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Gesetz zur Abschaffung der Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe v. 21. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2824)

Paiman El Hassan

Ziel des Gesetzes zur Abschaffung der Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe vom 19. Dezember 2022 ist die Abschaffung der einkommensabhängigen Kostenheranziehung von jungen Menschen und Leistungsberechtigten nach § 19 SGB VIII. Diese sollen über das selbst erzielte Einkommen frei verfügen können, ohne eine Heranziehung durch das Jugendamt zu befürchten. 

 Gesetz zur Abschaffung der Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe v. 21. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2824

Im Rahmen des Artikel 1 des Gesetzes werden folgende Normen im SGB VIII geändert bzw. angepasst: § 92, § 93, § 94, § 95, § 97a, § 107.

Der neue § 92 Abs. 1 SGB VIII sieht nun vor, dass nur noch Elternteile zu den Kosten der in § 91 Abs. 1 SGB VIII genannten Leistungen aus ihrem Einkommen heranzuziehen sind. Eine Heranziehung der Kinder, Jugendlichen, jungen Volljährigen und Leistungsberechtigten nach § 19 SGB VIII sowie ihrer Ehegatten bzw. Lebenspartner sieht der Tatbestand nicht vor; mit Ausnahme der Letztgenannten können diese nur in den im neuen Absatz 1a genannten Fällen herangezogen werden. In den weiteren Absätzen (Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 1) werden die Ehegatten und Lebenspartner der jungen Menschen als adressierter Personenkreis gestrichen. Diese sollen, da sie weder zweckgleiche Leistungen noch Kindergeld für den jungen Menschen oder Leistungsberechtigten nach § 19 SGB VIII erhalten, nicht mehr zu den Kosten herangezogen werden (zur Begründung siehe BT-Drs. 20/3439).

In § 93 SGB VIII wird in Absatz 1 Satz 3 ein neuer Halbsatz („dies gilt nicht“) eingefügt, der bestimmt, dass ein bestimmter Anteil der Berufsausbildungshilfe nach § 56 SGB III und des Ausbildungsgeldes nach § 122 SGB III keine zweckgleiche Leistung darstellt. Er gilt somit als Einkommen im Sinne des SGB VIII, mit der Folge, dass es nicht an das Jugendamt abzuführen ist. Intention des Gesetzgebers ist dabei, dass auch junge Menschen, die im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie leben und gleichzeitig eine Unterstützung nach § 56 SGB III oder nach § 122 SGB III erhalten, von der Abschaffung der Kostenheranziehung junger Menschen profitieren sollen.

Begründung (BT-Drs. 20/4371, S. 3, 6):

 „Auch junge Menschen, die im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie leben und gleichzeitig eine Berufsausbildungsbeihilfe im Sinne des § 56 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) beziehen oder Ausbildungsgeld nach § 122 SGB III erhalten, sollen von der Intention des Gesetzentwurfes zur Abschaffung der Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe profitieren. Bisher müssen diese jungen Menschen die Berufsausbildungsbeihilfe und das Ausbildungsgeld vollständig als zweckgleiche Leistung im Sinne des § 93 Absatz 1 Satz 3 Achtes Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) an das Jugendamt abgeben. 

Um diesen jungen Menschen in ihrer schwierigen Lage eine Chance für ihre wirtschaftliche Emanzipation zu bieten, sollen sie in Zukunft einen bestimmten Teil ihrer Berufsausbildungsbeihilfe oder ihres Ausbildungsgeldes behalten dürfen. Aus diesem Grund wird neu geregelt, dass ein bestimmter Anteil der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgeldes keine zweckgleiche Leistung darstellt und somit im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe als Einkommen gilt. Dies hat zur Folge, dass es nicht an das Jugendamt abzuführen ist. 

Bei der Berufsausbildungsbeihilfe soll der Betrag, der als Einkommen gilt, der Höhe des Betrages für sonstige Bedürfnisse nach den §§ 61 Absatz 2 Satz 1, 62 Absatz 3 Satz 1 SGB III entsprechen. Beim Ausbildungsgeld soll der Betrag, der als Einkommen gilt, der Höhe des Betrages für den Bedarf nach §§ 123 Satz 1 Nummer 2, 124 Nummer 2, 125 SGB III entsprechen. 

Beträgt die Höhe der Berufsausbildungsbeihilfe oder des Ausbildungsgeldes gleich viel oder weniger als die jeweils in den §§ 61, 62 oder 123, 124, 125 genannten Beträge, so gilt die gesamte Berufsausbildungsbeihilfe oder das gesamte Ausbildungsgeld als Einkommen und ist von dem Einsatz für die Kosten der Leistung der Kinder- und Jugendhilfe ausgenommen.“ 

Die bisher in § 94 Abs. 1 S. 3 und 4 SGB VIII normierte Nachrangstellung der Eltern als Kostenbeitragspflichtige wird gestrichen, da – wie der neue § 92 Abs. 1 SGB VIII klarstellt – nur noch Eltern zu den Kosten herangezogen werden. In den Absätzen 2 und 5 werden die Ehegatten und Lebenspartner sowie die Leistungsberechtigten nach § 19 SGB VIII gestrichen. Es handelt sich insoweit um redaktionelle Anpassungen daran, dass diese nicht mehr als Kostenbeitragspflichtige herangezogen werden. Infolge der Abschaffung der Kostenheranziehung junger Menschen und Leistungsberechtigter nach § 19 SGB VIII aus Einkommen wird Absatz 6 aufgehoben. 

§ 92 Abs. 1a SGB VIII nennt den Kreis der Personen, die Inhaber eines Anspruchs sein können, der Gegenstand der Überleitung nach § 95 SGB VIII sein kann. Die Vorschrift nennt aber in seiner neuen Fassung nicht die Ehegatten und Lebenspartner der jungen Menschen und die Leistungsberechtigten nach § 19 SGB VIII. Um den Anwendungsbereich des § 95 SGB VIII nicht zu verkürzen, werden diese Personen nun in § 95 Abs. 1 S. 1 SGB VIII aufgelistet. Im neu geschaffenen Satz 2 des § 95 Abs. 1 SGB VIII wird klargestellt, dass das Recht der Kostenheranziehung für die Inanspruchnahme von Unterhaltsverpflichteten abschließend ist. 

§ 97a Abs. 1 S. 2 SGB VIII wird insoweit angepasst, als dass sich auch die Auskunftspflicht nicht mehr auf das Vermögen des jungen Menschen und der Leistungsberechtigten nach § 19 SGB VIII erstreckt. Das Vermögen wird zukünftig nicht mehr bei Leistungen nach dem SGB VIII berücksichtigt, sodass es sich insoweit um eine redaktionelle Anpassung handelt. Die grundsätzliche Auskunftspflicht bezogen auf die Einkommensverhältnisse bliebt allerdings weiter bestehen, da sie weiterhin von Bedeutung ist, insbesondere für die Kostenheranziehung beim Kindergeld oder sonstigen zweckgleichen Leistungen.

Der bisherige § 107 SGB VIII (Übergangsregelung) wird, um eine Doppelbelegung zu vermeiden, nun § 108 SGB VIII – ohne inhaltliche Änderung.

Die Änderungen sind am 1. Januar 2023 in Kraft getreten.

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