LSG Niedersachsen-Bremen: Tod des Vaters 33 Jahre verschwiegen – Tochter muss Unfallrente zurückzahlen

Eine generalbevollmächtigte Tochter ist für die Auflösung des elterlichen Rentenkontos als Verfügende haftbar. Dies hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschieden und die Tochter eines 1975 verstorbenen Mannes, dessen Verletztenrente noch 33 Jahre über seinen Tod hinaus ausgezahlt worden war, zur Rückzahlung der überzahlten Rentenbeträge verurteilt (Urteil vom 30.03.2017, Az.: L 16/3 U 58/14).

Rente über 33 Jahre nach Tod des Berechtigten weiterbezogen

Der 1922 geborene Vater der Betroffenen hatte für einen Baustellenunfall aus dem Jahr 1962 eine Verletztenrente vom Gemeindeunfallversicherungsverband Hannover (GUV) empfangen. Die Rente von zuletzt rund 510 Euro/Monat wurde stets auf ein Postsparbuch der 1921 geborenen Mutter der Betroffenen überwiesen. 1975 starb der Vater. Der Tod des Vaters wurde aber erst bekannt, als die Mutter der Betroffenen im betreuten Wohnen untergebracht wurde und die Tochter dem GUV ihre Generalvollmacht vorlegte. Der GUV ermittelte eine Überzahlung von circa 166.000 Euro und realisierte in einem ersten Schritt durch Rücküberweisung vom Postsparbuch einen Rückfluss von etwa 25.000 Euro für die letzten vier Jahre. Zur Rückforderung des übrigen Betrags hörte der GUV die Tochter zunächst an. Diese löste das Postsparbuch der Mutter sodann kraft ihrer Generalvollmacht auf und überwies das Restguthaben von rund 129.000 Euro auf ein anderes Konto. Gegen ihre eigene Inanspruchnahme hat die Tochter eingewandt, der GUV möge die Rückforderung vorrangig gegenüber der Postbank als kontoführendem Kreditinstitut geltend machen. Sie selbst habe die Leistungen weder in Empfang genommen noch über sie verfügt. Außerdem halte sie die Forderung für verjährt.

LSG sieht Tochter als Verfügende an und verneint Verjährung

Dem ist das LSG nicht gefolgt. Es hat die Tochter als "Verfügende" und damit Zahlungspflichtige im Sinne des § 96 Abs. 4 SGB VII angesehen. Der Rechtsbegriff sei weit gefasst und löse eine verschärfte Haftung aus, die dem Schutz der Beitragszahler diene. Ein vorrangiger Rücküberweisungsanspruch gegen die Bank aus § 93 Abs. 3 SGB VII komme nach Auflösung des Rentenkontos gerade nicht mehr zum Tragen. Bei einem Scheitern der Rücküberweisung hafteten sowohl der Verfügende als auch der Begünstigte und der Erbe. Die Rückforderung sei auch nicht verjährt, da die Frist erst ab Kenntnis des GUV laufe. Das Gericht hat die Akten an die Staatsanwaltschaft abgegeben, um eine Strafbarkeit der Tochter prüfen zu lassen.

LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 30.03.2017 - L 16/3 U 58/14

Redaktion beck-aktuell, 24. April 2017.