I. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur verbesserten steuerlichen Berücksichtigung von Vorsorgeaufwendungen
Mit dem Bürgerentlastungsgesetz sollen nach Angaben des Bundesfinanzministeriums ab 01.01.2010 Beiträge für eine Kranken- und Pflegeversicherung deutlich besser steuerlich geltend gemacht werden können als bisher.
Alle Aufwendungen für eine Kranken- und gesetzliche Pflegeversicherung auf sozialhilferechtlich gewährleistetem Leistungsniveau sollen vollständig als Sonderausgaben steuerlich berücksichtigt werden. Damit trage das geplante Gesetz dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 13.02. 2008 Rechnung. Darin hatte das Gericht entschieden, dass Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung nicht im ausreichenden Umfang steuerlich berücksichtigt werden.
Um die soziale Balance zu wahren und eine Ungleichbehandlung zu vermeiden, sieht der Gesetzentwurf der Bundesregierung, wie das Finanzministerium mitteilt, jedoch vor, privat als auch gesetzlich Versicherte gleichermaßen zu entlasten. Beiträge zur Krankenversicherung für Ehepartner, eingetragene Lebenspartner und Kinder sollen ebenfalls von der Steuerbefreiung erfasst sein.
Im Einzelnen sind folgende Neuregelungen geplant:
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Der heutige Sonderausgabenabzug für alle sonstigen Vorsorgeaufwendungen, die neben Aufwendungen für die Altersvorsorge abziehbar sind, soll in einen Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge (Basisabsicherungsniveau) und Beiträge für eine gesetzliche Pflegeversicherung (soziale Pflegeversicherung und private Pflege-Pflichtversicherung) umgestaltet werden.
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Beiträge der steuerpflichtigen Person zugunsten einer Krankenversicherung für sich, ihren Ehegatten, ihren Lebenspartner im Sinne des
§ 1 Absatz 1 des Lebenspartnerschaftsgesetzes und für jedes Kind, für das ein Anspruch auf einen Freibetrag nach
§ 32 Absatz 6
EStG oder auf Kindergeld besteht, werden in diesem Rahmen in Höhe des existenznotwendigen Versorgungsniveaus als Sonderausgaben berücksichtigt. Insbesondere sind Prämien des am 01.01.2009 eingeführten Basistarifs der privaten Krankenversicherung in vollem Umfang Sonderausgaben, soweit darin kein Krankengeld enthalten ist.
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Beiträge für eine gesetzliche Pflegeversicherung (soziale Pflegeversicherung und private Pflege-Pflichtversicherung) sind in voller Höhe als Sonderausgaben abziehbar.
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Zur Vermeidung von Schlechterstellungen soll im Rahmen einer Günstigerprüfung zum alten Recht stets der höhere Abzugsbetrag berücksichtigt werden.
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Die als Sonderausgaben abziehbaren Beiträge werden bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt – bei gesetzlich versicherten Arbeitnehmern in pauschalierter Form.
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Die vom Unterhaltsverpflichteten tatsächlich geleisteten Beträge für die Kranken- und Pflegepflichtversicherung des Unterhaltsberechtigten werden im Rahmen des sog. begrenzten Realsplittings nach
§ 10 Absatz 1 Nummer 1
EStG sowie nach
§ 33a Absatz 1 Satz 1
EStG – soweit sie für die Erlangung eines sozialhilfegleichen Versorgungsniveaus erforderlich sind – durch entsprechende Erhöhung der jeweiligen Höchstbeträge berücksichtigt.
II. Änderungsvorschläge in der Stellungnahme des Bundesrats zum Bürgerentlastungsgesetz
Ãnderungen am Bürgerentlastungsgesetz
Die geplanten steuerlichen Entlastungen der Bürger bei den Krankenversicherungsbeiträgen werden vom Bundesrat grundsätzlich begrüßt. In seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung fordert er jedoch, dass das neue Konzept Bürger mit einem niedrigen und mittleren Einkommen nicht schlechter stellen dürfe.
Außerdem verlangt er die Gleichbehandlung aller Eltern bei den steuerlichen Vergünstigungen. Diejenigen, die kraft Unterhaltsverpflichtung auch Vorsorgeaufwendungen bezahlen, müssten den erweiterten Abzug ebenfalls geltend machen können. Korrekturbedarf bestehe auch an den nicht abziehbaren Beiträgen zur privaten Krankenversicherung. Sicherzustellen sei, dass bei Durchführung des Lohnsteuerabzugs auch der Datenschutz Privatversicherter gewahrt wird. Für unpraktikabel hält der Bundesrat allerdings, dass der Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbeiträge mit der Einwilligung zur Datenübermittlung verknüpft werden soll. So könne der Abzug ungewollt scheitern, nur weil aus irgendeinem Grund die Einwilligung fehle.
Weitere steuerliche Änderungsvorschläge
Über diese Korrekturen hinaus machen die Länder weitere steuerrechtliche Änderungen geltend. So fordern sie mit Blick auf die jüngst beschlossene Erhöhung des Grundfreibetrages bei der Einkommenssteuer, die Steuerfreiheit des Existenzminimums auch in anderen Bereichen anzuheben. Da das Existenzminimum grundsätzlich gleich hoch sei, müsse es steuerlich einheitlich behandelt werden. Auch die Riester-Rente sei in Fragen der Gleichbehandlung ihrer Sparer noch verbesserungswürdig. Außerdem schlagen die Länder eine Regelung zur Verbreitung privater Altersvorsorge vor. Deutlich setzen sie sich für die Wiedereinführung des 2005 abgeschafften Sonderausgabenabzugs für private Steuerberatungskosten ein. Das Ziel der Steuervereinfachung sei nicht erreicht worden. Tatsächlich habe sich der Verwaltungsaufwand noch erhöht. Zudem sei nicht geklärt, ob das derzeit geltende Abzugsverbot verfassungsrechtlich zulässig sei.
