Muss ein Verbraucher überhöhte zinsunabhängige Kreditkosten zahlen, kann das eine missbräuchliche Klausel darstellen. Das hat der EuGH entschieden. Voraussetzung sei aber, dass eine Missbrauchskontrolle der Klausel zulässig ist.
Drei Verbraucher schlossen in Polen Kreditverträge. Mit den Krediten sind sehr hohe Gebühren und Provisionen verbunden: Die zinsunabhängigen Kreditkosten betragen zig Prozentpunkte der Kreditbeträge. Die Verbraucher monierten die entsprechenden Klauseln als missbräuchlich. Zwei der Verträge sehen zudem vor, dass Zahlungen zur Tilgung des Kredits ausschließlich am Wohnsitz des Kreditnehmers in bar an einen Vertreter des Kreditgebers vorzunehmen sind. Das polnische Gericht rief den Europäischen Gerichtshof an.
Laut EuGH (Urteil vom 23.11.2023 - C-321/22) ist eine Vertragsklausel missbräuchlich, wenn sie zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht. Ein solches Missverhältnis könne sich allein daraus ergeben, dass die zinsunabhängigen Kreditkosten offensichtlich außer Verhältnis zm Kreditbetrag und den als Gegenleistung erbrachten Kredit-Dienstleistungen stehen.
Der EuGH weist allerdings darauf hin, dass die Missbräuchlichkeit von Klauseln in der Regel nur dann kontrolliert werden könne, wenn sie weder den vertraglichen Hauptgegenstand festlegen noch die Angemessenheit zwischen Preis und Leistung betreffen. Das polnische Gericht müsse dies prüfen. Sollte eine Kontrolle danach nicht möglich sein, müsse das Gericht prüfen, ob das polnische Recht ein höheres Schutzniveau gewährleistet und eine solche Missbrauchskontrolle erlaubt.
Tilgung am Verbraucherwohnsitz: Folgen der Unwirksamkeit
Laut EuGH kann sich der Vertrag auch als nicht mehr erfüllbar und damit insgesamt nichtig erweisen, wenn das polnische Gericht die Klausel zur Tilgung am Verbraucherwohnsitz für ungültig erklärt, weil sie es dem Kreditgeber ermöglicht, unzulässigen Druck auszuüben. Lasse sich allerdings der missbräuchliche Bestandteil dieser Klausel abtrennen, könne es genügen, ihn zu streichen, um ein tatsächliches Gleichgewicht zwischen den Vertragsparteien wiederherzustellen. Dann könne der Vertrag fortbestehen; der Verbraucher könne dann eine beliebige Zahlungsweise wählen, solange sie nach dem polnischen Recht zulässig sei (Urt. v. 23.11.2023 - C-321/22).
Aus der Datenbank beck-online
Omlor, (In-)Konsistenz der Rechtsprechung des EuGH zum Kreditrecht, WM 2023 Heft 43, 1994
EuGH, Missbräuchliche Klausel in Verbraucherkreditvertrag, IWRZ 2022, 267
EuGH, Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherkreditverträgen, NJW 2021, 611
EuGH, Verbraucherschutz: Prüfpflicht der Gerichte betreffend missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, EuZW 2020, 673