Richterbund: Gesetzentwurf zur besseren Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken nachzubessern

Der Deutsche Richterbund (DRB) hält den von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vorgelegten Gesetzentwurf zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken für unzureichend, um Hasskriminalität und strafbare Falschnachrichten wirksam zu bekämpfen. Um dieses Ziel zu erreichen, bedürfe es auch einer effektiven Strafverfolgung solcher Taten, schreibt er in seiner Stellungnahme vom 28.03.2017.

Netzwerke sollten Strafverfolgungsbehörden verbindlich Auskunft erteilen müssen

Hasskriminalität und strafbare Falschnachrichten im Internet könnten nur dann nachhaltig und effektiv zurückgedrängt werden, wenn sie auch strafrechtlich wirksam verfolgt werden, schreibt der DRB. Dies scheitere oftmals daran, dass es den Strafverfolgungsbehörden nicht gelingt, den Verantwortlichen für die strafbaren Inhalte zu ermitteln. Hätten die sozialen Netzwerke – wie häufig – ihren Sitz im Ausland, seien aufwendige Ermittlungen und Rechtshilfeersuchen notwendig, um eine Chance zu haben, die Verantwortlichen zu ermitteln. § 5 Satz 2 NetzDG-E, nach dem für Auskunftsersuchen der Strafverfolgungsbehörden eine empfangsberechtigte Person im Inland zu benennen sei, stelle solche Auskünfte nicht sicher, da die Vorschrift nicht bußgeldbewehrt ist. Der Anbieter des sozialen Netzwerks könne die Vorschrift folgenlos unbeachtet lassen. Zudem sollte nach Ansicht des DRB den Netzwerken im Gesetz eine Frist vorgegeben werden, in der die Auskunftsersuchen der Strafverfolgungsbehörden zu beantworten sind. Klargestellt werden müsse dabei, dass die Strafverfolgungsbehörden durch die Antwort die für das Ermittlungsverfahren notwendigen und beim Netzbetreiber vorliegenden Nutzerdaten zur Identifizierung des für den strafbaren Inhalt Verantwortlichen erhalten.

Auskunftsanspruch auch für Betroffene befürwortet

Der DRB befürwortet zudem für Opfer von Hassbotschaften und Falschnachrichten – in Anlehnung an § 101 UrhG – einen Auskunftsanspruch gegen das soziale Netzwerk, um ihnen die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche zu erleichtern. Selbst wenn der Verantwortliche seine Identität auch gegenüber dem sozialen Netzwerk durch Falschangaben verschleiere, wäre ein Auskunftsverlangen laut DRB nicht vollständig sinnentleert. Denn wenn sich im Zuge eines solchen Verlangens herausstelle, dass der Verantwortliche unter falscher Identität auftritt, hätte immerhin das soziale Netzwerk selbst die Möglichkeit, die dafür in seinen eigenen Regelwerken vorgesehenen Konsequenzen zu ziehen. Denn wer mit verschleierter Identität ein soziales Netzwerk nutze, verstoße damit in der Regel gegen die eigenen Geschäftsbedingungen dieses Netzwerks. Das Netzwerk könnte sogar über eine entsprechende Ergänzung in § 3 NetzDG-E zu entsprechenden Maßnahmen angehalten werden, so der DRB.

Geplantes Vorabentscheidungsverfahren abzulehnen

Die geplante Einführung einer Vorabentscheidung des Amtsgerichts zur Prüfung der Rechtswidrigkeit nicht entfernter oder nicht gesperrter Inhalte im Bußgeldverfahren (§ 4 Abs. 5 NetzDG-E) lehnt der DRB ab. Hier solle ein Richtervorbehalt für die Prüfung der Rechtswidrigkeit des fraglichen Inhalts eingeführt werden. Nach der bisherigen Systematik der OWi-Verfahren seien die Gerichte nur dann zuständig, wenn die Behördenentscheidung angegriffen wird. Warum dies hier anders sein solle, erschließt sich laut DRB nicht. Ferner sei davon auszugehen, dass das Vorabentscheidungsverfahren zu einer erheblichen Belastung des AG führen würde. Zwar gehe die Entwurfsbegründung davon aus, dass die Vorabentscheidung nur in "streitigen" Fällen nötig sei, dies entspreche aber nicht dem Wortlaut der Vorschrift, die in § 4 Abs. 5 in allen Fällen die Anrufung des Gerichts vorschreibe.

Redaktion beck-aktuell, 28. März 2017.