Überblick des Bundesjustizministerims zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs nach der Verabschiedung im Bundesrat:
1. Grundsatz der internen Teilung
Das bislang geltende Recht habe eine Verrechnung aller in der Ehezeit erworbenen Anrechte aus den unterschiedlichen Versorgungen und einen Ausgleich der Hälfte des Wertunterschieds über die gesetzliche Rentenversicherung verlangt. Bei der Umrechnung der verschiedenartigen Anrechte mithilfe der so genannten Barwertverordnung seien allerdings Wertverzerrungen entstanden, weil die Berechnung auf unsicheren Prognosen über die künftige Wertentwicklung der Versorgungen beruhte. Dies habe zu ungerechten Teilungsergebnissen und Transferverlusten zu Lasten der ausgleichsberechtigten Ehepartner, also überwiegend der Frauen geführt.
Künftig soll jedes in der Ehe aufgebaute Versorgungsanrecht im jeweiligen Versorgungssystem zwischen den Ehegatten hälftig geteilt werdn. Jeder Ehegatte erhalte dann sein eigenes «Rentenkonto», also einen eigenen Anspruch gegen den jeweiligen Versorgungsträger. Das ist der Grundsatz der «internen Teilung». Er soll das fehlerbehaftete Prinzip der Verrechnung aller Anrechte und des Einmalausgleichs über die gesetzliche Rentenversicherung ablösen. Künftig könnten so auch die Anrechte aus der betrieblichen und privaten Altersvorsorge schon bei der Scheidung vollständig geteilt werden. Einbezogen würden künftig auch Kapitalleistungen der betrieblichen Altersversorgung. Nachträgliche Ausgleichs- und Abänderungsverfahren würden weitgehend entbehrlich.
2. Ausnahmsweise externe Teilung
Abweichend vom Grundsatz der internen Teilung könne ausnahmsweise eine «externe Teilung» vorgenommen werden, wenn die ausgleichsberechtigte Person zustimmt. Außerdem könne bei kleineren Versorgungen (zu übertragender Wert bis ca. 50 Euro als monatlicher Rentenbetrag, für bestimmte Betriebsrenten gilt eine höhere Wertgrenze) der Versorgungsträger einseitig die externe Teilung verlangen.
Extern bedeute dabei, dass die Teilung nicht beim Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Ehegatten, sondern extern erfolgt, indem dieser Versorgungsträger den auszugleichenden Kapitalbetrag bei einem anderen Versorgungsträger einzahlt.
Die ausgleichsberechtigte Person könne entscheiden, ob durch diese Zahlung eine für sie bereits bestehende Versorgung aufgestockt oder eine neue Versorgung begründet werden soll.
3. Ausnahmsweise kein Versorgungsausgleich
In bestimmten Fällen finde ein Versorgungsausgleich nicht mehr statt: Gehe es nur um einzelne geringe Ausgleichswerte oder ergeben sich auf beiden Seiten bei gleichartigen Anrechten ähnlich hohe Ausgleichswerte, soll das Familiengericht von der Durchführung des Ausgleichs absehen. Die Wertgrenze für beide Fälle liegt bei derzeit ca. 25 Euro als monatlicher Rentenbetrag.
Auch bei einer kurzen Ehezeit von bis zu drei Jahren (einschließlich des Trennungsjahrs) soll ein Versorgungsausgleich nicht mehr stattfinden, wenn nicht einer der Ehegatten den Ausgleich ausdrücklich beantragt.
4. Mehr Spielraum für Vereinbarungen
Künftig sollen die Eheleute größere Spielräume erhalten, Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich zu schließen und so ihre vermögensrechtlichen Angelegenheiten nach ihren individuellen Bedürfnissen zu regeln.
Vereinbarungen könnten künftig leichter geschlossen werden. Beispielsweise werden künftig Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich im Ehevertrag nicht mehr unwirksam, wenn innerhalb eines Jahres nach Vertragsschluss die Scheidung eingereicht wird. Werden Ausgleichsvereinbarungen im Rahmen der Scheidung geschlossen, entfällt die bislang erforderliche Genehmigung durch das Familiengericht. Das Familiengericht hat aber zum Schutz der Ehegatten zu überprüfen, ob die Vereinbarung einer Inhalts-? und Ausübungskontrolle standhält.
5. Mehr Klarheit und Verständlichkeit
Während das geltende Recht selbst für Experten kaum noch nachvollziehbar war, erleichtere die Reform allen Beteiligten – also den geschiedenen Eheleuten, deren Anwälten und den Versorgungsträgern – den Zugang zum Recht: Die familienrechtlichen Vorschriften, bisher auf vier komplizierte Gesetze verteilt, würden im neuen Versorgungsausgleichsgesetz zusammengefasst. Die Vorschriften seien möglichst knapp und gut verständlich formuliert.
6. Inkrafttreten und Übergangsregelung
Das Gesetz muss noch vom Bundespräsidenten ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Es könne dann zum 01.09.2009 in Kraft treten, zeitgleich mit der Reform des familiengerichtlichen Verfahrens, und für alle Scheidungen gelten, die ab diesem Zeitpunkt beim Familiengericht eingeleitet werden. Bereits bei Gericht anhängige Versorgungsausgleichssachen, die nicht mehr mit der Scheidung verbunden sind, werden nach neuem Recht entschieden, wenn sie nach dem 01.09.2009 weiter betrieben werden. Spätestens ab dem 01.09.2010 wird das neue Recht für alle Versorgungsausgleichssachen gelten, die in der ersten Instanz noch nicht entschieden sind. Damit ist gewährleistet, dass alle Versorgungsausgleichssachen innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten der Reform auf das neue Teilungssystem umgestellt werden.