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Abgrenzung von Erhaltungsaufwendungen – anschaffungsnahem Herstellungsaufwand

BC-Redaktion

Nach dem BFH-Beschluss vom 8.12.2021, IX B 81/20

 

Sofern Maßnahmen durchgeführt werden, die lediglich der Erhaltung/Instandhaltung des Vermögensgegenstands dienen, sind diese als sofortiger Aufwand (steuerlich: Betriebsausgabe) zu erfassen.

Werden hingegen Aufwendungen getätigt, um einen Vermögensgegenstand entweder zu erweitern oder den Vermögensgegenstand über den ursprünglichen Zustand hinaus zu verbessern, liegen aktivierungspflichtige (nachträgliche) Herstellungskosten vor (§ 255 Abs. 2 S. 1 HGB). Diese Aktivierungspflicht gilt ebenso für die Steuerbilanz (vgl. EStH 6.3 „Herstellungskosten“).


 

 

Praxis-Info!

  • Aufwendungen für die Erneuerung, Instandhaltung oder Modernisierung von bereits vorhandenen Teilen, Einrichtungen und Anlagen stellen regelmäßig Erhaltungsaufwand dar (vgl. EStR 21.1 Abs. 1 S. 1). Bei Gebäuden liegt Erhaltungsaufwand vor, sofern einzelne Modernisierungsmaßnahmen lediglich dazu führen, dass das Gebäude als Ganzes in ordnungsgemäßem Zustand gehalten wird oder das Gebäude in zeitgemäßer Form wiederhergestellt wird. Eine Werterhöhung des Vermögensgegenstands, die aus dieser Maßnahme resultiert, steht der Klassifizierung als Erhaltungsaufwand nicht entgegen.
  • Bei einer Erweiterung liegt eine Substanzmehrung vor. Dies kommt insbesondere bei Gebäuden zum Tragen, sofern sich die nutzbare Fläche vergrößert.
  • Bei wesentlichen Verbesserungen eines bestehenden Vermögensgegenstands ist es wichtig, darauf zu achten, dass es sich um eine Verbesserung über den ursprünglichen Zustand hinaus handelt. Eine Maßnahme, die lediglich die ursprüngliche Funktionsfähigkeit wiederherstellt, stellt Erhaltungsaufwand dar. Zum anderen muss es sich um eine „wesentliche“ Verbesserung handeln. Die Wesentlichkeit ist dabei nach objektiven Maßstäben zu beurteilen, und die Maßnahme muss losgelöst von der subjektiven Einschätzung des Bilanzierenden zu einer Steigerung des Nutzenpotenzials führen.

 

 

Bilanzierung

Sofern die Maßnahme bilanziell zu einer Nachaktivierung führt, ist der Buchwert des Vermögensgegenstands um die nachträglichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zu erhöhen. Der so ermittelte „neue“ (Rest-)Buchwert wird im Rahmen der Folgebewertung bei abnutzbarem Anlagevermögen über die verbleibende Nutzungsdauer abgeschrieben.

Bei Instandhaltungs- bzw. Erhaltungskosten erfolgt eine sofortige aufwandswirksame Erfassung in der Gewinn- und Verlustrechnung. Sowohl im Gesamt- als auch im Umsatzkostenverfahren werden diese Aufwendungen unter dem Posten „Sonstige betriebliche Aufwendungen“ ausgewiesen.

Bei Gebäuden besteht in der Steuerbilanz eine Besonderheit bei sog. anschaffungsnahen Herstellungskosten. Diese stellen eigentlich Instandhaltungs- bzw. Erhaltungskosten dar, zählen jedoch unter den Voraussetzungen von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zwingend zu den Herstellungskosten und werden somit aktiviert. In der Handelsbilanz existiert eine solche Regelung nicht, weshalb die Instandhaltungs- und Erhaltungskosten aufwandswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst werden.

