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Tatsächliche Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags

Christian Thurow

FG Köln, Urteil vom 21.6.2022, 10 K 1406/18 (Revision zugelassen)

 

„Pacta sunt servanda“ (deutsch: Verträge sind einzuhalten). Schon zu Zeiten der Römer war die Vertragserfüllung ein zentraler Bestandteil der Rechtskultur. Die moderne Fortsetzung des lateinischen Mottos findet sich in dem „substance over form“-Gedanken der angelsächsischen Rechnungslegung. Entscheidend ist in beiden Fällen, dass ein Vertrag eine aktive Handlung bzw. Unterlassung auslöst. Eine Vertrag ohne Wirkung wäre somit unbeachtlich. Auch im Steuerrecht gelten diese Grundsätze, so z.B. bei einem Gewinnabführungsvertrag.


 

 

Praxis-Info!

 

Problemstellung

Ein Einzelunternehmer schloss mit einer untergeordneten GmbH einen Ergebnisabführungsvertrag ab. In den folgenden Jahren wurden die abzuführenden Gewinne der GmbH auf einem Verrechnungskonto zwischen der GmbH und dem Einzelunternehmen gutgeschrieben. Weitere Buchungen fanden auf dem Verrechnungskonto nicht statt; eine Begleichung der Verbindlichkeiten wurde ebenfalls nicht durchgeführt. In zwei Fällen wurden private Zahlungen des Einzelunternehmers im Wege des verkürzten Zahlungswegs von der GmbH beglichen.

Aus Sicht der Finanzverwaltung hatte der Ergebnisabführungsvertrag mangels Durchführung steuerlich keinen Bestand.

 

 

Lösung

Das Finanzgericht (FG) Köln stimmt der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung zu. Zwar sei der Ergbnisabführungsvertrag wirksam geschlossen worden, doch fehle es an der tatsächlichen Durchführung. Die reine Verbuchung einer Verbindlichkeit in der Bilanz des Organträgers bewirkt noch keine tatsächliche Durchführung des Vertrags. Vielmehr muss der Gewinn durch eine Zahlung bzw. durch eine zur Anspruchserfüllung führende und der tatsächlichen Zahlung gleichstehende Aufrechnung abgeführt werden. Die Abführung hat dabei auch innerhalb angemessener Zeit zu erfolgen. Bei der Ermittlung eines „angemessenen“ Zeitraums ist u.a. auf die Fremdüblichkeit abzustellen. Die im Ausgangsfall im Jahr 2017 erfolgte Aufrechnung für die Besteuerungszeiträume 2009 bis 2011 erfüllt aus Sicht des FG Köln das Fremdüblichkeitskriterium nicht (erfolgte erst Jahre nach dem Bilanzstichtag und der Fälligkeit mit Bilanzaufstellung und damit nicht zeitnah).

Zur tatsächlichen Durchführung gehört auch eine vertragsgemäße Durchführung. Im Ausgangsfall war eine Abführung des Gewinns an das organtragende Einzelunternehmen vereinbart. Eine direkte Zahlung an private Gläubiger des Einzelunternehmers widerspricht daher einer vertragsgemäßen Durchführung (§ 17 Abs. 1 S. 1 KStG i.V.m. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG).

Mangels tatsächlicher Durchführung waren somit im Ausgangsfall der Ergebnisabführungsvertrag und die daraus resultierende Organschaft steuerlich nicht anzuerkennen.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

 

BC 12/2022

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