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Keine Anwendung der Fahrtenbuchmethode bei Schätzung des Treibstoffverbrauchs des überlassenen Kfz

Christian Thurow

BFH Urt. v. 15.12.2022 – VI R 44/20

Viele Bewertungen im Wirtschaftsleben wirken auf den ersten Blick sehr wissenschaftlich – mathematische Formeln, viele Zahlen, viel Text. Auf den zweiten Blick erkennt der geübte Leser aber recht schnell, dass viele dieser Zahlen nicht auf harten Fakten, sondern auf Schätzungen basieren. Somit ist das Ergebnis der Berechnung auch keine harte Realität, sondern häufig eher ein „best guess“ (beste Vermutung). Zu einem solchen „best guess“ zählt auch der nach der Fahrtenbuchmethode ermittelte geldwerte Vorteil aus der Kfz-Überlassung, wenn der Treibstoffverbrauch geschätzt wurde. Der BFH hat sich nun eindeutig zur Verwertbarkeit eines solchen „best guess“ geäußert.


 

Praxis-Info!

Problemstellung

Die Klägerin – eine GmbH – überließ zwei Angestellten jeweils einen Firmenwagen, welcher auch privat genutzt werden konnte. Die Berechnung des Anteils der privaten Nutzung erfolgte mittels der Fahrtenbuchmethode. Die beiden Fahrzeuge wurden in der betriebseigenen Tankstelle betankt, welche weder über eine Anzeige der Abgabemenge noch über einen Abgabepreis verfügte. Bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils wurden die Treibstoffkosten daher mittels Durchschnittswerten geschätzt.

Das Finanzamt erkannte dies nicht an und ermittelte den geldwerten Vorteil stattdessen mittels der 1%- bzw. 0,03%-Bruttolistenpreisregelung.

 

Lösung

Der BFH folgt der Auffassung des Finanzamts. Die Anwendung der Fahrtenbuchmethode hat insbesondere zwei Bedingungen zu erfüllen:

  • die zeitnahe und vollständige Führung eines Fahrtenbuchs und
  • die durch Belege nachgewiesenen Gesamtaufwendungen des jeweiligen Firmenwagens.

    Nur durch das Zusammenspiel beider Gesichtspunkte kann der geldwerte Vorteil aus der Firmenwagenüberlassung korrekt ermittelt werden. Eine Schätzung von belegmäßig nicht erfassten Kosten der überlassenen Fahrzeuge schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode aus. Hierbei spielt es auch keine Rolle, ob bei der Schätzung ein „Sicherheitszuschlag“ verwendet wurde.

    Da im Ausgangsfall die Treibstoffkosten der Firmenwagen nicht belegmäßig nachgewiesen werden konnten, hat das Finanzamt zu Recht die Anwendung der Fahrtenbuchmethode versagt.

 

Praxishinweise:

Der Nachweis mittels eines Fahrtenbuchs ist in der Regel dann steuerlich günstiger als die 1%-Bruttolistenpreisregelung, wenn die Anschaffungskosten niedriger als der Listenpreis (insbesondere bei gebrauchten Kfz) sind, Zuzahlungen durch die Arbeitnehmer geleistet werden und/oder Privatfahrten nur in geringem Umfang (Faustregel: weniger als 4.000 km im Kalenderjahr) stattfinden. Für dienstliche Fahrten sind (gemäß LStR 8.1 Abs. 9 Nr. 2 S. 3) die folgenden Angaben im Fahrtenbuch erforderlich:

  • Datum,
  • Kilometerstand zu Beginn und am Ende jeder einzelnen Auswärtstätigkeit,
  • Fahrt- bzw. Reiseziel und bei Umwegen auch die Reiseroute,
  • Reisezweck und
  • aufgesuchte Geschäftspartner.

Wird ein elektronisches Fahrtenbuch eingesetzt, sollte sich der Nutzer beim Kauf vom Verkäufer zusichern lassen, dass das Programm auch den steuerrechtlichen Anforderungen genügt. Bei einem solchen Vorgehen hat er zumindest die Möglichkeit, sich bei einer Verwerfung durch die Finanzverwaltung und/oder das Finanzgericht beim Verkäufer schadlos zu halten.

 

Christian Thurow, Dipl.-Betriebsw. (BA), Senior Business Audit Manager, London (E-Mail: c.thurow@thurow.co.uk)

 

BC 3/2023

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