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Berater setzen auf Fortsetzung des Geschäftsaufschwungs

Dr. Hans-Jürgen Hillmer

 

Die im Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) vertretenen Consultants blicken nach dem ersten Pandemieschock 2020 und einem wieder deutlich besser verlaufenen Jahr 2021 auch für 2022 mit Zuversicht auf die zu erwartende Geschäftsentwicklung – trotz unberechenbarer Kriegseinflüsse. Anlass geben dazu insbesondere einige Top-Trends, die sich in 2022 auch unabhängig vom Kriegsgeschehen fortsetzen dürften.


 

 

Praxis-Info!

 

Hintergrund

BDU-Präsident Strehlau berichtete in einem Jahres-Rückblick und -Ausblick am 16.3.2022 zunächst, dass die Consultingbranche in 2021 nach dem ersten Pandemieschock 2020 wieder gut im Jahr 2021 durchgestartet sei. Der vom Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) gemessene Gesamtumsatz ist in 2021 um 10,3% auf 38,1 Mrd. € gestiegen; damit konnte die bereits optimistische Prognose vom Jahresanfang (+9,0%) sogar noch übertroffen werden. Dies belegen die Ergebnisse der taggleich veröffentlichten Branchenstudie Facts & Figures zum Beratungsmarkt 2022. Kleinere Consultingunternehmen unter 1 Mio. € Jahresumsatz steigerten ihren Umsatz um durchschnittlich 7,1%, mittelgroße um 14,9% und größere über 50 Mio. € Jahresumsatz um 10,3%. Mit einem Umsatzvolumen von rund 16,7 Mrd. € und einem Marktanteil von knapp 44% verzeichneten die Organisations- und Prozessberatung im Jahr 2021 mit einem Umsatzplus von 11% neben der HR-Beratung (+11,5%) die höchsten Wachstumsraten im Markt. Hier waren es insbesondere Projekte im Bereich Vertrieb (+15,0%) sowie Beschaffung und Supply-Chain-Management (+13,5%) bzw. im Bereich HR-Themen (wie Management Diagnostik / Führungskräfteentwicklung, +14,0%) und Employer Branding (+12,5%), die zu dieser Entwicklung maßgeblich beigetragen haben. Der Verband zeigte sich trotz der Kriegsbeeinträchtigungen optimistisch, dass sich die positive Entwicklung in 2022 fortsetzen wird.

 

 

Aussichten für 2022

Nach dem plötzlichen Kriegsausbruch am 24.2.2022 sind die Auswirkungen noch nicht abschätzbar, aber erwartet werden kann (nach der Einschätzung von Strehlau) wohl ein höheres Wachstum bei der Sanierungsberatung,wenigerhingegen beim Thema „Nachhaltiges Wirtschaften“. Zu Beginn der Corona-Pandemie habe man in 2020 mit mehr Negativeinflüssen auf das Beratungsgeschäft gerechnet als aktuell nach dem Kriegsausbruch. In 2020 war die Sanierungsberatung eher wenig gefragt – wegen der zahlreichen staatlichen Hilfsprogramme. Sollte es aber wiederum spezifische Insolvenzantragspflichtaussetzungen geben, sähe das Bild anders aus. Die Wachstumsprognose für das Jahr 2022 bleibt nach den Ergebnissen einer Blitzumfrage, die der BDU nach Kriegsausbruch durchgeführt hat, mit einem Plus von 10,5% weiter auf hohem Niveau.

Branchenspezifisch gesehen wird aus der Chemie-/Pharma-Branche und der Gesundheitswirtschaft die größte Beratungsnachfrage erwartet. Mit einem erwarteten Umsatzplus von 13,5% zählt die Chemie- und Pharmabranche für die Marktteilnehmer im laufenden Jahr zu den wichtigsten Wachstumstreibern im Consulting. Im vergangenen Jahr gehörte diese Branche noch zu den drei wachstumsschwächsten Nachfragebranchen. Weiterhin rechnen die Consultants mit besonders starken Impulsen für ihr Beratungsgeschäft aus dem Gesundheitswesen, dem Öffentlichen Sektor sowie der größten Kundenbranche, dem Versicherungsgewerbe (jeweils +11,5%).

