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Ziel des Gesetzes

Der Bundestag hat am 29.05.11.2009 den Gesetzentwurf zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) beschlossen. Nach den Vorgaben der Richtlinie soll, so das Bundesjustizministerium, die grenzüberschreitende Information und Stimmrechtsausübung der Aktionäre erleichtert werden. Daneben ziele der Gesetzentwurf auf eine Erhöhung der Hauptversammlungspräsenzen und enthalte eine Neuordnung des gesamten Fristenregimes vor der Hauptversammlung. Schließlich vereinfache er das Vollmachtsstimmrecht der Banken und erschwere den räuberischen Aktionären das Geschäft.

 

1) Maßnahmen gegen missbräuchliche Aktionärsklagen

Zur Bekämpfung missbräuchlicher Aktionärsklagen wurde bereits durch das Gesetz zur Unternehmensintegrität und zur Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) ein Freigabeverfahren bei der Anfechtungsklage eingeführt, erläutert das Bundesjustizministerium. Das Freigabeverfahren habe bereits Wirkung gezeigt, solle aber in zweierlei Hinsicht präzisiert und ergänzt werden:

  • Die Interessenabwägung, die die Gerichte bei der Freigabeentscheidung treffen müssen, soll gesetzlich präzisiert werden. Der Regierungsentwurf mache dies noch deutlicher als der Referentenentwurf. Dadurch erhielten die Gerichte eine klare Entscheidungslinie, um legitime von missbräuchlichen Anfechtungsklagen trennen zu können. Außerdem sei vorgesehen, dass Aktionäre mit geringem Aktienbesitz (unter 100 Euro Nennbetrag), die weniger gravierende Gesetzes- oder Satzungsverstöße geltend machen, gegen die überwiegende Mehrheit der anderen Aktionäre Hauptversammlungsbeschlüsse nicht mehr aufhalten können. Sie könnten nur Schadensersatz beanspruchen.
  • Wesentliches Druckmittel der räuberischen Anfechtungskläger sei die Verzögerung der Umsetzung wichtiger Beschlüsse. Daher komme es maß­geb­lich dar­auf an, die Dauer der Frei­ga­be­ver­fah­ren ab­zu­kür­zen, weil das haupt­säch­li­che Er­pres­sungs­po­ten­ti­al in einer lan­gen Ver­fah­rens­dau­er liege. Für Frei­ga­be­ver­fah­ren sollen daher zu­künf­tig in ers­ter und ein­zi­ger In­stanz die Ober­lan­des­ge­rich­te zu­stän­dig sein. Durch den Weg­fall einer zwei­ten In­stanz wür­den die Un­ter­neh­men also spä­tes­tens nach drei bis vier Mo­na­ten Klar­heit haben. Damit werde für sie der Druck nach­las­sen, sich ver­glei­chen zu müs­sen.
  • Mit verschiedenen weiteren verfahrensrechtlichen Regelungen werde eine Verzögerung der als Eilverfahren konzipierten Freigabeverfahren verhindert. Künftig erstrecke sich die Vollmacht des Vertreters für den Anfechtungsprozess auch auf das Freigabeverfahren. Zeitaufwändige Zustellungen an den Kläger selbst, der mitunter ausländische Wohnsitze angibt, würden entbehrlich. Auch werde es ein Recht der Gesellschaften auf frühe Akteneinsicht geben, wenn die Klagezustellung wegen fehlender Einzahlung des Prozesskostenvorschusses verzögert werde.

2) Erleichterung der Stimmabgabe

Das Gesetz soll das Aktienrecht an das Internetzeitalter anpassen. Künftig könnten Aktiengesellschaften bei Vorbereitung und Durchführung der Hauptversammlung moderne Medien in weitaus größerem Umfang nutzen. So verbessere sich die Informationslage für Aktionäre börsennotierter Gesellschaften und erleichtere ihnen die grenzüberschreitende Ausübung von Aktionärsrechten. Das stärke vor allem Kleinanleger und verhindere Zufallsmehrheiten in der Hauptversammlung vor allem dann, wenn die Aktionäre weltweit verstreut sind und ihnen eine persönliche Teilnahme an der Hauptversammlung zu umständlich und zu teuer ist.

  • Eine Hauptversammlung kann zwar schon nach geltendem Recht in Ton und Bild übertragen werden. Will der Aktionär aktiv an der Hauptversammlung teilnehmen, muss er bislang aber entweder selbst anwesend sein oder einen Anwesenden bevollmächtigen. Künftig könne die Aktiengesellschaft ihren Aktionären in der Satzung das Recht einräumen, sich zur Hauptversammlung online zuzuschalten. Der Aktionär könne insbesondere sein Stimm- und Fragerecht – je nach Ausgestaltung der Satzung – wie ein physisch anwesender Teilnehmer in Echtzeit online ausüben. Zum Schutz der Gesellschaften berechtigten Störungen des Internet in diesen Fällen aber nicht zur Beschlussanfechtung.
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  • Verbessert werde auch die Nutzung neuer Medien bei der Information der Aktionäre vor und während der Hauptversammlung.

    Börsennotierte Gesellschaften sollen die hauptversammlungsrelevanten Unterlagen (z. B. die Tagesordnung oder Anträge zur Beschlussfassung) alsbald nach der Einberufung auf der ihrer Internetseite veröffentlichen müssen. So sollen interessierte Aktionäre unabhängig von ihrem Wohnsitz einen einfachen und effizienten Zugang zu den Informationen bekommen.

