Zahlungen vom Landkreis gekürzt
Die Antragsteller, eine Mutter mit ihren beiden minderjährigen Söhnen, sind russische Staatsangehörige und reisten über Polen in die Bundesrepublik Deutschland ein. Ihre Asylanträge wurden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als unzulässig abgelehnt, weil Polen aufgrund der zuvor dort gestellten Asylanträge für deren Behandlung zuständig sei. Nach einer zwischenzeitlichen Abschiebung nach Polen im April 2016 reisten die Antragsteller umgehend wieder in die Bundesrepublik ein und bezogen zunächst Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Höhe von insgesamt 1.363,61 Euro monatlich. Ihre Abschiebung war noch bis zum 03.01.2017 ausgesetzt (Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Unter Hinweis auf den in Polen bestehenden Schutz wurden durch den zuständigen Landkreis nachfolgend Leistungen gemäß § 1a Abs. 4 AsylbLG auf bis zu 1.001,53 Euro monatlich gekürzt. Hiergegen richtet sich das von den Antragstellern betriebene gerichtliche Eilverfahren.
Antragsteller unstreitig dem Grunde nach leistungsberechtigt
Das SG ordnete mit Beschluss vom 02.12.2016 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Kürzungsbescheid an, so dass den Antragstellern bis zu einer Klärung in der Hauptsache wieder die vollen Leistungen nach dem AsylbLG zustehen. Zur Begründung stellte das Gericht darauf ab, dass die Antragsteller unstreitig dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem AsylbLG seien, da sie eine Duldung nach dem AufenthG besäßen. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung nur gekürzter Leistungen nach § 1a Abs. 4 AsylbLG vorlägen, sei derzeit noch offen. Der Landkreis habe nämlich nicht nachgewiesen, dass sich Polen nach wie vor dazu verpflichtet sehe, den Antragstellern internationalen Schutz und ein damit verbundenes Aufenthaltsrecht einzuräumen.
Gericht zweifelt an Verfassungsmäßigkeit der Einschränkung
Darüber hinaus bestünden Zweifel daran, ob die Einschränkung nach § 1a Abs. 4 AsylbLG verfassungsgemäß sei. Der Anspruch eines jeden Menschen auf die Sicherung seines Existenzminimums ergebe sich aus dem Grundgesetz, wobei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BeckRS 2012, 71078) eine Relativierung dieses Anspruchs aus migrationspolitischen Überlegungen nicht in Betracht komme. Solange also – wie hier – der tatsächliche Aufenthalt in Deutschland von den zuständigen Behörden faktisch geduldet werde, müssten existenzsichernde Leistungen in vollem Umfang gewährt werden.