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Restrukturierung und Strafrecht

Von Anke Hadamitzky, Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof

Mit der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben der EU-Richtlinie über den präventiven Restrukturierungsrahmen (Richtlinie (EU) 2019/1023 – Restrukturierungsrichtlinie) mit dem Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) als Art. 1 des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) wurde durch den deutschen Gesetzgeber zum 1. Januar 2021 der Rechtsrahmen für Sanierungen unter justitieller Aufsicht außerhalb eines Insolvenzverfahrens geschaffen. Für ein solches Restrukturierungsverfahren ist strafrechtlich bedeutsam, dass der Schuldner gerade nicht zahlungsunfähig (§ 17 InsO) oder überschuldet (§ 19 InsO) sein darf; ihm muss jedoch die Zahlungsunfähigkeit drohen (§ 18 InsO). Das Verfahren erlaubt im Interesse der Gläubigergesamtheit Eingriffe in Vermögenswerte einzelner Gläubiger, stellt diesen Rechtsbeschränkungen aber Pflichten des Schuldners gegenüber. Dieser hat das Verfahren „mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers“ zu betreiben und dabei die „Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu wahren“. Ihm sind deshalb ausdrücklich Handlungen untersagt, „die sich mit dem Restrukturierungsziel nicht vereinbaren lassen oder Erfolgsaussichten der in Aussicht genommenen Restrukturierung gefährden“. Das Restrukturierungsverfahren schafft damit nicht nur neue (Handlungs- und Unterlassungs-)Pflichten der Schuldner, sondern auch solche für alle anderen Akteure des Sanierungsverfahrens, ob sie die Schuldner nun unterstützen oder kontrollieren. Die (erweiterten) teils nur konkretisierten, teils aber auch neu festgelegten Pflichten bergen für alle Beteiligten zudem erweiterte strafrechtliche Risiken in sich. Schon bislang machen gescheiterte Unternehmenssanierungen einen wesentlichen Teil der wirtschaftsstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren aus und sind nicht zuletzt deshalb zentraler Darstellungsbereich hierauf bezogener Handbücher und Erläuterungen. Die Neuregelungen stellen die Beschaffung und Analyse des Tatsachenmaterials zur Beurteilung einer möglichen strafrechtlichen Relevanz der Handlungen Verantwortlicher der Insolvenzschuldner(-Unternehmen) jedoch vor neue Herausforderungen. An deren Beginn steht die – vor allem von den Strafverteidigern nachhaltig problematisierte – Reichweite des strafrechtlichen Verwertungsverbotes. Die neuen Sanierungsregelungen werden daher für nachhaltige Diskussionen zwischen strafrechtlicher Praxis und Wissenschaft sorgen.

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