    Auch der Weg der Informationen von der Gesellschaft zum Aktionär werde modernisiert. Die Hauptversammlung soll entscheiden können, ob sie den Papierversand bevorzugt oder die Kreditinstitute die Mitteilungen in elektronischer Form z. B. über elektronische Postfächer übermitteln sollen. Heutzutage verwahren Aktionäre ihre Aktien typischerweise nicht mehr im eigenen Tresor oder Bankschließfach, sondern unterhalten ein Wertpapierdepot bei einer Bank. Deshalb soll die Übermittlung der hauptversammlungsrelevanten Mitteilungen durch die Depotbanken flexibler gestaltet werden.

    Schließlich sollen hauptversammlungsrelevante Unterlagen einfacher zugänglich werden. Statt die Unterlagen in Papierform in den Geschäftsräumen auszulegen und auf Verlangen Abschriften zu erteilen, können die Aktiengesellschaften die Unterlagen auf ihrer Internetseite veröffentlichen. In der Hauptversammlung selbst müssen keine Papierunterlagen mehr ausgelegt werden, wenn die Aktionäre elektronischen Zugang zu den Unterlagen erhalten, z.B. über Computer-Terminals.

  • Anlass dieser Änderungen ist die Richtlinie 2007/36/EG vom 11.07.2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsennotierten Gesellschaften (ABl. EU Nr. L 184 S. 17; sog. Aktionärsrechterichtlinie), die bis zum 03.08.2009 in deutsches Recht umgesetzt werden muss.

3) Verbesserung der Präsenz in der Hauptversammlung

Neben der Option für eine Online-Teilnahme an der Hauptversammlung enthalte der Gesetzentwurf weitere Maßnahmen, die den Aktionären die aktive Wahrnehmung ihrer Rechte erleichtern. Aktionäre erhalten mehr Möglichkeiten, ihre Stimmrechte auszuüben, wenn sie nicht selbst an der Hauptversammlung teilnehmen wollen. Statt einen Vertreter zu beauftragen, könne der Aktionär auch per Briefwahl von seinem Stimmrecht Gebrauch machen – vorausgesetzt, die Satzung der Gesellschaft lässt dies zu.

 

Eine große Vereinfachung für die Unternehmen soll die Reform sämtlicher Fristen im Vorfeld der Hauptversammlung bringen. Die bisherigen Fristen und Termine hätten immer wieder zu Zweifelsfragen und zu Prozessen geführt. Die neue Regelung behandele alle Fristen und Termine nach dem gleichen Schema – sie rechnen u.a. künftig alle von der Hauptversammlung zurück.

 

Außerdem werde das Depotstimmrecht der Banken grundlegend dereguliert und flexibilisiert. Das mache es für den Aktionär sehr viel attraktiver, eine Bank zur Stimmrechtsvertretung zu bevollmächtigen. Die Banken sollen künftig folgende Möglichkeitenhaben, sich eine Vollmacht für die Stimmabgabe erteilen zu lassen:

  • Die Bank kann dem Aktionär eigene Abstimmungsvorschläge unterbreiten und stimmt in diesem Sinne ab, wenn der Aktionär ihr keine anders lautende Einzelweisung erteilt hat.
  • Der Aktionär kann seine Bank auch mit einer generellen Weisung beauftragen, grundsätzlich (und bis auf Widerruf) so abzustimmen, wie es Vorstand und Aufsichtsrat der betreffenden Gesellschaft vorgeschlagen haben. Dies wird er nur tun, wenn er der Überzeugung ist, dass die Unternehmensorgane gute Arbeit leisten.
  • In jedem Fall muss das Kreditinstitut dem Aktionär aber zusätzlich den Service anbieten, die Vollmacht und Aktionärslegitimation an einen vom Aktionär benannten Vertreter weiterzuleiten. Das wird meist eine Aktionärsvereinigung sein. Diese Dienstleistung erleichtert es dem Aktionär sehr, seine Stimmrechtsausübung für sein gesamtes Depot zu delegieren.

4) Deregulierung bei der Sachgründung

Schließlich vereinfache der Entwurf die Kapitalaufbringung von Aktiengesellschaften und verringere so den Verwaltungsaufwand bei den Gesellschaften. Künftig könne bei der Sachgründung auf eine externe Werthaltigkeitsprüfung z. B. von Wertpapieren und Geldmarktinstrumenten, die auf einem geregelten Markt gehandelt werden, verzichtet werden, wenn diese mit dem Durchschnittskurs der letzten drei Monate bewertet werden.

5) Re­ge­lun­gen zur ver­deck­ten Sach­ein­la­ge

Auf viel­fa­chen Wunsch der Wis­sen­schaft und der Un­ter­neh­mens­pra­xis seien im Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren Re­ge­lun­gen zur ver­deck­ten Sach­ein­la­ge in das Ak­ti­en­ge­setz auf­ge­nom­men wor­den. Diese waren zuvor im Rah­men der GmbH-​Re­form (MoMiG) für die GmbH ein­ge­führt wor­den und seien dort po­si­tiv auf­ge­nom­men wor­den.

 

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