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Haftung der Organgesellschaft für nach Beendigung der Organschaft entstandene Steuern

Christian Thurow

BFH-Urteil vom 5.4.2022, VII R 18/21

 

In der Politik und im Wirtschaftsleben trifft man immer wieder auf einen Menschentypus, der für alles zuständig, aber für nichts verantwortlich sein will. Steuerlich gesprochen: Man verursacht gerne Steuern, solange man nicht selbst der Steuerschuldner ist. Der BFH scheint von diesem Konzept aber nicht so beindruckt zu sein.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Über das Vermögen einer GmbH – welche als Untergesellschaft in einer Organschaft eingegliedert war – wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters endete die Organschaft zum 27.3.

Das Finanzamt nahm die Organgesellschaft (GmbH) für die Umsatzsteuerzahlungen für den Monat März in Haftung. Zu Unrecht, wie das erstinstanzliche Finanzgericht befand. Die Umsatzsteuer sei erst mit Ablauf des 31.3. und somit nach Beendigung der Organschaft entstanden. Auf den Zeitpunkt der wirtschaftlichen Verursachung der Steuer komme es nicht an.

 

 

Lösung

Der BFH widerspricht der Auffassung des erstinstanzlichen Finanzgerichts. Gemäß § 73 S. 1 AO haftet eine Organgesellschaft für solche Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Das Finanzgericht hat es unterlassen zu klären, welche Umsätze den Organkreis betreffen und welche nicht. Die Haftung für die Umsatzsteuer auf Umsätze, welche den Organkreis betreffen, kann sich gemäß § 73 S. 1 AO auf alle Umsätze bis zur Beendigung der Organschaft – hier bis zum 27.3. – erstrecken. Dass die Steuer aufgrund der Systematik erst nach Ablauf der Organschaft entstanden ist, spielt dabei keine Rolle. Mit dieser Auffassung stellt sich der BFH auch gegen die bisherige herrschende Meinung im Schrifttum.

 

Durch den haftungsrechtlichen Zugriff auf das Vermögen der Organgesellschaft sollen bei Zahlungsunfähigkeit des Organträgers Steuerausfälle vermieden werden, die infolge von Vermögensverlagerungen innerhalb des Organkreises entstehen könnten.

 

Da das Finanzgericht den Sachverhalt für ein abschließendes Urteil nicht genügend aufgeklärt hat – insbesondere in welcher Höhe die GmbH als ehemalige Organgesellschaft nach § 73 S. 1 AO haftet –, wurde die Sache an das Finanzgericht zu weiteren Klärung zurückverwiesen.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 10/2022 

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