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Ziel des Gesetzes

Das Bundeskabinett hat am 09.05.2007 eine grundlegende Reform familienrechtlicher Verfahren beschlossen. Das familiengerichtliche Verfahren und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sollen künftig vom Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) geregelt werden. Die Gerichtskosten dieser Verfahren sollen sich nach dem neuen Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen (FamGKG) bestimmen.

 

 

I. Reform des familiengerichtlichen Verfahrens
Das gerichtliche Verfahren in Familiensachen wird nach Angaben des Bundesjustizministeriums erstmals in einer einzigen Verfahrensordnung zusammengefasst und inhaltlich vollständig neu geregelt. Es sind u. a. folgende Änderungen vorgesehen:

 

Ausgestaltung des Verfahrens
Dringliche Kindschaftssachen, insbesondere Streitigkeiten über das Umgangsrecht sollen künftig vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden müssen. Beiden Elternteilen soll der Umgang mit dem Kind auch während eines anhängigen Verfahrens möglich sein, damit die Beziehung nicht leidet. Die Verfahrensdauer in umgangsrechtlichen Verfahren soll verkürzt werden. Einvernehmliche Lösungen der Eltern sollen gefördert und auf eine klare Rechtsgrundlage gestellt werden.
Die Verfahren sollen zeitnah verhandelt werden. Das Gericht soll den Fall spätestens einen Monat nach Eingang des Antrags mit allen Beteiligten erörtern. Erste Priorität soll die einvernehmliche Lösung des Konflikts haben. Gelingt dies nicht, soll das Gericht über eine einstweilige Anordnung nachdenken müssen. Gerade in Fragen des Umgangsrechtes muss laut Justizministerium schnell entschieden werden, damit der Kontakt zwischen Kind und nicht betreuendem Elternteil aufrechterhalten wird und die Beziehung keinen Schaden nimmt.

 

Frühe Beteiligung des Gerichts
In Fällen von Kindeswohlgefährdung soll das Gericht früher als bisher eingeschaltet werden können. Es soll mit den Eltern ein sogenanntes „Hilfegespräch“ führen können, um zu klären, wie die Familie unterstützt werden kann. Auch diese Fälle sollen im Interesse der Kinder vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden müssen.

 

Verfahrensbeistand für betroffenes Kind
Die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte des betroffenen Kindes sollen verstärkt werden. In schwierigen Fällen soll das Kind künftig von einem Verfahrensbeistand unterstützt werden. Dessen Aufgabe ist esnach Ministeriumsangaben, im gerichtlichen Verfahren die Interessen des Kindes zu vertreten und das Kind über den Ablauf des Verfahrens und die Möglichkeiten der Einflussnahme zu informieren. Im Gegensatz zum bisherigen Verfahrenspfleger soll der Verfahrensbeistand eine aktive Rolle in dem Konflikt übernehmen und zu einer einvernehmlichen Umgangsregelung – etwa durch Gespräche mit den Eltern – beitragen können.

 

Beteiligung von Pflegepersonen
Die Beteiligung von Pflegepersonen am Verfahren soll erweitert werden. Pflegepersonen - z.B. Pflegeeltern - sollen künftig in allen Verfahren, die das Kind betreffen, hinzugezogen werden können, wenn das Kind seit längerer Zeit bei ihnen lebt.

 

Vollstreckung von Sorge- und Umgangsentscheidungen
Die Vollstreckung von Sorge- und Umgangsentscheidungen soll schneller und effektiver werden. Bei Verstößen gegen Sorge- und Umgangsentscheidungen sollen nicht mehr Zwangsmittel, sondern Ordnungsmittel verhängt werden. Diese können – anders als Zwangsmittel – auch noch nach Ablauf der Verpflichtung wegen Zeitablaufs festgesetzt und vollstreckt werden.

 

Umgangspfleger
Künftig soll es möglich sein, einen Umgangspfleger zu bestellen. Dieser soll bei schwierigen Konflikten über den Umgang sicherstellen, dass der Kontakt des Kindes zu dem Umgangsberechtigten nicht abbricht.

 

Großes Familiengericht
Mit dem Großen Familiengericht soll die sachliche Zuständigkeit der Familiengerichte erweitert werden. Damit können laut Bundesjustizministerium künftig alle Streitigkeiten, die Ehe und Familie betreffen, von einem Gericht entschieden werden. Zu den Familiensachen gehören Ehesachen, Kindschaftssachen, Abstammungssachen, Adoptionssachen, Wohnungszuweisungs- und Hausratssachen, Gewaltschutzsachen, Versorgungsausgleichssachen, Unterhaltssachen, Güterrechtssachen und Lebenspartnerschaftssachen.
Derzeit sind die Familiengerichte zwar für Scheidungsverfahren, Unterhaltsfragen und Streitigkeiten aus ehelichem Güterrecht zuständig. Zahlreiche vermögensrechtliche Streitigkeiten, die für die Unterhaltspflicht oder den Zugewinnausgleich bedeutsam sind, fallen aber in die Zuständigkeit der Amts- und Landgerichte.

 

 

II. Reform der freiwilligen Gerichtsbarkeit
Das geltende Verfahrensgesetz (FGG) für die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Betreuungs-, Unterbringungs-, Nachlass- und Registersachen) stammt aus dem Jahre 1898 und wurde vielfach geändert. Dieses Gesetz wird nach Angaben des Justizministeriums durch eine vollständige, moderne Verfahrensordnung mit verständlichen, überschaubaren und – soweit möglich - einheitlichen Strukturen für die verschiedenen Materien ersetzt.
Die neue Verfahrensordnung soll erstmals umfassend die Verfahrensrechte und die Mitwirkungspflichten der Beteiligten definieren und ihren Anspruch auf rechtliches Gehör sichern.
Das zersplitterte Rechtsmittelsystem der freiwilligen Gerichtsbarkeit soll neu strukturiert und effizienter gestaltet werden. Um zügig Rechtssicherheit zu erhalten, soll die Beschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen künftig generell befristet werden. Die bisherige weitere Beschwerde zum Oberlandesgericht soll durch die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ersetzt werden, die zuzulassen ist, wenn eine Entscheidung geboten ist, um das Recht zu vereinheitlichen oder fortzubilden. Den Beteiligten soll damit in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit erstmals der unmittelbare Zugang zum Bundesgerichtshof eröffnet werden. Dieser kann dadurch laut Justizministerium viel stärker als bisher die Materien der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch Leitentscheidungen prägen und fortentwickeln, was mehr Rechtssicherheit für jeden Einzelnen bringt.

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