BFH: Häusliches Arbeitszimmer eines Selbstständigen mit eigenen Betriebsräumen kann abzugsfähig sein

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer eines Selbstständigen (hier: Logopäde) mit eigenen Betriebsräumen können begrenzt abzugsfähig sein, da nicht jeder Schreibtischarbeitsplatz in den Betriebsräumen zwangsläufig einen zumutbaren "anderen Arbeitsplatz" darstellt. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 22.02.2017 entschieden (Az.: III R 9/16).

Logopäde mit eigenen Praxisräumen will häusliches Arbeitszimmer absetzen

Der Kläger war als selbstständiger Logopäde in angemieteten Praxisräumen tätig, die weit überwiegend von seinen vier Angestellten genutzt wurden. Für Verwaltungsarbeiten nutzte er ein häusliches Arbeitszimmer. Das Finanzgericht gelangte aufgrund einer Würdigung der konkreten Umstände zu der Auffassung, dass eine Erledigung der Büroarbeiten in den Praxisräumen – auch außerhalb der Öffnungszeiten – nicht zumutbar sei, so dass die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer begrenzt (Höchstbetrag: 1.250 Euro) abzugsfähig seien. Dagegen legte das Finanzamt Revision ein.

BFH: Umstände des Einzelfalls maßgeblich

Der BFH hat die Revision zurückgewiesen. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG könnten Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Dies gelte nach Satz 2 allerdings dann nicht, "wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht". Laut BFH kommt das Abzugsverbot nach seinem Sinn und Zweck nicht zum Tragen, soweit die Nutzung des Arbeitsplatzes in einer Weise eingeschränkt sei, dass der Steuerpflichtige in seinem häuslichen Arbeitszimmer einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit verrichten muss. Auch der selbstständig Tätige könne auf ein (zusätzliches) häusliches Arbeitszimmer angewiesen sein. Ob dies der Fall sei, müsse die Tatsacheninstanz (das FG) anhand objektiver Umstände des Einzelfalls klären. Anhaltspunkte könnten sich sowohl aus der Beschaffenheit des Arbeitsplatzes (Größe, Lage, Ausstattung) als auch aus den Rahmenbedingungen seiner Nutzung (Umfang der Nutzungsmöglichkeit, Zugang zum Gebäude, zumutbare Möglichkeit der Einrichtung eines außerhäuslichen Arbeitszimmers) ergeben.

Hier: Nutzung der Praxisräume als außerhäusliches Arbeitszimmer unzumutbar

Im Streitfall ergab sich dem BFH zufolge aus den tatsächlichen Gegebenheiten (Nutzung der Räume durch die Angestellten, Tätigkeit des Klägers außerhalb der Praxis, die Größe, die Ausstattung, die konkrete Nutzung der Praxisräume durch die vier Angestellten, Vertraulichkeit der für die Bürotätigkeit erforderlichen Unterlagen und den Umfang der Büro- und Verwaltungstätigkeiten) eine Unzumutbarkeit der Nutzung der Praxisräume als außerhäusliches Arbeitszimmer.

BFH, Urteil vom 22.02.2017 - III R 9/16

Redaktion beck-aktuell, 19. April 2017.