Angesichts der anhaltenden Wirtschafts- und Finanzkrise möchte der Bundesrat über das laufende Gesetzgebungsverfahren erreichen, dass in das Körperschaftssteuergesetz eine echte Sanierungsklausel aufgenommen wird. Diese soll sicherstellen, dass die Verlustvorträge bei allen krisenbedingten Sanierungsfällen erhalten bleiben. Zur Begründung seiner Forderung verweist der Bundesrat darauf, dass sich hierdurch die Suche nach sanierungswilligen Investoren und die Sanierungsbemühungen selbst leichter würden.
III. Änderungen am Entwurf eines Bürgerentlasungsgesetzes durch den Finanzausschuss des Bundestags am 27.05.2009
Steuerliche Absetzbarkeit von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen auch über Grundversorgung hinaus
Nach dem Regierungsentwurf eines Bürgerentlasungsgesetzes werden die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 2010 voll steuerlich absetzbar, soweit sie dazu dienen, ein «sozialhilferechtlich gewährleistetes Leistungsniveau» zu sichern, teilt die Pressestelle des Bundestags mit. Das bedeute, dass Beitragsanteile, die über eine Grundversorgung hinausgehen, etwa Beiträge für ein Einzelzimmer im Krankenhaus oder für Chefarztbehandlung, nicht berücksichtigt werden sollten. Per Änderungsantrag setzte die Koalition nach Angaben des Bundestags im Ausschuss durch, dass auch solche Beitragsanteile oder auch Beiträge für private Pflegeversicherungen absetzbar werden, soweit sie zusammen mit den anderen Krankenversicherungs- und Pflegebeiträgen die Summe von 1.900 Euro für Arbeitnehmer und 2.800 Euro für Selbstständige pro Jahr nicht überschreiten. Diese Veränderung soll besonders Arbeitnehmern mit niedrigen Einkommen zugute kommen. Bisher waren Versicherungsbeiträge bis zu einer Höhe von 1.500 Euro (Selbstständige: 2.400 Euro) als Sonderausgaben abzugsfähig. Auch die Vorsorgepauschale bei der Lohnsteuer werde erhöht, damit sich die erhöhte Absetzbarkeit bei den Arbeitnehmern sofort auf dem Lohnstreifen bemerkbar macht.
Entlastung für Familien mit Kindern
Volljährige Kinder sollen in Zukunft mehr verdienen können, ohne dass die Eltern den Kindergeldanspruch verlieren. Der Betrag steige von 7.680 auf 8.004 Euro. Die Auszahlung der neuen Leistung für Schulbedarf von Kindern aus Haushalten, die Hilfe zum Lebensunterhalt benötigen, soll ausgeweitet werden. Den bisher auf Schüler bis zur 10. Klasse beschränkten Jahresbetrag von 100 Euro gebe es künftig auch für Schüler der Jahrgangsstufen 11 bis 13.
Erhöhung der Freigrenze bei der Zinsschranke
Ein wichtiger Punkt der steuerlichen Entlastung der Unternehmen sei die von der Koalition per Änderungsantrag durchgesetzte Veränderung der Zinsschranke. Ziel dieser Schranke ist es, durch eine Beschränkung des Betriebskostenabzugs von Zinsen steuerschädliche Gestaltungen von Unternehmen zu verhindern. Durch Fremdfinanzierungen könnte sonst der in Deutschland steuerpflichtige Gewinn reduziert werden. Die zur Schonung kleinerer Unternehmen eingeführte Freigrenze bei der Schranke soll von einer auf drei Millionen Euro erhöht werden, gelte aber nur für Wirtschaftsjahre, die nach dem 25. Mai 2007 beginnen und vor dem 1. Januar 2010 enden. Die bei der Umsatzsteuer für kleinere Unternehmen mögliche Ist-Besteuerung soll ausgeweitet werden. Das heißt, dass die Unternehmen die den Kunden in Rechnung gestellte Umsatzsteuer erst an das Finanzamt entrichten müssen, wenn die Rechnung tatsächlich bezahlt worden ist. Die dafür maßgebliche Umsatzgrenze werde auf 500.000 Euro verdoppelt. Diese Maßnahme, mit der den Unternehmen zusätzliche Liquidität verschafft werden soll, soll schon zum 01.07.2009 in Kraft treten, aber Ende 2011 wieder auslaufen.
IV. Bundestagsbeschluss vom 19. Juni 2009
Entgegen dem ursprünglichen Entwurf, der als «Gegenfinanzierung» der künftig vollen steuerlichen Absetzbarkeit der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung vorsah, sonstige Vorsorgeaufwendungen wie Arbeitslosen- oder Unfallversicherung von der Freistellung auszunehmen, sollen nach dem Beschluss des Bundestags alle bisher abzugsfähigen Versicherungen auch in Zukunft absetzbar sein.