beck-aktuell_Gesetzgebung_Logo_Welle_trans
aktuell_gesetzgebung

Ziel des Gesetzes

Regierungsentwurf zur Reform des Insolvenzrechts

Mit dem vom Bundeskabinett beschlossenen Regierungsentwurf zur Reform des Insolvenzrechts sollen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Sanierung notleidender Unternehmen verbessert werden, teilt das Bundesjustizministerium mit.

Erfolgreichen Sanierungen stehe in Deutschland immer noch das Stigma der Insolvenz entgegen. Mit dem Gesetzentwurf solle ein Mentalitätswechsel für eine andere Insolvenzkultur eingeleitet werden, so das Ministerium. Durch die Reformen soll das Recht stärker auf die Sanierung überlebensfähiger Unternehmen ausgerichtet werden, damit das Insolvenzverfahren künftig stärker als bisher als echte „Chance zur Sanierung“ verstanden werde.

Erleichterung der Sanierung von Unternehmen

Der Gesetzentwurf soll der Erleichterung der Sanierung von Unternehmen durch einen stärkeren Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzverwalters, durch Ausbau und Straffung des Insolvenzplanverfahrens, durch die Vereinfachung des Zugangs zur Eigenverwaltung und durch eine größere Konzentration der Zuständigkeit der Insolvenzgerichte dienen. Außerdem soll die Position von Clearinghäusern gestärkt werden, die bei Finanztransaktionen mit dem Ziel einer effizienten Abwicklung und Risikominimierung als zentraler Vertragspartner zwischen Käufern und Verkäufern geschaltet werden. Im Interesse der Stabilität der Märkte sei sicherzustellen, dass Finanzgeschäfte, die mit einer Vielzahl von Beteiligten über eine zentrale Vertragspartei abgewickelt werden, trotz der Insolvenz eines Teilnehmers geordnet zu Ende gebracht werden.

Zusammenfassung mehrerer Reformvorhaben

In dem Gesetzentwurf zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) sind mehrere Reformvorhaben zum Insolvenzrecht zusammengefasst. Die Fortführung von sanierungsfähigen Unternehmen soll erleichtert und damit der Erhalt von Arbeitsplätzen ermöglicht werden. Gleichzeitig werde daran festgehalten, dass die Befriedigung der Gläubiger weiter das eigentliche Anliegen des Insolvenzverfahrens bleibt. In Zukunft soll das Insolvenzverfahren für alle Beteiligten effektiver und planbarer ausgestaltet werden.

Stärkung der Gläubigerautonomie

Die Gläubigerautonomie soll insgesamt gestärkt werden. Deshalb soll die Möglichkeit geschaffen werden, bereits im Eröffnungsverfahren einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen, der bei bestimmten Unternehmen ein wichtiges Mitspracherecht bei der Auswahl des Insolvenzverwalters und der Anordnung der Eigenverwaltung haben soll.

Das Institut der Eigenverwaltung soll durch Umkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses bei den Verfahrensvoraussetzungen hervorgehoben werden: Das Gericht werde dadurch gezwungen, sich ernsthafter als bisher mit den Möglichkeiten der Eigenverwaltung auseinanderzusetzen. Befürworte der Gläubigerausschuss sie einhellig, soll das Gericht daran gebunden sein.

Auch bei der Auswahl und Bestellung des Insolvenzverwalters, die gemeinhin als Schicksalsfrage des Verfahrens bezeichnet wird, soll dieser vorläufige Gläubigerausschuss eingebunden werden. Die Beteiligung der Gläubiger werde aber nicht nur zeitlich vor verlagert. Vorgaben des Ausschusses zur Person des Verwalters – seine Eignung und Unabhängigkeit vorausgesetzt – sollen für den Richter unter bestimmten Umständen bindend sein. Künftig soll das Gericht in Insolvenzverfahren über Unternehmen, deren Betrieb noch nicht eingestellt ist und die eine bestimmte Unternehmensgröße und damit eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung haben verpflichtet werden, einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzuberufen. Besteht ein solcher vorläufiger Gläubigerausschuss und einigen sich alle Mitglieder auf einen Verwalter, soll das Gericht hieran gebunden sein.

„Schutzschirmverfahren“ für Schuldner

Ein Schuldner soll zukünftig bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder bei Überschuldung die Möglichkeit erhalten, innerhalb von drei Monaten in einer Art „Schutzschirmverfahren“ unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters und frei von Vollstreckungsmaßnahmen in Eigenverwaltung einen Sanierungsplan auszuarbeiten, der anschließend als Insolvenzplan umgesetzt werden kann. Das Gericht soll nicht nur regelmäßig den vom Schuldner Vorgeschlagenen als vorläufigen Sachwalter einsetzen, auf Antrag soll das Gericht dazu auch verpflichtet sein, Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner zu untersagen oder einstweilen einzustellen. Zudem dürfe es im Schutzschirmverfahren weder einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen noch dem Schuldner die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen entziehen.

Ausbau des Planverfahrens

Darüber hinaus soll das Instrument des Planverfahrens ausgebaut werden. Der Entwurf ziele durch eine moderate Beschränkung der Rechtsmittel gegen die Planbestätigung darauf, dass einzelne Gläubiger nicht mehr in missbräuchlicher Weise das Wirksamwerden des Plans verhindern können.

Im Rahmen des Planverfahrens sollen künftig als Sanierungsinstrument auch Forderungen von Gläubigern in Gesellschaftsanteile umgewandelt werden können („dept-equity-swap). Die Einbindung dieses gesellschaftsrechtlichen Instruments in die Insolvenzordnung verbessere die Sanierungschancen, da Widerstände von Altgesellschaftern überwunden werden können.

Um zu vermeiden, dass Forderungen, die im Insolvenzverfahren nicht angemeldet wurden und erst nach Abschluss des Planverfahrens geltend gemacht werden, die Finanzplanung nachträglich stören, soll der Schuldner künftig die Möglichkeit haben, bei Vollstreckungsversuchen nach der Verfahrensaufhebung Vollstreckungsschutz durch das Insolvenzgericht zu erhalten, wenn die geltend gemachte Forderung die Durchführung des Insolvenzplans gefährden würde. Zudem sollen die Verjährungsfristen für verspätete Forderungen verkürzt werden: Ansprüche, die nicht bis zum Abstimmungstermin angemeldet worden sind und mit denen deshalb nicht zu rechnen war, verjähren künftig in einem Jahr.

Stärkung von Clearinghäusern

Mit dem Gesetzesvorschlag soll außerdem die Position von Clearinghäusern gestärkt werden, indem im Interesse der Stabilität der Märkte sichergestellt wird, dass Finanztransaktionen auch bei Insolvenz eines Teilnehmers geordnet zu Ende gebracht werden können.

Konzentration der gerichtlichen Zuständigkeiten

Die Reform sieht weiterhin eine zwingende Konzentration der gerichtlichen Zuständigkeiten für Insolvenzen auf maximal ein Insolvenzgericht pro Landgerichtsbezirk vor, dies gelte zukünftig sowohl für Unternehmens- als auch für Verbraucherinsolvenz- und sonstige Kleinverfahren.

Neuordnung des Rechts der Insolvenzstatistik

Schließlich soll das Recht der Insolvenzstatistik neu geordnet werden, damit in Zukunft belastbare Angaben über die finanziellen Ergebnisse und den Ausgang von Insolvenzverfahren vorliegen.

Diese Meldung teilen:

Anzeigen

Neuerscheinungen bei C.H.BECK

Teilen:

Menü