Finanzausschuss: Experten begrüßen Verlängerung der Steuerermäßigung für Erdgas

Eigentlich laufen die Steuerbegünstigungen für komprimiertes und verflüssigtes Erdgas sowie für Flüssiggas Ende des Jahres 2018 aus. Mit dem Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes (BT-Drs. 18/11493, 18/11927) will die Bundesregierung aber die Steuerbegünstigung für Compressed Natural Gas (CNG) und Liquefied Natural Gas (LNG) bis Ende 2026 verlängern. Die Wirtschaft begrüßte in einer Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages vom 15.05.2017 diesen Schritt. Moniert wurde, dass nicht auch die Regeln für Autogas verlängert werden sollen.

Entlastung im Nutzfahrzeugbereich

Der Sachverständige Peter Meyer von der Initiative "Zukunft Erdgas" erlärte, gerade im Nutzfahrzeugbereich, der für ein Drittel der Schadstoffemissionen im Verkehrssektor verantwortlich sei, könne Erdgas als Kraftstoff zu einer "unmittelbaren, spürbaren Entlastung führen". Durch Einsatz innovativer Technologien wie "Power-to-Gas" entwickle sich Erdgas auch immer stärker zu einem "Partner der Energiewende".

Forderung: Steuerbegünstigung von Autogas erhalten

Die Fraktion Die Linke forderte in einem Änderungsantrag, die Steuerbegünstigung von Autogas/Flüssiggas (LPG) zu erhalten. LPG könne einen Beitrag zur Verringerung von Luftschadstoffen vor allem im innerstädtischen Bereich leisten. Dieser Forderung schloss sich der Mineralölwirtschaftsverband in der Anhörung an: "Die kurzfristige Beendigung der steuerlichen Förderung für LPG läuft den gemeinsamen Bemühungen von Politik, Wirtschaft und Verbrauchern zuwider, die Treibhausgasemissionen im Verkehr zu senken." Auch Thomas Heinze von der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes sagte, durch den Einsatz von Flüssiggas seien 15 bis 20% Kohlendioxid einsparbar. Es gebe keine Probleme mit Stickoxiden (NOX) bei der Verwendung von LPG. LPG sei ein umweltfreundlicher Kraftstoff. Andreas Stücke (Flüssiggas-Verband) erklärte, mit LPG werde ein Kraftstoff verteuert, der Probleme lösen könne.

Energiewirtschaft verweist auf Klimaschutz

Unterstützt wurde die Forderung nach Erhalt der Steuerbegünstigung von Autogas auch von der Mittelständischen Energiewirtschaft. LPG leiste einen Beitrag zum Klimaschutz, während CNG seit Jahren trotz Steuerbegünstigung unter mangelnder Akzeptanz durch die Verbraucher leide. Mehr als eine halbe Million Halter von Flüssiggasfahrzeugen und die mittelständischen Flüssiggasanbieter würden darauf vertrauen, dass ihre Investitionen nicht entwertet würden. Von der Deutschen Energieagentur (dena) hieß es, Erdgas verbrenne deutlich schadstoffärmer als andere fossile Energieträger.

Protest gegen vorgesehene Besteuerung von Erdgas im Raffinerieprozess

Mehrere Sachverständige protestierten gegen die vorgesehene Besteuerung von Erdgas beim Einsatz im Raffinerieprozess. Dies würde zu einem Wettbewerbsnachteil für deutsche Raffinerien führen, da dieser Verbrauch in den meisten anderen EU-Ländern steuerfrei sei, erklärte etwa der Mineralölwirtschaftsverband. Auch der Verband der chemischen Industrie sprach von zahlreichen Abgrenzungsfragen und fragte außerdem, "warum das Mischen von fremdbezogenen Energieerzeugnissen mit innerhalb des Betriebsgeländes selbst hergestellten Energieerzeugnissen nicht als Herstellung gelten soll".

Einheitliche Kohlendioxid-Bepreisung für alle Wirtschaftsakteure gefordert

Grundsätzlich Stellung zur Energiebesteuerung in Deutschland bezog Andreas Löschel von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Die ökonomische Theorie kenne eine recht einfache Regel für kosteneffiziente Klimapolitik, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Das seien ein umfangreicher Emissionshandel oder eine umfassende Kohlendioxid-Abgabe auf alle fossilen Energieträger. Eine einheitliche Kohlendioxid-Bepreisung für alle Wirtschaftsakteure wäre ein sinnvolles Leitinstrument der Energiewende, sagte Löschel und empfahl zugleich entsprechende Änderungen für die Erdgasbesteuerung. Auch das "Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft“ sprach sich für einen sektorübergreifenden CO2-Preis aus. Dieser solle zunächst 30 Euro pro Tonne betragen. Der Staat solle Eingriffe in den Markt vermeiden und bei der Besteuerung technologieneutral vorgehen, ohne Kostenvorteile für einzelne Kraftstoffe zu schaffen, empfahl das Forum.

Kritik an pauschaler Subventionierung von Industrieunternehmen

Sarah Rieseberg (Aepo consult) hingegen kritisierte, dass die pauschale Subventionierung der Industrieunternehmen fortgesetzt werde. Wie schon Löschel wies auch Rieseberg darauf hin, dass die Verlängerung der reduzierten Erdgasbesteuerung "nicht ausreichend richtungsweisend" sei und keine systematische Kraftstoffbesteuerung nach dem Kohlendioxid-Gehalt ersetze. Sie erinnerte auch daran, dass die Emissionen in Deutschland heute höher seien als 1990.

Vereinbar mit EU-Beihilferecht

Auf Fragen nach der Vereinbarung mit dem europäischen Beihilferecht erklärte Roland Ismer von der Universität Erlangen-Nürnberg: "Die meisten Regelungen scheinen mir mit Blick auf das Beihilferecht gelungen." Er regte aber einige Änderungen an.

Redaktion beck-aktuell, 16. Mai 2017.