Gericht sieht keinen Tötungsvorsatz
Ein Tötungsvorsatz sei nicht erkennbar gewesen, begründete der Vorsitzende Richter Jürgen Seifert die Entscheidung. Zugleich verteidigte er die ursprüngliche Mordanklage der Staatsanwaltschaft. Es sei richtig gewesen, dies zu prüfen. Mordanklagen seien Neuland bei Verkehrsdelikten, könnten aber präventive Wirkung haben. "Es muss klar sein, dass PS-Protzerei mal ein Ende hat", betonte der Richter. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Berlin bereits ein tödliches Autorennen ebenfalls als Mord bewertet – bis dahin ein Novum in Deutschland im Zusammenhang mit Rasern.
Angeklagter nicht pathologisch speedsüchtig
Der Fall in Bremen sei aber eben kein Rennen gewesen, sagte Seifert. Der Angeklagte habe sich bei seinen Fahrten zwar regelmäßig rücksichtslos und verkehrswidrig verhalten. "Er war aber nicht pathologisch speedsüchtig", sagte Richter Seifert. Er habe mit "jugendlichem Leichtsinn" immer auf einen guten Ausgang vertraut. Die Unfallfahrt habe er zudem nicht gefilmt, um sie später ins Internet zu stellen.
Mitschuld des Fußgängers wegen Straßenüberquerung bei "Rot"
Den tödlich verletzten Fußgänger treffe eine Mitschuld, da er angetrunken bei Rotlicht über die Straße gegangen sei. Für die Verteidigung war die Mordanklage von Anfang an "völlig übertrieben". Sie hatte auf fahrlässige Tötung und eine Bewährungsstrafe plädiert.
Staatsanwaltschaft: Youtube-Videos als Beweis für rücksichtsloses Verhalten
Für die Staatsanwaltschaft waren die Youtube-Videos des Angeklagten ein wichtiges Beweismittel. Sie belegten ihrer Ansicht nach das grob rücksichtslose Verhalten des Angeklagten. Eine Szene in einem Video schien das nahe zulegen: Innerorts beschleunigt der Angeklagte auf 117 Stundenkilometer, kurz darauf stößt er um Haaresbreite mit einen Fußgänger zusammen. Anschließend ist der Motorradfahrer mit den Worten zu hören: "Ist der behindert? (...) Er wäre gestorben. Ich hätte ihn in seine Einzelteile zerlegt wie mein Lego". Staatsanwalt Björn Krebs nannte in seinem Plädoyer solche und andere Äußerungen des Studenten "menschenverachtend".
LG: Angeklagter vertraute irrtümlich auf sein Fahrvermögen
Das LG bewertete die Szene dagegen anders. In dem Mitschnitt sei durchaus zu erkennen, dass der Angeklagte einen Schreck bekommen habe, so Seifert. Letztlich sei der junge Mann irrtümlich davon ausgegangen, dass ihn sein Fahrvermögen vor Unfällen schützen könne.
Urteil noch nicht rechtskräftig
Anwalt Armin von Döllen zeichnete denn auch ein ganz anderes Bild des Angeklagten als die Staatsanwaltschaft: "Er ist nicht das empathielose Monster", das viele in ihm sähen. Vielmehr sei er "völlig entsetzt gewesen", als er erfahren habe, dass durch seine Mitschuld jemand getötet worden sei. "Damit hat er nie im Leben gerechnet." Motorradfahren werde er vermutlich nie wieder können, da er selbst bei dem Unfall schwer verletzt wurde. Der Führerschein wurde ihm ohnehin für Jahre entzogen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.