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Berechnung des Urlaubsentgelts – variable erfolgsabhängige Vergütung

Alexandra Dunkel

BAG-Urteil vom 27.7.2021, 9 AZR 376/20

 

Das Recht auf bezahlten Urlaub wurde über viele Jahre hinweg von den Arbeitnehmern erkämpft. So erklärte der britische Trade Union Congress im Jahr 1911 das Recht auf bezahlten Urlaub zu einem seiner Hauptziele. Auch 110 Jahre später ringen Arbeitnehmer/innen noch um die ihnen zustehenden Ansprüche, wie ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zeigt.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Der Kläger war als Vertriebsbeauftragter tätig. Seine Vergütung bestand zu 60% aus einem Festgehalt und zu 40% aus einer variablen Vergütung auf Basis von Provisionen für die erzielten Umsätze. Der Arbeitnehmer vertrat die Auffassung, dass der in den 13 Wochen vor Urlaubsantritt (vgl. §§ 11 Abs. 1 S. 1 BurlG) verdiente variable Gehaltsbestandteil bei der Berechnung des Urlaubsentgelts zwingend zu berücksichtigen sei.

Der Arbeitgeber war dagegen der Meinung, dass bei der Bemessung des Urlaubsentgelts der in den jeweiligen Referenzzeiträumen erzielte variable Gehaltsbestandteil nicht zu berücksichtigen sei. Der Urlaub sei bei der Festlegung des Jahreszielgehalts bereits berücksichtigt worden und somit in dem mit der Zielvorgabe festgelegten Zeitraum abgegolten.

 

 

Lösung

Aufgrund verfahrensrechtlicher Aspekte kann das BAG im Ausgangsfall nicht abschließend urteilen. Das BAG weist jedoch auf folgende Punkte hin:

  • Bei der Bemessung des Urlaubsentgelts ist der variable erfolgsabhängige Gehaltsbestandteil nach §§ 1, 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG als Teil des gewöhnlichen Arbeitsentgelts zu berücksichtigen.
  • Die Höhe des Urlaubsentgelts richtet sich nach dem sog. Geldfaktor, welcher auf Basis des durchschnittlichen Arbeitsverdiensts, den der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, zu berechnen ist.
  • Erfolgsabhängige Vergütungsbestandteile stellen – unabhängig vom vereinbarten Abrechnungsmodus – einen Teil des gewöhnlichen Arbeitsverdiensts dar. Dazu müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
    – Die Vergütung muss vom Arbeitgeber für bestimmte Zeitabschnitte als Gegenleistung zu zahlen sein.
    – Ihre Höhe ist zumindest auch von der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung abhängig.
    – Ihre Höhe kann durch die Freistellung des Arbeitnehmers von der Pflicht zur Arbeitsleistung während des Urlaubs beeinflusst werden.
  • Der Einwand des Arbeitgebers, dass bei der Festlegung der Zielvorgaben die Urlaubszeiten bereits berücksichtigt seien, rechtfertigt es nicht, den individuellen variablen Gehaltsbestandteil außer Betracht zu lassen.

Wie zu sehen, sind aus Sicht des BAG auch variable Gehaltsbestandteile in die Berechnung des Urlaubsentgelts mit einzubeziehen, soweit sie die genannten Voraussetzungen erfüllen.

 

Praxishinweis:

Die vom BAG ausgelegte Rechtslage schafft ein interessantes Problem für das Rechnungswesen. Wie dargelegt, sind unter gewissen Voraussetzungen variable Bestandteile auf Basis eines 13-Wochen-Zeitraums bei der Ermittlung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen. Sie müssen daher auch bei der Bildung der Urlaubsrückstellung Beachtung finden. Da es sich, wie der Name verdeutlicht, um einen „variablen“ Bestandteil handelt, wird hierbei eine Schätzung nötig sein, die die individuellen und kollektiven arbeitsvertraglichen Regelungen berücksichtigt.

 

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

BC 1/2022 

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