ai-Jahresbericht zum Trump-Effekt: Wie das Prinzip "Spaltung" die Menschenrechte aushöhlt

Es gab einmal Weltregionen, in denen die Wahrung der Menschenrechte als ziemlich sicher galt. Im neuen Jahresbericht von Amnesty International (ai) werden allerdings Länder in den Fokus genommen, an die man beim Wort Menschenrechtsverletzungen lange Zeit nicht gedacht hätte: Polen, Ungarn, Frankreich, Großbritannien und vor allem die USA. Hier greift laut Bericht der sogenannte "Trump-Effekt", nämlich die Aushöhlung der Menschenrechte durch das Prinzip Spaltung".

Shetty: Trump-Wahl größtes politisches Erdbeben

“Das möglicherweise größte der vielen politischen Erdbeben im Jahr 2016 war die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika“, schreibt Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty im neuen Bericht. "Trump hat Verständnis für Folter gezeigt. Er verbietet unschuldigen Menschen aus islamischen Ländern die Einreise. Er will eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen." Seine Reden spalten das Land.

ai: Prinzip Spaltung möglicherweise bösartigster Angriff auf Menschenrechte

"Trumps vergiftete Wahlkampfrhetorik war nur ein Beispiel eines weltweiten Trends hin zu einer Politik, die auf Wut und Spaltung setzt", schreibt Shetty weiter. Das Prinzip "Spaltung" hat Amnesty im Jahresbericht als "möglicherweise bösartigsten Angriff auf die Menschenrechte" identifiziert. Machthaber und Politiker machten zur Rechtfertigung ihrer repressiven Maßnahmen "die Anderen“ für tatsächliche oder vermeintliche soziale Probleme verantwortlich. Für Donald Trump seien "die Anderen" Muslime aus bestimmten Ländern, die Medien oder Richter, die gegen ihn entscheiden. Amnesty prangert aber auch die Populisten in Europa an. Spaltende Rhetorik leiste Diskriminierung und Hassverbrechen Vorschub, sagt Shetty.

Auch Deutschland steht am Pranger

Und was ist mit Deutschland? Im Amnesty-Bericht für 2015 galt die "Willkommenskultur" von Bundeskanzlerin Angela Merkel noch als Lichtblick. Jetzt werden die verschärften Asylgesetze und Angriffe auf Ausländer angeprangert: 813 Attacken auf Flüchtlingsheime und 1803 Straftaten gegen Asylsuchende, bei denen 254 Menschen verletzt wurden, sind für 2016 in Deutschland aufgeführt.

Appell: Mutig für Menschenrechte einstehen

Insgesamt umfasst der Amnesty-Bericht mehr als 400 Seiten. In 23 Ländern stellte die Organisation Kriegsverbrechen fest. 36 Länder hätten internationales Recht verletzt, indem sie Schutzsuchende zurücksandten. In 22 Ländern seien Morde an Menschenrechtsaktivisten registriert worden. Amnesty ruft im Jahresbericht dennoch dazu auf, sich mutig für Menschenrechte einzusetzen. "Gerade in solchen Zeiten werden couragierte Stimmen gebraucht, ganz normale Heldinnen und Helden, die sich gegen Unrecht und Unterdrückung erheben“, schreibt Generalsekretär Shetty.

Redaktion beck-aktuell, Michael Fischer, 23. Februar 2017 (dpa).