BGH: Gerichtliche Gutachterin muss Justizopfer 60.000 Euro Schmerzensgeld zahlen

Ein 74-jähriger Saarländer, der aufgrund eines fehlerhaften aussagepsychologischen Gutachtens einer Psychologin zwei Jahre zu Unrecht wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs im Gefängnis saß, erhält nach einem jahrelangen Rechtsstreit 60.000 Euro Schmerzensgeld. Der Bundesgerichtshof hat die Nichtzulassungsbeschwerde der Gutachterin zurückgewiesen. 

Anwältin: Entscheidung über Schmerzensgeld endgültig

Damit sei der Fall "zivilrechtlich endgültig entschieden", sagte die Anwältin des Mannes, Daniela Lordt, am 14.09.2018 der Deutschen Presse-Agentur. Die Versicherung müsse nun das Schmerzensgeld in Höhe von 60.000 Euro zuzüglich Zinsen zahlen. "Das ist mehr als nur ein Etappensieg", so Lordt, "sondern der Schlusspunkt für das Schmerzensgeld."

Gutachterin erstellte "grob fahrlässiges" Glaubwürdigkeitsgutachten

Der heute 74-Jährige war auf der Grundlage des Gutachtens, das ein Experte als "grob fahrlässig" bezeichnet hatte, im Mai 2004 vom Landgericht Saarbrücken wegen schweren sexuellen Missbrauchs seiner ehemaligen Pflegetochter zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Die Gutachterin hatte die Aussagen des lernbehinderten Mädchens als "mit hoher Wahrscheinlichkeit glaubhaft" eingestuft. Bereits Anfang 2015 war die Frau vom Landgericht Saarbrücken (BeckRS 2015, 1947) zu 50.000 Euro Schmerzensgeld verurteilt worden. Dagegen hatte sie ohne Erfolg Berufung eingelegt. Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken (BeckRS 2017, 133752) legte sie Beschwerde ein.

Schadenersatz von rund 73.000 Euro in weiterem Verfahren gefordert

In einem weiteren Verfahren am Landgericht in Saarbrücken wird es nun auch noch um einen geforderten Schadenersatz in Höhe von rund 73.000 Euro gehen. Anwältin Lordt geht davon aus, dass nach dem BGH-Beschluss das Verfahren nun weiterbetrieben und "recht zügig" ein Termin bestimmt werde.

Redaktion beck-aktuell, 17. September 2018 (dpa).