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Welcher Samariter in der Sozialen Marktwirtschaft?

Von Prof. Dr. Peter Schallenberg | Mai 30, 2025

„Der kapitalistische Samariter“: Das ist eine zugegebenermaßen etwas zugespitzte und provokante Kennzeichnung unserer Sozialen Marktwirtschaft. In manchen Demonstrationen der letzten Monate „gegen Rechts“ war zu hören oder auf Plakaten zu lesen: „Weg mit der Marktwirtschaft!“ Im Eifer des verblendeten Gefechts scheint manchen unsere Marktwirtschaft schon lange verdächtig: zu unternehmerfreundlich und zu kapitalorientiert. Daher also zwei einfache Fragen: Welchen Kapitalismus will unsere Soziale Marktwirtschaft? Und: Welche Samariter sind die Stützen unserer Wirtschaftsordnung?

Beim zweiten begonnen, weil gut biblisch (Lk 10, 30-37) und zutiefst christlich: Der Samariter ist in der berühmten Erzählung Jesu der Mensch, der jenseits seiner Familie und Sippe, jenseits seines eigenen Volkes schlicht und einfach hilft, weil er Mitleid hat mit seinesgleichen. Alle drei vom Evangelisten Lukas angeführten Personen sehen ja den halb toten Mann im Straßengraben: Priester und Levit gehen weiter, der eigentlich nicht mit den Juden verkehrende Samariter hilft. Und zwar effektiv, nicht einfach nur mit guten tröstenden Worten (was schon viel wäre): Er hilft mit Wein und Öl und seinem Esel, und (was oft vergessen wird) mit Hilfe des Wirtes und seiner Herberge, und schließlich mit zwei Denaren für die Pflege des Mannes durch den Wirt. Das alles setzt schon ein einigermaßen funktionierendes Gemeinwesen voraus, Geldwirtschaft und stabile Geldwährung, Kreditwürdigkeit des Samariters und Bereitschaft zu Risikokapital beim Wirt. So erst wird Hilfe durch Kapital möglich. Freilich, was es auch gibt, sind Straßenräuber, Überfälle, Unsicherheit. Hier fällt der Staat aus und der halb tote Mann ist auf die Hilfe großherziger Menschen angewiesen. Besser wäre es, wenn gar nicht erst jemand halb tot im Straßengraben zu liegen kommt und der Räuberei ein Ende gemacht wird durch den Staat, und zweitens, wenn der einzelne Samariter zur Institution der Solidarität und Gerechtigkeit gemacht wird.

Und so wird dann ein kapitalistischer Schuh draus: Unsere Soziale Marktwirtschaft appelliert an Nächstenliebe und Gewinnsucht, an Barmherzigkeit und Profitgier, ja so deutlich muss man es sagen. Denn eine arbeitsteilige hochkomplexe Wirtschaft ist kein Kaffeekränzchen, sondern ein Marktplatz zur Erzielung von Gewinnen. Und zugleich das Versprechen, dass mit Hilfe des Gewinnstrebens Arbeitsplätze entstehen und in gerechter Abschöpfung eines Teils der Gewinne Sozialversicherungen möglich sind. Besonders für jene, die nicht (mehr) zu großer materieller Leistung in der Lage sind. Und deswegen entspricht die Soziale Marktwirtschaft mit der Hochschätzung des Unternehmers und seiner Leistungsbereitschaft dem Menschen als Ebenbild Gottes, begabt mit der Freiheit „sibi et aliis providens“, wie der hl. Thomas von Aquin so herrlich knackig sagt: sich und anderen vorausschauend. Eben wie Gott.

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