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Ziel des Gesetzes

Mit ihrem Verordnungsvorschlag will die Kommission für auf dem Markt außerbörslich („over the counter“) gehandelte Derivate (OTC-Derivate) mehr Sicherheit und Transparenz schaffen, heißt es in einer Pressemitteilung der Europäischen Union. Dazu sollen Informationen zu OTC-Derivatekontrakten an Transaktionsregister gemeldet werden und den Aufsichtsbehörden zugänglich sei. Daneben sollen alle Marktteilnehmer besser informiert werden. Die Kommission schlägt ferner vor, dass standardisierte OTC-Derivatekontrakte prinzipiell durch zentrale Gegenparteien („central counterparties“ – CCPs) abgewickelt werden sollten. Dies verringere das Kontrahentenrisiko, d. h. das Risiko des Ausfalls einer der Vertragsparteien. Die Kommission hält sich mit ihren Vorschlag an die von der EU im Rahmen der G20 eingegangenen Verpflichtungen und dem von den Vereinigten Staaten verfolgten Ansatz.

Kernpunkte des Vorschlags  

Der Verordnungsvorschlag regelt gemäß einer Pressemitteilung der Europäischen Union im wesentlichen folgende Punkte:

Größere Transparenz

Da momentan bei Transaktionen mit OTC-Derivaten keine Meldepflicht bestehe, hätten die politischen Entscheidungsträger, die Regulierungsstellen und auch die Marktteilnehmer keinen genauen Überblick über die Vorgänge auf dem Markt. Nach dem Vorschlag der Kommission sollen Transaktionen mit OTC-Derivaten in der EU an zentrale Datensammelstellen (Transaktionsregister) gemeldet werden müssen.

Die Regulierungsbehörden in der EU sollen Zugang zu diesen Registern haben und daher besser überblicken können, wer welche Forderungen an wen hat, um potenzielle Probleme, wie etwa die Akkumulation von Risiken, frühzeitig erkennen zu können. Vorerst soll die neu eingerichtete Europäische Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde (ESMA) für die Beaufsichtigung der Transaktionsregister sowie für deren Eintragung und Löschung zuständig sein. Außerdem sollen die Transaktionsregister verpflichtet werden aggregierte Positionen nach Derivateklassen zu veröffentlichen, um allen Marktteilnehmern ein klareres Bild des OTC-Derivatemarkts zu vermitteln.

Mehr Sicherheit durch Verringerung der Kontrahentenrisiken

Das Gegenparteiausfallrisiko – also das mit dem Ausbleiben fälliger Zahlungen einer Vertragspartei verbundene Verlustrisiko – werde auf dem OTC-Derivatemarkt derzeit von den Marktteilnehmern nicht ausreichend abgefedert. Nach dem Vorschlag der Kommission sollen standardisierte OTC-Derivate (d. h. Derivate, die bestimmten Qualifikationskriterien, wie beispielsweise einem hohen Maß an Liquidität, genügen) durch zentrale Gegenparteien (CCPs) abgewickelt („gecleart“) werden müssen. Zentrale Gegenparteien sind Stellen, die zwischen die Kontrahenten einer Transaktion treten und somit als Käufer für jeden Verkäufer bzw. als Verkäufer für jeden Käufer fungieren. So soll verhindert werden, dass ein Marktteilnehmer im Falle des Zusammenbruchs die anderen Marktteilnehmer mitreißt und damit das gesamte Finanzsystem gefährdet. Falls ein Kontrakt nicht für das zentrale Clearing in Frage kommt und daher nicht durch eine CCP abgewickelt wird, seien andere verbindliche Risikomanagementtechniken vorgesehen (beispielsweise sei dann eine höhere Eigenkapitalausstattung vorgeschrieben). Da die CCPs zusätzliche Risiken eingehen müssten, sollen sie zur Gewährleistung ihrer Sicherheit strengen Wohlverhaltensregeln sowie harmonisierten organisatorischen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen unterworfen werden, z. B. Regeln der internen Governance, Audits und höheren Eigenkapitalanforderungen.

Mehr Sicherheit durch Verringerung der betrieblichen Risiken

Der OTC-Derivatemarkt ermögliche bei der Festlegung der wirtschaftlichen und rechtlichen Bedingungen von Kontrakten ein hohes Maß an Flexibilität. Daher bestehe am Markt eine Anzahl kundenspezifischer und komplexer Kontrakte, die auf vielen Stufen der Verarbeitung manuelle Eingriffe in erheblichem Umfang erforderten. Dies erhöhe das operationelle Risiko, d. h. das beispielsweise auf menschliches Versagen zurückgehende Verlustrisiko. Nach dem Vorschlag der Kommission sollen die Marktteilnehmer dazu verpflichtet werden, dieses Risiko zu ermitteln, zu beobachten und zu vermindern, indem sie z. B. elektronische Mittel zur Bestätigung der Konditionen von OTC-Derivatekontrakten einsetzen.

Anwendungsbereich

Die vorgeschlagene Verordnung soll für alle Arten von OTC-Derivatekontrakten gelten. Sie gelte sowohl für Finanzinstitute, die OTC-Derivate nutzen, als auch für Unternehmen außerhalb des Finanzsektors, die große Positionen in OTC-Derivaten halten. Sie gelte ferner für CCPs und Transaktionsregister. Allerdings seien Nichtfinanzinstitute (wie Hersteller), die über OTC-Derivate die aus ihrem Kerngeschäft erwachsenden Risiken mindern (indem sie sich z. B. gegenüber Devisenkursschwankungen absichern), von der Pflicht zur Abwicklung über zentrale Kontrahenten ausgenommen.

Definition Derivat

Ein Derivat ist ein Kontrakt zwischen zwei Parteien, der an den künftigen Wert oder Status eines Basiswerts geknüpft ist (wie die Entwicklung eines Zinssatzes oder den Wert einer Währung oder den möglichen Konkurs eines Schuldners). Ein OTC-Derivat ist ein Derivat, das nicht an einer Börse gehandelt wird, sondern Gegenstand privater Verhandlung zwischen zwei Parteien ist.

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