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Ziel des Gesetzes

1. Ziel des Bundesentwurfs 
«Fordern und Fördern»
Der vom Bundesjustizministerium auf der Basis der Fachdiskussionen der vergangenen Jahren ausformulierte Gesetzentwurf enthält als Leitgedanken das Prinzip «Fordern und Fördern». Danach soll eine Veränderung bei den jungen Strafgefangenen durch eine umfassende und intensive Auseinandersetzung mit ihrem eigenen sozialschädlichen Verhalten, mit der Straftat selber und den Konflikten, aus denen heraus die Tat begangen wurde oder mögliche neue Taten begangen werden könnten, aber auch durch im Vollzug bereitgestellte Förderangebote erreicht werden. Den mit der Durchführung des Vollzugs betrauten Jugendstrafanstalten soll ein Handlungsspielraum bleiben, um die vorgegebene Rahmenkonzeption umzusetzen.
Gesetzentwurf stellt auf aktive Mitarbeit ab
Der Entwurf geht von einer umfassenden aktiven Mitarbeit der Gefangenen aus. Sie müssen Vollzugsangebote annehmen, sich für bestimmte Fördermaßnahmen entscheiden und an den im Förderplan festgeschriebenen Fördermaßnahmen teilnehmen. Es gibt einen Grundkatalog von Pflichten. Dazu zählt beispielsweise, dass die Gefangenen ihre Hafträume und die ihnen überlassenen Sachen in Ordnung halten und nur Sachen in Gewahrsam haben, die ihnen von der Vollzugsbehörde oder mit ihrer Zustimmung überlassen werden. Den Vollzugsbehörden werden die notwendigen Befugnisse übertragen, um diese Pflichten durchzusetzen. Sie können den Gefangenen Vorgaben machen zur Tageseinteilung in der Anstalt und weitere Pflichten per Hausordnung oder durch Einzelweisung festlegen.
Qualitative Standards werden Gesetz
Um bestmögliche Rahmenbedingungen für ein künftig straffreies Leben der jungen Straftäter zu schaffen, sieht der Vorschlag des BMJ ausdrücklich qualitative Mindeststandards vor. Dazu gehört die Ausgestaltung des Vollzugs mit jugendspezifischen Inhalten, wie dem Vorrang von schulischer Bildung, beruflicher Qualifikation und arbeitspädagogischer Angebote vor der Zuweisung von Arbeit. Schul- und Ausbildungsplätze sollen für mindestens zwei Drittel der Haftplätze bereit gestellt werden, vier Stunden Besuch im Monat, die Einzelunterbringung bei Nacht und eine angemessene Ausstattung mit pädagogisch qualifiziertem Personal sowie Fortbildung und Supervision werden gesetzlich angeordnet. Vorgesehen ist auch eine Nachsorge durch die Bewährungshilfe, die bereits während des Vollzugs bestellt wird und die Möglichkeit der Gewährung von Langzeiturlaub zur Vorbereitung der Entlassung.
Neue Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen im Vollzug
Auch der Rechtsweg gegen Maßnahmen der Anstaltsleitung soll entsprechend den Vorgaben des BVerfG neu geregelt werden. Bislang mussten Rechtsbeschwerden der Gefangenen schriftlich bei den Oberlandesgerichten eingereicht werden. In Zukunft können sich die Häftlinge zunächst mit Beschwerden an den Anstaltsleiter wenden. Kommt es nicht zu einer Klärung, entscheidet die Jugendkammer, in deren Bezirk die Jugendhaftanstalt liegt und die mit Richtern besetzt ist, die in der Jugenderziehung erfahren sind.

 

2. Ziel des bayerischen Entwurfs
Zentraler Pfeiler im Jugendstrafvollzug soll nach dem bayerischen Gesetzentwurf eine Verstärkung der therapeutischen Bemühungen bei sog. Intensivtätern sein, von welchen die größte Gefahr nach der Entlassung ausgehe.Daher soll weiterhin im Jugendstrfvollzug Präventionsarbeit geleistet die Sozialtherapie im Jugendstrafvollzug gesetzlich verankert werden."
Weitere gesetzliche Eckpunkte für den Jugendstrafvollzug werden sein:
- Neben der Erziehung des Gefangenen soll auch der Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten als Aufgabe festgeschrieben werden. Am bewährten Erziehungsgedanken wird festgehalten.
- Pflicht des Gefangenen zur Mitwirkung an der Erreichung des Vollzugsziels und zur Schadenswiedergutmachung.
- Verlängerung der Mindestbesuchszeit von 1 Std. auf 2 Std. im Monat.
- Institutionalisierung der ehrenamtlichen Betreuung.
- Vorrang der Ausbildung

 

3. Ziel des baden-württembergischen Entwurfs
Über den Konsens mit Bayern hinaus setzt Baden-Württemberg zudem eigene Schwerpunkte. Parallel zur Arbeit am Jugendstrafvollzugsgesetz sollen in der Praxis Modellprojekte initiiert und fortgeführt werden. So brachte der baden-württembergische Justizminister das bundesweit einmalige «Projekt Chance» auf den Weg. Diese moderne Form des Jugendstrafvollzugs außerhalb der klassischen Gefängnismauern ist eingebettet in ein strenges Erziehungsprogramm. Die bisherigen Erfahrungen in den Einrichtungen Creglingen und Leonberg seien viel versprechend und zeigten, dass es sich lohne, in geeigneten Fällen Alternativen zu versuchen. Außerdem sollen Langzeitbesuche von Kindern für junge Eltern im Gefängnis möglich sein. Durch eine spezielle Nachsorge von jungen Gefangenen soll ihnen nach der Haft dabei geholfen werden, in der Gesellschaft wieder Fuß zu fassen.
Weiterhin liege ein zentrales Problem im Jugendstrafvollzug darin, dass Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren in der Regel nicht nach Erwachsenenstrafrecht behandelt werden könnten. Das Problem könne auf Vollzugsebene so gelöst werden, dass man diese jungen Erwachsenen in einen dritten Typ von Anstalt, einer so genannten «Jungtäteranstalt», unterbringt. Eine solche Dreiteilung des Vollzugs sei kriminologisch und kriminalpolitisch wünschenswert. 

 

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