Neue Europäischen Finanzaufsicht
Vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzkrise, wurde, wie es in der Begründung zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die gemeinschaftliche Finanzaufsicht auf Makroebene und zur Einsetzung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken hießt, eine hochrangige Expertengruppe unter dem Vorsitz des ehemaligen geschäftsführenden Direktors des Internationalen Währungsfonds (IWF) Jacques de Larosière von der Europäischen Kommission beauftragt, Empfehlungen auszuarbeiten, wie ein effizienterer, integrierter und nachhaltiger Aufsichtsrahmen geschaffen werden könne.
Die wichtigsten Empfehlungen der Larosière-Gruppe zielen auf Folgendes ab:
- Einsetzung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (European Systemic Risk Board - ESRB), der für die Makroaufsicht über das Finanzsystem innerhalb der Gemeinschaft zuständig wäre, damit Systemrisiken abgewendet oder eingedämmt, Phasen weit verbreiteter finanzieller Notlagen vermieden und ein reibungsloses Funktionieren des Binnenmarkts sowie ein nachhaltiger Beitrag des Finanzsektors zum Wirtschaftswachstum sichergestellt werden können
- Einrichtung eines Europäischen Finanzaufsichtssystems (European System of Financial Supervisors - ESFS), in dem die nationalen Finanzaufsichtsbehörden im Netzverbund mit neuen Europäischen Finanzaufsichtsbehörden (European Supervisory Authorities - ESAs) zusammenarbeiten sollen, welche aus der Umwandlung der bestehenden europäischen Aufsichtsausschüsse in eine Europäische Bankaufsichtsbehörde (European Banking Authority - EBA), eine Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority - ESMA) und eine Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (European Insurance and Occupational Pensions Authority - EIOPA) hervorgehen sollen
Ziele des Europäischen Ausschusses für Finanzrisiken (ESRB)
Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken hat drei Ziele:
- Er soll eine europäische, auf die Makroebene gerichtete Aufsichtsperspektive entwickeln, um dem Problem einer fragmentierten individuellen Risikoanalyse auf nationaler Ebene entgegenzuwirken.
- Er soll die Wirksamkeit von Frühwarnmechanismen erhöhen, indem er das Zusammenspiel von mikro- und makroprudenzieller Analyse verbessert. Die Solidität einzelner Firmen sei zu oft isoliert überwacht worden, ohne den Grad der Interdependenz innerhalb des Finanzsystems zu berücksichtigen.
- Er soll dafür sorgen, dass Risikoeinschätzungen in konkrete Maßnahmen der entsprechenden Behörden umgesetzt werden.
Aufgaben und Befugnisse des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB)
Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken werde nicht befugt sein, den Mitgliedstaaten oder nationalen Behörden Maßnahmen verbindlich vorzuschreiben. Vielmehr sollen sein «Ruf» und seine hochrangige Zusammensetzung dafür sorgen, dass sich politische Entscheidungsträger und Aufsichtsbehörden seiner moralischen Autorität beugen. Zu diesem Zweck werde er nicht nur hochqualitative Bewertungen der makroprudenziellen Lage abgeben, sondern gegebenenfalls auch Risikowarnungen und Empfehlungen aussprechen, die auf potenzielle, das Systemrisiko wahrscheinlich erhöhende Ungleichgewichte im Finanzsystem hinweisen und geeignete Abhilfemaßnahmen enthalten sollen. Das Tätigkeitsfeld des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken werde umfassend sein und sich nicht auf bestimmte Unternehmensarten oder Märkte beschränken. Die Warnungen und Empfehlungen sollen sich auf alle Aspekte des Finanzsystems erstrecken können, aus denen ein Systemrisiko erwachsen kann. In Fragen der Systemaufsicht soll der ESRB auch mit den einschlägigen internationalen Finanzinstitutionen (IWF, FSB) und mit Stellen von Drittländern zusammenarbeiten. Da sich dieser Vorschlag auf Artikel 95 EG-Vertrag stütze, sei er auch für den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) von Belang. Die Modalitäten der Zusammenarbeit zwischen den am EWR teilnehmenden EFTA-Staaten und dem ESRB sollen im gemeinsamen EWR-Ausschuss erörtert werden.