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Ziel des Gesetzes

Kabinettsentwurf

Das Bundeskabinett hat am 19. 5. 2010 den Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2010 beschlossen, berichtet der Fachdienst Deutsches Steuerrecht in der Ausgabe 20/2010 (FD-DStR 2010, 303645). Im Vergleich zum Referentenentwurf vom 29. 3. 2010 (siehe hierzu unten FD-DStR 2010, 301560) wurden dabei noch einige Änderungen vorgenommen.

Hervorzuheben ist insbesondere die Klarstellung, dass die Abzugsbeschränkung des § 3c Abs. 2 EStG nur noch voraussetzen soll, dass die Absicht zur Erzielung von Einnahmen besteht, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegen. Dies war wohl auch schon immer der Wille des Gesetzgebers, der BFH hat jedoch im vergangenen Jahr entschieden, dass die Abzugsbeschränkung nur greift, wenn tatsächlich Einnahmen erzielt worden sind, die teilweise nach § 3 Nr. 40 EStG steuerbefreit waren (BFH v. 25. 6. 2009, IX R 42/08, DStR 2009, 1843). Das Urteil wurde zwischenzeitlich von der Finanzverwaltung mit einem Nichtanwendungserlass belegt (BMF v. 15. 2. 2010, DStR 2010, 331). Entgegen der üblichen Praxis in solchen Fällen, die Gesetzesänderung rückwirkend vorzusehen, sieht der Entwurf ein Inkrafttreten ab dem Veranlagungszeitraum 2011 vor. Bis dahin bleibt es also bei der vom BFH entschiedenen Rechtslage, auch wenn der Steuerpflichtige diese wohl gerichtlich erkämpfen muss, solange der Nichtanwendungserlass noch in Kraft ist.

Eine weitere Änderung zum Referentenentwurf betrifft die Umsatzsteuer. Die Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG, welche als Grundlagenbescheid für die Umsatzsteuerfestsetzung anzusehen ist, soll künftig den für Feststellungsbescheide geltenden Verjährungsregeln unterliegen. Daher wird ein Verweis auf die entsprechende Anwendung von § 181 Abs. 1 und § 181 Abs. 5 AO in das UStG aufgenommen. Warum dies nur für die Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 UStG vorgesehen ist und nicht etwa auch für die Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. aa UStG, ist der Entwurfsbegründung nicht zu entnehmen.

Schließlich sieht der Gesetzentwurf vor, dass die für Ehegatten geltenden Vergünstigungen im Grunderwerbsteuerrecht künftig auch für Lebenspartner gelten sollen. Damit sollen insbesondere Grundstückserwerbe durch den Lebenspartner des Veräußerers künftig ebenso nach § 3 Nr. 4 GrEStG grunderwerbsteuerfrei sein.

 

Referentenentwurf

Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2010 enthält, wie der Fachdienst Deutsches Steuerrecht in der Ausgabe 14/2010 (FDDStR 2010, 301560) berichtet eine Vielzahl thematisch nicht oder nur partiell miteinander verbundener Einzelmaßnahmen, die überwiegend technischen Charakter haben, insbesondere Anpassungen beim Lohn- und Kapitalertragsteuerabzug sowie den einkommensteuerlich geförderten Altersvorsorgeleistungen. Hervorzuheben sind ferner folgende Punkte:

Einkommensteuer

- Veräußerungsgeschäfte sollen künftig nicht mehr nach § 23 EStG steuerbar sein bei Veräußerung von Gegenständen des täglichen Gebrauchs. Diese Einschränkung war bereits im Entwurf des Steuervergünstigungsabbaugesetzes (StVergAbG) enthalten (BT-Drs. 15/119), ist aber seinerzeit im Rahmen des Vermittlungsverfahrens ohne nähere Begründung wieder entfallen.

- Öffentlich geförderte Maßnahmen sollen aus der Steuerermäßigung nach § 35a EStG ausgenommen werden. Als öffentliche Förderung sollen dabei nicht nur steuerfreie Zuschüsse, sondern bereits zinsverbilligte Darlehen gelten.