 

 

Treiber der Geschäftsentwicklung

Insgesamt erwartet man im BDU, dass Unsicherheit und Anpassungsdruck durch die Corona-Pandemie, den Krieg in der Ukraine sowie „Nachhaltiges Wirtschaften“ absehbar enorm hoch bleiben. Mit den einhergehenden Veränderungen sei oft ein höherer Beratungsbedarf verbunden. Durch die ganzheitlichen Anforderungen an Wirtschaft und Industrie zur Nachhaltigkeit entwickelt sich damit ein weiterer Wachstumstreiber für die Consulting-Nachfrage analog der Digitalisierung. Aber auch die Digitalisierungsthemen bleiben auf der Agenda der Kunden infolge von technologischen Weiterentwicklungen und Innovationen in den nächsten Jahren weit oben.

Im Einzelnen gab Anlass zu den positiven Erwartungen eine Reihe von TOP-Trendthesen, die anlässlich der Pressekonferenz am 16.3.2022 vorgestellt wurden und hier in der Tabelle aufgeführt sind. Bei den Zustimmungsquoten (= sehr starke Zustimmung) sind jeweils der Gesamtwert über alle Befragten und die Einzelwerte für große, mittlere und kleine Beratungen genannt. Die Klammerwerte bezeichnen eine nur geringe Zustimmung. Die Inhalte der nachfolgenden Tabelle sind mit redaktionellem Neuaufbau seitens des Verfassers der BDU-Präsentation vom 16.3.2022 entnommen worden.

 

 

 

Tabelle: Top-Trendthesen gemäß BDU-Marktstudie

These 

Trendinhalte 

Zustimmungsquoten 

(1) Virtuelles Consulting macht einen enormen Entwicklungsschritt.

1.1 Hybrides Consulting hat sich durch die positiven Erfahrungen der beiden vergangenen Jahre bei den Kunden etabliert, und die Intensität der virtuellen Zusammenarbeit wird noch weiter zunehmen.

1.2 Durch virtuell gestaltete Beratungsprozesse und die größere Ortsunabhängigkeit der Beratenden können Beratungsteams flexibler zusammengestellt und situativ angepasst werden. 

Gesamt: 67% (4%)
Groß: 77% (0%)
Mittel: 62% (6%)
Klein: 75% (6%) 

 

Gesamt: 63% (3%)
Groß: 70% (7%)
Mittel: 61% (2%)
Klein: 64% (0%)

 

(2) Der Mix aus Digitalisierungsskills, Industriewissen und Kommunikationsfähigkeiten ist heiß begehrt.

 

2.1 Das Profil eines erfolgreichen Consultants wird ein Mix aus Digitalisierungsskills, Industriewissen sowie sozialen und kommunikativen Kompetenzen sein.

2.2 Der Mangel an qualifizierten Consultants entwickelt sich immer mehr zum limitierenden Faktor bei der Geschäftsentwicklung.

Gesamt: 80% (4%)
Groß: 87% (3%)
Mittel: 76% (4%)
Klein: 84% (3%) 

Gesamt: 67% (8%)
Groß: 84% (6%)
Mittel: 70% (15%)
Klein: 37% (13%)

 

(3) Mitarbeitende erwarten Haltung und verantwortungsvolles Handeln sowie New-Work-Modelle.

 

3.1 Bewerbende und eigene Mitarbeitende haben eine Erwartungshaltung in Bezug auf Haltung und verantwortungsvolles HandeIn, der Consultingunternehmen gerecht werden müssen.

3.2 Die Unternehmensberatungen benötigen neue Konzepte und Lösungen, um in der virtuellen Beratungswelt die Zugehörigkeit zum eigenen Unternehmen sowie den Teamspirit zu erhalten und zu stärken. 

Gesamt: 71% (2%)
Groß: 72% (3%)
Mittel: 70% (4%)
Klein: 73% (0%)

 
Gesamt: 66% (8%)
Groß: 71% (10%)
Mittel: 65% (15%)
Klein: 65% (3%)

 

(4) Digitale Themen treiben die Consulting-Nachfrage – gerade auch im Public Sector – weiter an.

 

4.1 Die Corona-Pandemie hat im Öffentlichen Sektor Schwachstellen hinsichtlich Digitalisierung oder Organisationsstrukturen offenbart. Dies erhöht die Notwendigkeit für den Einsatz von Unternehmensberatern.

