Ziel der geplanten Erbrechtsverordnung
Mit dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses werde ein dreifaches Ziel verfolgt, teilt die Europäische Union in einer Pressemitteilung mit:
- Gewähr für berechenbare und kohärente Vorschriften und damit mehr Rechtssicherheit
- mehr Spielraum für die Betroffenen bei der Wahl des auf ihren Nachlass anzuwendenden Rechts
- Wahrung der Rechte von Erben und/oder Vermächtnisnehmern, aber auch von sonstigen Beteiligten (beispielsweise Gläubigern)
Die Verordnung lässt das materielle Erbrecht der Mitgliedstaaten unberührt. Fragen wie „Wer ist erbberechtigt“ oder „Welcher Anteil entfällt auf meine Kinder und welcher auf meinen Ehegatten“ sollen weiterhin vom jeweiligen nationalen Erbrecht beantwortet werden. Auch in das Güter- und das Familienrecht der Mitgliedstaaten soll nicht eingegriffen werden. Die Verordnung ändere ebenfalls nichts an den auf den Nachlass anwendbaren Steuervorschriften, die nach wie vor einzelstaatlichem Recht unterliegen.
Inhalt des Vorschlags
Nach dem Verordnungsvorschlag soll, soweit nichts Anderes bestimmt ist, für die Zuständigkeit einer Behörde und das anzuwendende Recht in einer grenzübergreifenden Erbsache ein einziges Kriterium maßgebend sein, nämlich der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers. Wer im Ausland wohnhaft ist, könne jedoch beschließen, dass auf seinen gesamten Nachlass das Recht seiner Staatsangehörigkeit anwendbar ist. Sämtliche Bestandteile des Nachlasses würden somit ein und demselben Recht unterliegen. Dadurch verringere sich das Risiko, dass die Mitgliedstaaten einander widersprechende Entscheidungen fällen. Ein einziges Gericht soll auch für die Abwicklung des Nachlasses zuständig sein, nämlich dasjenige am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers, es sei denn, dieses verweist die Sache an das Gericht des Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser besitzt, wenn dieses Gericht die Sache besser beurteilen kann. Entscheidungen und Urkunden in einer Erbsache sollen gegenseitig uneingeschränkt anerkannt werden.
Außerdem soll ein europäisches Nachlasszeugnis eingeführt werden, mit dessen Hilfe jemand ohne weitere Formalitäten seine Eigenschaft als Erbe oder Nachlassverwalter bzw. Testamentsvollstrecker nachweisen kann.