- Nach § 20 Abs. 4a EStG führen Kapitalmaßnahmen bei ausländischen Gesellschaften nicht zu einer Gewinnrealisierung beim Gesellschafter, die dann kapitalertragsteuerpflichtig wäre. Mit der Regelung wird vermieden, dass Banken bei Erträgen aus solchen Kapitalmaßnahmen Steuerbeträge von den Steuerpflichtigen einfordern müssen, da aufgrund fehlender Zahlungsvorgänge kein Einbehalt der Steuer von einem zufließenden Ertrag möglich ist. Diese Regelung soll nunmehr auch auf Inlandsbeteiligungen ausgedehnt werden.

- Der Entwurf sieht diverse Anpassungen der Regelungen zu Übertragungen nach dem Versorgungsausgleichsgesetz, zur Besteuerung von Versorgungsleistungen und zum Abzug und zur Besteuerung von Ausgleichszahlungen im Rahmen des Versorgungsausgleichs vor. Vgl. zu diesem Thema auch allgemein Wälzholz, DStR 2010, 383.

- Zahlreiche Änderungen sind überdies im Investmentsteuergesetz geplant. So soll u. a. die bestehende Praxis zur Bildung und Auflösung von Ausgleichsposten gesetzlich festgeschrieben werden.

Internationales Steuerrecht

- Transferentschädigungen für den Wechsel eines Sportlers von einem nicht im Inland zu einem im Inland ansässigen Verein sollen künftig nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 EStG bzw. korrespondierend nach § 50a EStG steuerpflichtig sein. Die Regelung ist ein "Nichtanwendungsgesetz" zum BFH-Urteil vom 27. 5. 2009, I R 86/07, DStRE 2009, 983, das mit einem Nichtanwendungserlass belegt worden ist (BMF v. 7. 1. 2010, IV C 3 - S 2411/07/10013, DStR 2010, 113). Die Regelung soll rückwirkend anzuwenden sein, weil damit an dem bis vor dem BFH-Urteil "langjährig praktizierten Rechtszustand festgehalten" werde (Begründung zum Entwurf, S. 91).

- In die Berechnung, ob eine niedrigere Besteuerung im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung vorliegt, sollen Ansprüche der Gesellschafter auf Erstattung oder Anrechnung der von der ausschüttenden ausländischen Gesellschaft gezahlten Ertragsteuern einbezogen werden. Damit soll ein Modell zur Umgehung der Hinzurechnungsbesteuerung gestoppt werden. So erstatte Malta, dessen Körperschaftsteuersatz nominal bei 35 % liege, ausländischen Gesellschaftern 6/7 bzw. 5/7 der Körperschaftsteuer, was die effektive Belastung unter die vom AStG als niedrige Besteuerung qualifizierte Marke von 25 % sinken lässt. Durch die vorgeschlagene gesetzliche Änderungen sollen derartige Anrechnungen künftig bei der Ermittlung der effektiven Steuerbelastung berücksichtigt werden.

- § 20 Abs. 2 AStG - der switch-over von der abkommensrechtlichen Freistellungs- zur Anrechnungsmethode bei Vorliegen der Voraussetzungen zur Hinzurechnungsbesteuerung in Bezug auf eine ausländische Betriebsstätte, wenn diese eine Kapitalgesellschaft wäre -, soll künftig nicht gelten für ausländische Betriebsstätten, sofern sie unter § 8 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a AStG fallen. Denn dann würde jede ausländische Betriebsstätte in einem Niedrigsteuerland unter den switch-over fallen, weil sich eine ausländische Betriebsstätte zwangsweise "eines unbeschränkt Steuerpflichtigen bedient". Dies sei aber nicht Sinn und Zweck der Regelung.

- § 2 AO soll einen neuen Abs. 2 erhalten, Kraft dessen die Bundesregierung ermächtigt wird, mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zur innerstaatlichen Inkraftsetzung von Verständigungsvereinbarungen zu erlassen. Hintergrund ist die Rechtsprechung, wonach die Gerichte nicht an bilaterale Verständigungsvereinbarungen gebunden sind, da es insoweit an einer innerstaatlichen Umsetzung analog zum DBA-Zustimmungs­gesetz fehlt. Die innerstaatliche Verbindlichkeit soll somit künftig durch Rechtsverordnung geschaffen werden.