4.2 Technische Fortschritte werden die Digitalisierung auf eine neue Stufe heben und die Nachfrage nach Beratungsleistungen in den kommenden fünf Jahren auf hohem Niveau halten.

 

Gesamt: 63% (4%)
Groß: 74% (4%)
Mittel: 57% (9%)
Klein: 72% (0%)

 

 Gesamt: 62% (2%)
Groß: 81% (0%)
Mittel: 57% (6%)
Klein: 60% (3%)

 

(5) Vermittlungsplattformen haben kaum Bedeutungszuwachs, und die Privatwirtschaft ist durch Beraterkritik im Public Sector wenig irritiert.

 

5.1 Die Bedeutung von digitalen Vermittlungsplattformen von Consultingleistungen wird in den kommenden 23 Jahren deutlich steigen.

5.2 Die immer wiederkehrende Diskussion über Beraterverträge der öffentlichen Hand führt zu Irritationen bei Auftraggebern der Privatwirtschaft.

 

Gesamt: 19% (30%)
Groß: 14% (18%)
Mittel: 17% (40%)
Klein: 36% (20%)

Gesamt: 18% (48%)
Groß: 4% (28%)
Mittel: 19% (47%)
Klein: 29% (33%)

 

(6) Nachhaltigkeitsthemen entwickeln sich zum Treiber für das Beratungsgeschäft, und Kunden erwarten CSR-Engagement (Corporate Social Responsibility – gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen).

 

6.1 Beratungsleistungen zur Nachhaltigkeit, Energieeffizienz u.Ä. werden sich zum ähnlich starken Treiber für die Consultingbranche entwickeln wie zuletzt die Digitalisierung.

6.2 Kundenseitig wird zunehmend ein deutliches Engagement der Consultingunternehmen in Sachen CSR und Nachhaltigkeit erwartet.

 

Gesamt: 50% (10%)
Groß: 48% (6%)
Mittel: 48% (23%)
Klein: 60% (7%)
 

Gesamt: 50% (14%)
Groß: 65% (6%)
Mittel: 48% (22%)
Klein: 45% (17%)

 

(7) Diversity-Engagement bringt zunehmend Vorteile, und bei einer Frauenquote gehen die Marktteilnehmer unterschiedliche Wege.

 

7.1 Beratungsunternehmen, die Diversity & Inclusion „leben“, haben zunehmend Vorteile auf dem Personalmarkt.

7.2 Eine interne Frauenquote hilft Consultingunternehmen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen.

 

Gesamt: 45% (15%)
Groß: 63% (3%)
Mittel: 38% (31%)
Klein: 50% (9%)

Gesamt: 22% (45%)
Groß: 43% (11%)
Mittel: 16% (46%)
Klein: 24% (52%)

 

 

 

Praxishinweise:

  • Die BDU-Marktstudie Facts & Figures zum Beratungsmarkt 2022 ist zum Preis von 89 € (netto) bestellbar unter: https://www.bdu.de/mediathek/publikationen/marktstudien/.
  • Anlässlich des kurz zuvor am 8.3.2022 begangenen Weltfrauentags wies Strehlau auch darauf hin, dass in 2021 der prozentuale Anteil von Frauen in den Consultingfirmen auf allen Hierarchieebenen gestiegen sei; es bestehe aber noch deutlicher Nachholbedarf. Durch die Corona-Pandemie verstärkt, haben flexiblere Arbeitsformen und die Zunahme von Remotearbeit (remote = fern; ortsungebundenes Arbeiten) in den meisten Unternehmen zu einem veränderten Arbeitsumfeld für Mitarbeitende in der Consultingbranche geführt. Im Zuge dieser Veränderungen ist der Anteil weiblicher Mitarbeitender im Jahr 2021 um 4% auf 39% angestiegen. Bei den in Beratungsprojekten tätigen Mitarbeitenden liegt der Frauenanteil bei 29%, auf Leitungsebene bei 15%. Trotz aller Anstrengungen und Initiativen hinkt die Unternehmensberaterbranche allerdings weiter den angestrebten Recruiting-Zielen hinterher.

 

 

Dr. Hans-Jürgen Hillmer, BuS-Netzwerk Betriebswirtschaft und Steuern, Coesfeld

BC 4/2022

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