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Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes und des Strafgesetzbuches vom 4. Dezember 2022 (BGBl. 2022, 2146)

Frank Lang
Im Rahmen dieses Gesetzes ist auch § 72a SGB VIII geändert worden. So wird durch eine Einfügung in Abs. 5 klargestellt , dass neben den Katalogstraftaten nach § 72a Absatz 1 Satz 1 SGB VIII grundsätzlich auch alle Eintragungen wegen einer anderen Straftat, die die Person als ungeeignet im Umgang mit Kindern und Jugendlichen erscheinen lässt, erhoben und gespeichert werden dürfen.

Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes und des Strafgesetzbuches vom 4. Dezember 2022 (BGBl. 2022, 2146)

Artikel 3 (Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch):

§ 72a Absatz 5 des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe – in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 24. Juni 2022 (BGBl. I S. 959) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:

(5) Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe dürfen von den nach den Absätzen 3 und 4 eingesehenen Daten nur folgende Daten erheben und speichern:

1. den Umstand der Einsichtnahme,

2. das Datum des Führungszeugnisses und

3. die Information, ob die das Führungszeugnis betreffende Person wegen einer der folgenden Straftaten rechtskräftig verurteilt worden ist:

a) wegen einer in Absatz 1 Satz 1 genannten Straftat oder

b) wegen einer nicht in Absatz 1 Satz 1 genannten Straftat, die die Person als ungeeignet im Umgang mit Kindern und Jugendlichen erscheinen lässt.

Die Träger der öffentlichen und freien Jugendhilfe dürfen die gespeicherten Daten nur verarbeiten, soweit dies erforderlich ist, um die Eignung einer Person für diejenige Tätigkeit, die Anlass zu der Einsichtnahme in das Führungszeugnis gewesen ist, zu prüfen. Die Daten sind vor dem Zugriff Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn die Person eine Tätigkeit nach Absatz 3 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 2 nicht ausübt. Die Daten sind spätestens sechs Monate nach der letztmaligen Ausübung einer solchen Tätigkeit zu löschen.

Begründung, Bt-Drs. 20/3708, 32 

Zu Artikel 3 (Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch)

§ 72a SGB VIII regelt den Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen in der Kinder- und Jugendhilfe. Damit wird in besonderer Weise dem Kinder- und Jugendschutz vor sexualisierter Gewalt Rechnung getragen. Um den Zweck zu erfüllen, sieht die Vorschrift unter anderem die regelmäßige Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses nach § 30a BZRG vor. § 72a Absatz 5 Satz 1 SGB VIII enthält eine bereichsspezifische Regelung, die dem Datenschutz im Interesse der betroffenen Personen Rechnung trägt. Sie bestimmt, welche Daten aus einem erweiterten Führungszeugnis von der empfangenden Stelle erhoben und gespeichert werden dürfen. Hinsichtlich der im erweiterten Führungszeugnis enthaltenen Eintragungen beschränkt diese Vorschrift die Erhebungs- und Speicherbefugnis bisher auf die Katalogstraftaten nach § 72a Absatz 1 Satz 1 SGB VIII. Diese Regelung kann damit als eine zu weitgehende Einschränkung der Verwertbarkeit von Eintragungen im erweiterten Führungszeugnis verstanden werden. Denn erweiterte Führungszeugnisse enthalten nicht nur die Katalogstraftaten nach § 72a Absatz 1 Satz 1 SGB VIII, sondern auch alle Eintragungen, die in ein einfaches Führungszeugnis aufgenommen werden. Dies können unter anderem Vermögens-, Gewalt- und Betäubungsmitteldelikte sowie andere schwere Straftaten wie Mord und Totschlag sein. Diese Eintragungen sind je nach konkreter Verwendung und den konkreten Umständen des Einzelfalls ebenso geeignet, ernsthafte Zweifel an der Eignung einer Person für eine Tätigkeit im Umgang mit Kindern und Jugendlichen zu begründen. Daher soll durch eine Einfügung klargestellt werden, dass neben den Katalogstraftaten nach § 72a Absatz 1 Satz 1 SGB VIII grundsätzlich auch alle Eintragungen wegen einer anderen Straftat, die die Person als ungeeignet im Umgang mit Kindern und Jugendlichen erscheinen lässt, erhoben und gespeichert werden dürfen. Durch weitere redaktionelle Änderungen soll ein Gleichlauf der Formulierung mit dem in Artikel 1 Nummer 6 dieses Entwurfs vorgeschlagenen § 30a Absatz 3 BZRG-neu hergestellt werden. Damit ist keine sachliche Änderung verbunden. Es soll lediglich vermieden werden, dass es aufgrund des unterschiedlichen Wortlauts zu unterschiedlichen Auslegungen kommt. Dies betrifft insbesondere die Löschfrist in § 72a Absatz 5 Satz 5 SGB VIII. Während in § 30a Absatz 3 Satz 4 BZRG-neu auf die „letztmalige Ausübung der Tätigkeit“ Bezug genommen wird, wird in § 72a Absatz 5 Satz 5 SGB VIII auf die „Beendigung einer solchen Tätigkeit“ abgestellt.