Ob und in welchen Fällen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand und damit keine Herstellungskosten vorliegen, ist in der Rechtsprechung hinreichend geklärt und bedarf keiner weiteren höchstrichterlichen Entscheidung, so der BFH. Danach sind Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung im Sinne von § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu erzielen, dann nicht als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 S. 1 EStG) sofort abziehbar, wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 EStG i.V.m. § 7 Abs. 1, 4 und 5 EStG). Erhaltungsaufwand liegt regelmäßig vor, wenn bereits vorhandene Teile eines vermieteten Gebäudes erneuert werden, ohne dass dies zu einer Erweiterung oder über den ursprünglichen Zustand des Gebäudes hinausgehenden wesentlichen Verbesserung – und damit zur Annahme von Herstellungskosten im Sinne des § 255 Abs. 2 HGB – führt (z.B. Renovierung bzw. Instandsetzung).

 

 

Lärmschutzwand

Ob die Errichtung einer Lärmschutzwand zu Erhaltungsaufwand und nicht zu nachträglichen Herstellungskosten des Gebäudes führt, beruht im Wesentlichen auf der tatsächlichen Würdigung des konkreten Sachverhalts.

Sachanlagen können aus Gründen der Sicherheit oder des Umweltschutzes erworben werden (z.B. Schallschutzwände, Abluftfilter oder Alarmanlagen), ohne dass sie unmittelbar für den Leistungsprozess des Unternehmens erforderlich sind bzw. ohne dass durch sie direkt der wirtschaftliche Nutzen einer bereits vorhandenen Sachanlage erhöht wird.

Aktivierungspflichtiger Herstellungsaufwand ist anzunehmen, wenn die Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung entweder zu einer wesentlichen Verbesserung der betreffenden Anlage oder zu ihrer Erweiterung führen.

Verfügt die Anlage bereits über Einrichtungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen, die allerdings nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen, wird üblicherweise Erhaltungsaufwand vorliegen. In diesem Fall hat die Nachrüstung den Charakter einer reinen Modernisierungsmaßnahme, die dem Wirtschaftsgut einen zeitgemäßen Standard verleihen soll, um dessen Gebrauchs- und Verwendungsmöglichkeit zu erhalten. Als solche führt sie zwar zu einer Verbesserung der Anlage, nicht aber zu einem Herstellungsaufwand aufgrund einer wesentlichen Verbesserung. Eine abweichende Beurteilung ergibt sich, wenn die Anpassung ausnahmsweise den Gebrauchswert der Anlage insbesondere durch Verlängerung ihrer Gesamtnutzungsdauer deutlich erhöht. Dabei ist nicht auf die rechtliche, durch die Anforderungen des BImSchG und der dieses Gesetz flankierenden Verwaltungsvorschriften festgelegte Nutzungsdauer abzustellen, sondern auf die wirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit.

 

 

Bilanzierungshinweise:

Sind Lärmschutzwände notwendig, um den künftigen wirtschaftlichen Nutzen aus anderen Vermögenswerten des Unternehmens (z.B. eine Lärm verursachende Produktionsanlage) überhaupt erst zu gewinnen, handelt es sich um Betriebsvorrichtungen. Diese werden (als eigenständig nutzbare Gebäudeteile) separat aktiviert und abgeschrieben (als bewegliche Vermögensgegenstände/Wirtschaftsgüter).

  • Gebäude werden handelsbilanziell unter dem Posten „Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich Bauten auf fremden Grundstücken“ (§ 266 Abs. 2 A. II. 1. HGB) erfasst.
  • Demgegenüber stellen Betriebsvorrichtungen „Technische Anlagen und Maschinen“ oder „Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung“ (§ 266 Abs. 2 A. II. 2. und 3. HGB) dar.

Auch im Bereich der Bewertung zeigen sich Unterschiede:

  • Sofern ein Sachverhalt dem Gebäude zuzurechnen ist, wird er mit dem Gebäude über dessen Nutzungsdauer abgeschrieben. Dies erfolgt in der Regel über einen Zeitraum von 30 bis 50 Jahren. An dieser Stelle sei auf die Möglichkeit zur Anwendung der „komponentenweisen Abschreibung“ verwiesen (siehe IDW RH HFA 1.016).
  • Sofern eine Betriebsvorrichtung vorliegt, wird diese über die originäre Nutzungsdauer der Betriebsvorrichtung abgeschrieben. Diese ist regelmäßig kürzer als die Nutzungsdauer eines Gebäudes.

 

 

[Anm. d. Red.] 

 

 

BC 2/2022

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