BAG: DRK-Schwester verlieren Sonderstellung bezüglich Arbeitnehmerüberlassung

Wird eine DRK-Schwester, die als Mitglied einer DRK-Schwesternschaft angehört, von dieser in einem vom Dritten betriebenen Krankenhaus eingesetzt, um dort nach dessen Weisung gegen Entgelt tätig zu sein, handelt es sich um Arbeitnehmerüberlassung. Der Betriebsrat des Krankenhauses kann dieser Einstellung die erforderliche Zustimmung verweigern, wenn der Einsatz gegen das Verbot der nicht vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG verstößt. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 21.02.2017 entschieden (Az.: 1 ABR 62/12).

Betriebsrat verwehrt "verbotener" Arbeitnehmerüberlassung die Zustimmung

Die Arbeitgeberin beabsichtigte, zum 01.01.2012 eine Krankenschwester in ihrem Krankenhausbetrieb einzusetzen, die Mitglied einer DRK-Schwesternschaft ist. Grundlage hierfür ist ein mit der DRK-Schwesternschaft geschlossener Gestellungsvertrag. Der Betriebsrat der Arbeitgeberin verweigerte form- und fristgerecht seine Zustimmung zu der Einstellung. Er machte geltend, es handele sich um eine verbotene, weil dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung. In den Schwesternschaften beim DRK, die eine 135-jährige Tradition haben, sind derzeit etwa 25.000 Schwestern organisiert. Einige Tausend arbeiten in DRK-Einrichtungen, 18.000 werden nach Angaben ihres Verbandes über spezielle Vereinbarungen dauerhaft in anderen Kliniken und Krankenhäusern in ihren Pflegeberufen eingesetzt. Die Schwesternschaften überlassen quasi öffentlichen oder privaten Kliniken ihre Vereinsmitglieder. Sie bekommen dafür ein Entgelt, das die Personal- und Verwaltungskosten umfasst.

EuGH entschied vorab

Das Landesarbeitsgericht hatte dem Antrag der Arbeitgeberin, die Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen, stattgegeben. Das BAG ersuchte den Gerichtshof der Europäischen Union um Vorabentscheidung. Dieser entschied (vgl. NZA 2017, 41), dass Art. 1 Abs. 1 und 2 der Leiharbeitsrichtlinie vom 19.11.2008 dahin auszulegen sei, dass die durch einen Verein, der keinen Erwerbszweck verfolgt, gegen ein Gestellungsentgelt erfolgende Überlassung eines Vereinsmitglieds an ein entleihendes Unternehmen, damit das Mitglied bei diesem hauptberuflich und unter dessen Leitung gegen eine Vergütung Arbeitsleistungen erbringt, in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, sofern das Mitglied aufgrund dieser Arbeitsleistung in dem betreffenden Mitgliedstaat geschützt ist. Dies zu prüfen sei Sache des vorlegenden Gerichts. Dies gelte auch, wenn das Mitglied nach nationalem Recht kein Arbeitnehmer ist, weil es mit dem Verein keinen Arbeitsvertrag geschlossen hat.

BAG weist mit Blick auf EuGH-Entscheidung Zustimmungsersetzungsantrag ab

Im Hinblick darauf hat das BAG den Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin abgewiesen. Der Betriebsrat habe die Zustimmung zu Recht verweigert. Bei der Gestellung der DRK-Schwester handele es sich um Arbeitnehmerüberlassung. Aufgrund der gebotenen unionsrechtskonformen Auslegung liege diese auch dann vor, wenn ein Vereinsmitglied gegen Entgelt bei einem Dritten weisungsabhängig tätig ist und dabei einen Schutz genießt, der – wie bei den DRK-Schwestern – dem eines Arbeitnehmers entspricht.

Gesetzgeber will aushelfen

Weil die Gerichtsentscheidung von Brisanz für das Gesundheitswesen und das DRK zur Hilfe in Krisen- und Katastrophenfällen verpflichtet ist, wurde seit Monaten nach einem Ausweg gesucht: Ende vergangener Woche verständigten sich Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und DRK-Präsident Rudolf Seiters auf einen Weg zum Erhalt des bisherigen Schwesternschaftmodells. Nach Angaben beider Seiten soll das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zwar auf die DRK-Schwestern Anwendung finden. Ein Passus jedoch nicht: Die Befristung von Einsätzen auf 18 Monate. Das DRK-Gesetz soll entsprechend ergänzt werden.

BAG, Beschluss vom 21.02.2017 - 1 ABR 62/12

Redaktion beck-aktuell, 21. Februar 2017.