Vermittelt ein Unternehmen einen Verkauf von teils in Russland hergestellten Militärgütern, darf der gesamte Erlös aus der Vermittlung, die gegen eine Russland-Sanktion verstößt, eingezogen werden. Das hat der EuGH entschieden.
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges sind diverse Geschäfte, die direkt oder mittelbar mit Russland oder russischen Unternehmen getätigt werden, für EU-Unternehmen untersagt. Verstoßen sie dagegen, kann der Erlös aus solchen Geschäften eingezogen werden, auch wenn es nur um eine Vermittlung geht. Dies entschied am Dienstag der EuGH ((Urteil vom 10.09.2024 - C-351/22).
Ein rumänisches Unternehmen vermittelte ein Geschäft zwischen einem ukrainischen und einem indischen Unternehmen über den Verkauf von 32 Funkstationen. 20 davon wurden in Russland hergestellt. Für seine Vermittlungsdienste bekam das rumänische von dem ukrainischen Unternehmen fast drei Millionen Euro. Die rumänischen Behörden verhängten daraufhin gegen das vermittelnde Unternehmen eine Geldbuße und zogen den Erlös aus der Vermittlung ein. Denn diese verstoße gegen das Verbot der Erbringung von Vermittlungsdiensten für Militärgüter für ein Unternehmen in Russland, das der GASP-Beschluss 2014/512 "über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren" enthalte.
Das Unternehmen klagte gegen die Sanktionen, das rumänische Gericht schaltete schließlich den EuGH ein. Es wollte wissen, ob das Verbot auch dann anzuwenden sei, wenn die Militärgüter nie in die Union eingeführt wurden. Außerdem fragte es, ob die verhängten Sanktionen mit dem Eigentumsrecht des rumänischen Unternehmens vereinbar seien.
EuGH für Auslegung zuständig
Der EuGH musste zunächst klären, ob er die GASP-Regelung überhaupt auslegen durfte, und bejahte dies. Denn seine Zuständigkeit für die einheitliche Auslegung des Unionsrechts dürfe nicht umgangen werden, wenn - wie hier - die betreffende restriktive Maßnahme mit allgemeiner Geltung in eine Verordnung hätte aufgenommen werden müssen, für die der EuGH in jedem Fall zuständig sei.
Die erste Frage des Vorlagegerichts bejahte der EuGH anschließend. Das Verbot in der GASP-Regelung gelte auch dann, wenn die Güter nie in einen Mitgliedstaat eingeführt wurden. Der EuGH wies darauf hin, dass das Verbot sonst leicht umgangen werden könne.
Die zweite Frage bejaht er ebenfalls. Das Unionsrecht lasse die automatische Einziehung aller in Verbindung mit Vermittlungsdiensten für Militärgüter für ein russisches Unternehmen erhaltenen Beträge zu. Das schränke zwar das Eigentumsrecht des Dienstleisters ein. Eine solche Einschränkung könne aber die Wirksamkeit des Verbots gewährleisten und sei daher grundsätzlich verhältnismäßig im Hinblick auf die von der Union verfolgten legitimen Ziele, die territoriale Unversehrtheit, die Souveränität und die Unabhängigkeit der Ukraine zu schützen (Urteil vom 10.9.2024 - C-351/22).
Aus der Datenbank beck-online
Schwendinger/Göcke, Die Russland-Sanktionen der EU, EuZW 2022, 499