SG Heilbronn: Hartz-IV-Empfänger dürfen Zwangsvollstreckung bei Jobcenter fortsetzen

In einem Streit um offene Forderungen zwischen dem Jobcenter der Stadt Heilbronn und zwei Hartz-IV-Beziehern hat das Sozialgericht Heilbronn entschieden, dass die Zwangsvollstreckung gegen das Jobcenter bis auf einen Betrag von 20 Euro (den die Hartz-IV-Empfänger dem Jobcenter tatsächlich noch schuldig sind) fortgesetzt werden darf. Eine Taschenpfändung beim Jobcenter war zuvor erfolglos verlaufen, weil bei diesem wohl kein Bargeld verfügbar war (Beschluss vom 27.04.2017, Az.: S 3 AS 1041/17 ER).

Jobcenter will Anwaltskosten für Hartz-IV-Empfänger nicht begleichen

Das Jobcenter der Stadt Heilbronn war aufgrund eines Kostenfestsetzungsbeschlusses des Sozialgerichts verpflichtet, die Anwaltskosten zweier Heilbronner Hartz-IV-Bezieher (im Folgenden: A und B) aus einem vorangegangenen Rechtsstreit in Höhe von 142 Euro zu bezahlen. Das Jobcenter weigerte sich jedoch. Es erklärte vielmehr die Aufrechnung mit vermeintlich bestehenden Erstattungsansprüchen. Denn A und B hätten vom Jobcenter vormals versehentlich zu viel gezahlte SGB-II-Leistungen nicht zurückgezahlt. Dem entgegneten A und B, die betreffenden Forderungen des Jobcenters hätten sie bereits beglichen. Im Übrigen sei die Aufrechnung wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässig, weil sie die Prozesskosten sonst aus ihrem Hartz-IV-Bezug zahlen müssten. Auch könne mit einem Kostenerstattungsanspruch gar nicht wirksam aufgerechnet werden, weil es sich hier um einen Freistellungs- und nicht um einen Zahlungsanspruch handle.

"Taschen-/Kassenpfändung" bei Jobcenter mangels Bargelds erfolglos

Der Rechtsanwalt der Hartz-IV-Empfänger beauftragte daraufhin die zuständige Gerichtsvollzieherin, die festgesetzten Kosten per "Taschen-/Kassenpfändung" zu vollstrecken. Ein erster Vollstreckungsversuch im Büro der Leiterin des Jobcenters blieb jedoch erfolglos. Laut A und B hat sich das Jobcenter gegenüber der Gerichtsvollzieherin darauf berufen, dass kein Bargeld vorhanden sei. Das Jobcenter erhob daraufhin Vollstreckungsabwehrklage und beantragte im parallel erhobenen Eilverfahren, die Zwangsvollstreckung vorläufig einzustellen.

SG hält Aufrechnung für zulässig – Forderung des Jobcenters jedoch größtenteils unbegründet

Das SG hat die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss zu einem geringen Teil (in Höhe von 20 Euro) einstweilig eingestellt und entschieden, dass die Zwangsvollstreckung im Übrigen gegen eine von A und B zu hinterlegende Sicherheitsleistung in Höhe von 200 Euro fortgesetzt werden darf. Zwar sei eine Aufrechnung auch mit einem Kostenerstattungsanspruch grundsätzlich zulässig, weil es sich um gegenseitige und gleichartige – jeweils auf Geldleistung gerichtete – Forderungen handele. Zudem sei die Aufrechnung auch nicht deshalb nach Treu und Glauben ausgeschlossen, weil A und B im Hartz-IV-Bezug stehen. Jedoch seien die Forderungen, mit denen das Jobcenter aufgerechnet habe, bis auf 20 Euro von A und B schon beglichen gewesen. Das Jobcenter müsse selbst keine Sicherheit hinterlegen, da dessen Bonität "außer Frage" stehe.

Keine Beschwerdemöglichkeit

Aufgrund des geringen Streitwerts ist eine Beschwerde gegen den Beschluss des SG ausgeschlossen. Die Vollstreckungsabwehrklage ist hingegen noch rechtshängig.

SG Heilbronn, Beschluss vom 27.04.2017 - S 3 AS 1041/17 ER

Redaktion beck-aktuell, 29. Mai 2017.