In diesem Zusammenhang wird auch auf die folgende Änderung von § 30a BZRG in Art 1 des Gesetzes hingewiesen:

5. Dem § 30a wird folgender Absatz 3 angefügt:
„(3) Die Daten aus einem erweiterten Führungszeugnis dürfen von der entgegennehmenden Stelle nur verarbeitet werden, soweit dies zur Prüfung der
Eignung der Person für eine Tätigkeit, die Anlass zu der Vorlage des Führungszeugnisses gewesen ist, erforderlich ist. Die Daten sind vor dem Zugriff
Unbefugter zu schützen. Sie sind unverzüglich zu löschen, wenn die Person die Tätigkeit, die Anlass zu der Vorlage des Führungszeugnisses gewesen
ist, nicht ausübt. Die Daten sind spätestens sechs Monate nach der letztmaligen Ausübung der Tätigkeit zu löschen.“

Begründung, Bt-Drs. 20/3708, 24

Zu Artikel 1 Nr. 5 (Änderung des BZRG)

Mit Artikel 4 des Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vom 16. Juni 2021 (BGBl. I S. 1810) sind die Fristenregelungen zum erweiterten Führungszeugnis erheblich ausgeweitet worden. So beträgt unter anderem die Aufnahmefrist für Verurteilungen in erweiterte Führungszeugnisse künftig mindestens zehn Jahre. Damit bekommt das erweiterte Führungszeugnis durch die erheblichen Verlängerungen der Fristen eine größere Bedeutung, stärkere Aussagekraft und datenschutzrechtliche Eingriffsintensität. Die Änderungen des BZRG treten am 1. Juli 2022 in Kraft. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer Verbesserung des bereichsspezifischen Datenschutzes. Dazu wird dem § 30a BZRG ein neuer Absatz 3 angefügt. Er sieht zunächst eine ausdrückliche Zweckbindung vor. Somit soll im Gesetz klar zum Ausdruck gebracht werden, dass das erweiterte Führungszeugnis nur für den Zweck verwendet werden darf, für den es erteilt worden ist. Daneben ist bislang nur für Behördenführungszeugnisse eine besondere Vertraulichkeit angeordnet (siehe § 44 BZRG). Diese Vertraulichkeit ist jedoch auch im Umgang mit dem erweiterten Führungszeugnis geboten. Zur Vervollständigung und im Interesse der Rechtsklarheit soll auch zentral im BZRG eine entsprechende Löschungsregelung aufgenommen werden. Danach sind die Daten aus einem erweiterten Führungszeugnis nach Ablauf bestimmter Fristen zu löschen, wenn sich der Zweck, der zu der Erteilung geführt hat, erledigt hat.

Mit diesen bereichsspezifischen Regelungen im BZRG wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die im erweiterten Führungszeugnis genannten Daten besonders sensibel sind. Daher sieht Artikel 10 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten auch besondere Vorgaben vor. Ohnehin sind für die weitere Verarbeitung der im erweiterten Führungszeugnis enthaltenen personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit Beschäftigungsverhältnissen – abgesehen von bereichsspezifischen Regelungen wie in § 72a Absatz 5 SGB VIII – regelmäßig die Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) maßgeblich. Demnach ist nach § 26 BDSG die Verarbeitung personenbezogener Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses zulässig, wenn dies unter anderem für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Hinsichtlich der Vertraulichkeit hat die verantwortliche Person zudem nach § 26 Absatz 5 BDSG geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung der (ohnehin unmittelbar geltenden) datenschutzrechtlichen Grundsätze nach Artikel 5 DSGVO sicherzustellen, die ihrerseits auch den Schutz personenbezogener Daten vor unbefugter oder unrechtmäßiger Verarbeitung voraussetzen (Grundsatz der „Integrität und Vertraulichkeit“). Gleichwohl ist eine ausdrückliche Zweckbindung, Vertraulichkeitsanordnung und Löschungsregelung im § 30a BZRG geeignet, für Rechtsklarheit zu sorgen. Damit werden bereichsspezifische Vorschriften wie § 72a Absatz 5 SGB VIII oder § 44 Absatz 3 des Asylgesetzes, die jeweils einen entsprechenden ausdrücklichen Passus enthalten, zentral ergänzt. Unberührt bleiben zudem solche Vorschriften und die Verfahren zum Vollzug dieser Vorschriften, die wie zum Beispiel § 158a Absatz 2 Satz 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit die Einsichtnahme in ein bereits vorliegendes erweitertes Führungszeugnis regeln.


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