Körperschaftsteuer

- Schadensrückstellungen für inländische Niederlassungen von Versicherungsunternehmen mit Sitz in einem ausländischen EU-/ EWR-Mitgliedstaat sollen ebenso nach § 20 KStG steuerlich anerkannt werden.

- § 21 Abs. 2 KStG betreffend die steuerliche Behandlung von Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen (RfB) von Versicherungsunternehmen soll für die Veranlagungszeiträume 2010 bis 2013 übergangsweise eine geänderte Fassung erhalten. Die geltende Regelung könne dazu führen, dass die Unternehmen ausgerechnet in Zeiten niedriger Erträge und hoher Unsicherheiten ihre als Sicherheitspuffer dienende ungebundene RfB abbauen müssen. Durch die befristete Gesetzesänderung soll der steuerliche Höchstbetrag für die sog. freie RfB angehoben werden.

Umsatzsteuer

- Die bis Ende 2010 fällige Umsetzung der "Anti-Seeling-Regelung" soll in einem neuen Abs. 1b des § 15 UStG erfolgen. Mit Richtlinie 2009/162/EU vom 22. 12. 2009 wurde Art. 168a MwStSystRL eingefügt, der vorsieht, dass die Mitgliedstaaten das sog. Seeling-Modell ab dem 1. 1. 2011 nicht mehr zulassen dürfen (vgl. Zugmaier/von Streit, DStR 2010, 524). Art. 168a MwStSystRL ist verbindlich für Grundstücke, gestattet aber auch die Einbeziehung anderer Gegenstände als Grundstücke. Der Referentenentwurf sieht allerdings eine Beschränkung des Vorsteuerabzugs auf den unternehmerisch verwendeten Teil des erworbenen Gegenstands nur für Grundstücke vor. Die Regelung soll für alle nach dem 31. 12. 2010 angeschafften oder fertig gestellten Grundstücke gelten.

- Zur Verhinderung von betrugsbedingten Steuerausfällen soll der erst kürzlich durch das Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben und zur Änderung steuerlicher Vorschriften bereits erweiterte § 13b UStG erneut ausgedehnt werden. Geplant ist es, die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers künftig auch bei der Umsatzsteuer auf Lieferungen von Industrieschrott, Altmetallen und sonstigen Abfallstoffen sowie Leistungen von Gebäudereinigern anzuwenden. Diese Maßnahme geht auf eine Prüfbitte des Bundesrates im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben und zur Änderung steuerlicher Vorschriften zurück.

Verfahrensrecht

- In § 10d EStG (und korrespondieren in § 35b GewStG) soll eine verfahrensrechtliche Verknüpfung der Verlustfeststellung mit der Festsetzung des jeweiligen Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraums kodifiziert werden. Die Verlustfeststellung soll dann nur noch von den Besteuerungsgrundlagen des Festsetzungsbescheids abweichen dürfen, wenn die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Festsetzungsbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt.

- Durch eine Neufassung des § 146 Abs. 2a AO sollen die Voraussetzungen, elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen im Ausland zu führen und aufzubewahren, erheblich vereinfacht werden, insbesondere soll die Be­schränkung auf EU-/EWR-Staaten entfallen.

- Durch die Streichung von § 370 Abs. 6 Satz 3 und 4 AO sollen künftig alle Steuerstraftaten in Bezug auf die Umsatzsteuer und die Ein- und Ausfuhrabgaben auch tatsächlich verfolgt werden können, die nur Haushalte anderer EU-Mitgliedstaaten belasten. Diese Taten sind auch bislang strafbar, können jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 370 Abs. 6 Satz 3 und 4 AO verfolgt werden. Da die in Satz 3 geforderte Gegenseitigkeit in keinem Fall festgestellt worden ist und eine Rechtsverordnung nach Satz 4 bislang nicht existiert, wird der an sich strafbare Umsatzsteuerbetrug zu Lasten der Haushalte anderer EU-Mitgliedstaaten in Deutschland faktisch bislang nicht geahndet.

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