestimmen sich allerdings nach der objektiven (wahren) Ertragslage der AG, nicht nach den endgültig festgestellten Jahresabschlüssen und ihrer Wirksamkeit nach dem Aktiengesetz.

Ein Schuldner (die AG) hat Kenntnis vom fehlenden Rechtsgrund (keine Verpflichtung zur Leistung von Ausschüttungen), wenn er weiß, dass er keine Gewinne, sondern im Gegenteil Verluste erwirtschaftet und ein betrügerisches Schneeballsystem betreibt. Der Schuldner (die AG) ist sich also bewusst, dass er an die Genussrechtsinhaber lediglich Scheingewinne und Scheindividenden aus den Einzahlungen von ihm getäuschter Geldgeber auszahlt.

Somit weiß er, dass die vereinbarten Voraussetzungen für die Ausschüttung von Gewinnbeteiligung und Dividende nicht vorliegen und die Genussrechtsinhaber keine Ansprüche auf die Ausschüttungen gegen ihn haben. Dagegen spricht nicht, dass die festgestellten Jahresabschlüsse fälschlich Gewinne und keine Jahresfehlbeträge ausweisen und von einem Wirtschaftsprüfer bestätigt worden sind.

Entscheidend ist demnach, ob im Streitfall die Ausschüttungen an den Genussrechtsinhaber ohne Rechtsgrund erfolgt sind, weil die Jahresabschlüsse fehlerhaft waren und die AG keine Gewinne, sondern Verluste erwirtschaftet hat. In diesem Fall liegen die Bedingungen für die Auszahlungen der Basisdividenden und der Überschussbeteiligungen nicht vor, wenn die AG davon positiv im Zeitpunkt der Leistung wusste. Es besteht dann ein Rückgewähranspruch für die geleisteten Ausschüttungen.

 

[Anm. d. Red.] 

 

 

BC 11/2021

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