LSG Hessen: Sozialpädagogin im Anerkennungsjahr muss sich nicht vorzeitig arbeitssuchend melden

Berufspraktikanten im Anerkennungsjahr müssen sich nicht spätestens drei Monate vor dessen Beendigung bei der Arbeitsagentur arbeitsuchend melden. Dies hat das Landessozialgericht Hessen entschieden und einer Sozialpädagogin Recht gegeben, gegen die wegen verspäteter Meldung eine Sperrzeit verhängt worden war. Das Anerkennungsjahr stehe insoweit einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis gleich, bei dem keine vorzeitige Meldepflicht bestehe. Das LSG hat die Revision zugelassen (Urteil vom 16.12.2016, Az.: L 7 AL 35/15, BeckRS 2016, 112314).

Sozialpädagogin meldete sich nach Anerkennungsjahr arbeitslos – Arbeitsagentur verhängte Sperrzeit

Die Klägerin studierte an der Fachhochschule Sozialpädagogik und absolvierte anschließend ein einjähriges Anerkennungsjahr. Danach meldete sie sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Arbeitsagentur gewährte dies, allerdings mit einer Sperrfrist von sieben Tagen, weil sich die Klägerin nicht vor Beendigung des Anerkennungsjahres arbeitsuchend gemeldet habe. Die Arbeitsagentur vertrat die Ansicht, bei der Ausbildung zur Sozialpädagogin handele es sich nicht um ein betriebliches Ausbildungsverhältnis, bei dem die vorzeitige Meldepflicht nicht bestehe. Das Anerkennungsjahr werde auch nicht zum Zweck der Übernahme in ein anschließendes Beschäftigungsverhältnis eingegangen. Dagegen klagte die Sozialpädagogin.

LSG: Keine vorzeitige Meldepflicht bei Anerkennungsjahr

Das LSG hat der Klägerin Recht gegeben. Erfolge die Meldung der Arbeitsuche erst nach Beendigung des Anerkennungsjahres, so dürfe keine Sperrzeit verhängt werden. Das Anerkennungsjahr stehe insoweit einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis gleich. Dies folgt laut LSG aus dem Sinn und Zweck der entsprechenden Sperrzeitregelung. Die Pflicht zur frühzeitigen Meldung der Arbeitsuche diene grundsätzlich dazu, die Eingliederung in Arbeit zu beschleunigen, die Vermittlung effektiver zu machen und damit Arbeitslosigkeit und Entgeltersatzleistungen möglichst zu vermeiden. Bei einem betrieblichen Ausbildungsverhältnis habe der Gesetzgeber eine frühe Meldepflicht nicht für erforderlich gehalten, weil die Auszubildenden überwiegend vom Ausbildungsbetrieb weiterbeschäftigt würden. Zudem entscheide sich dies meist erst unmittelbar nach dem Bestehen der Abschlussprüfung.

Frühzeitige Vermittlungstätigkeit bei Berufspraktikanten im Anerkennungsjahr entbehrlich

Die Berufspraktikanten im Anerkennungsjahr würden eine der dualen Ausbildung vergleichbare Ausbildung in Betrieb und Berufsschule durchlaufen. Auch würden sie mit einer Übernahmequote von 70% später von der Ausbildungsstelle übernommen werden. Daher seien eine frühzeitige Vermittlungstätigkeit und somit auch eine Meldepflicht entbehrlich. Hinzu komme, dass das Berufspraktikum erst mit dem bestandenen Kolloquium erfolgreich abgeschlossen sei. Damit könne vorher die Arbeitsverwaltung kaum etwas für eine beschleunigte Eingliederung unternehmen.

LSG Hessen, Urteil vom 16.12.2016 - L 7 AL 35/15

Redaktion beck-aktuell, 16. Februar 2017.