AG München: Fluggastrechteverordnung nach Tausch zu Nicht-EG-Fluggesellschaft nicht anwendbar

Die Fluggastrechteverordnung und damit die Möglichkeit für einen Passagier, seine Rechte daraus geltend zu machen, ist nur auf einen Flug anwendbar, der mit einem Luftfahrtunternehmen der Europäischen Gemeinschaft durchgeführt wurde. Dies hat das Amtsgericht München mit Urteil vom 10.11.2016 erläutert. Daraus folge, dass nach einem - auch kurzfristigen - Austausch der Fluggesellschaft Air Berlin gegen Etihad Airways, die nicht dem EG-Raum zuzurechnen sei, ein Schadensersatzanspruch im Sinne der Fluggastrechteverordnung wegen Flugverspätung nunmehr ausscheide. Das Urteil ist rechtskräftig (Az.: 261 C 13238/16).

Anschlussflug von Abu Dhabi nach Frankfurt verpasst

Der Kläger buchte bei der beklagten Reiseveranstalterin aus München für sich und seine Lebensgefährtin eine Reise nach Colombo im Zeitraum vom 16.06.2015 bis 28.06.2015 inklusive Hin- und Rückflug mit der Fluggesellschaft Air Berlin zum Preis von 1.768 Euro. Kurz vor Antritt des Rückflugs erfuhr der Kläger durch die Anzeige an der Abflugtafel im Flughafen, dass der Flug nicht wie vereinbart von Air Berlin durchgeführt wurde, sondern von Etihad Airways. Die Reiseveranstalterin hatte ihn zu keinem Zeitpunkt darüber informiert, dass die vertraglich vereinbarte Fluggesellschaft ausgetauscht worden war. Der Rückflug von Colombo nach Abu Dhabi startete erst um 7.45 Uhr statt planmäßig um 4.40 Uhr. Dadurch verpassten der Kläger und seine Lebensgefährtin den Anschlussflug von Abu Dhabi nach Frankfurt. In Frankfurt kamen sie letztlich am 29.06.2015 um 02:00:05 Uhr statt planmäßig am 28.06.2015 um 13.40 Uhr an.

Kläger: Reise wegen Austausches der Fluggesellschaft nicht ordnungsgemäß erbracht

Der Kläger verlangt nun von der Reiseveranstalterin eine hundertprozentige Minderung des Reisepreises für einen Tag, nämlich den 28.06.2015, in Höhe von 177,33 Euro, weil sich die Ankunft in Frankfurt um 12,5 Stunden verspätet hatte. Außerdem war sein Koffer zunächst verschwunden und wurde erst am 01.07.2015 per Post zugesandt. Zusätzlich verlangt der Kläger Schadensersatz. Er ist der Meinung, dass die Reise wegen des Austausches der Fluggesellschaft nicht ordnungsgemäß erbracht worden sei. Dadurch sei ihm ein Schaden entstanden. Wäre der Rückflug von der Fluggesellschaft Air Berlin durchgeführt wurden, hätte er gegenüber der Fluggesellschaft Air Berlin Anspruch auf eine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung in Höhe von jeweils 600 Euro für sich und seine Lebensgefährtin gehabt. Die Reiseveranstalterin weigerte sich zu zahlen. Die Angaben in der Buchungsbestätigung seien unverbindlich. Die Reiseveranstalterin sei berechtigt gewesen, zumutbare Änderungen vorzunehmen. Der Kläger erhob Klage vor dem AG München auf Zahlung von insgesamt 1347,33 Euro.

Keine Entschädigung für die ersten vier Stunden

Die zuständige Richterin verurteilte die Reiseveranstalterin zur Zahlung von 61,20 Euro und wies die Klage im Übrigen ab. Nach ständiger Rechtsprechung seien die ersten vier Stunden der Verspätung als Unannehmlichkeit entschädigungslos hinzunehmen. Für jede weitere Stunde Verzögerung sei der Reisepreis um 5% des Tagespreises (1.768 Euro/13 Tage), bei einer anrechenbaren Verspätung von 9 Stunden mithin um 61,20 Euro zu mindern. Soweit vorgetragen wurde, das klägerische Gepäck sei dem Kläger erst am 01.07.2015 zugesandt worden, sei hierdurch die Reise nicht beeinträchtigt worden, so dass ein Minderungsanspruch auch insoweit ausscheide.

Gericht sieht keine Pflichtverletzung der Beklagten

Die Richterin urteilte, dass dem Kläger auch kein Schadensersatzanspruch nach der Fluggastrechteverordnung zusteht. Die Verordnung sieht grundsätzlich für eine Flugverspätung wie im hier vorliegenden Fall einen Ausgleichsanspruch von 600 Euro pro Person vor. Da es sich bei Etihad Airways jedoch nicht um ein Luftfahrtunternehmen der Europäischen Gemeinschaft im Sinn von Art. 2 Fluggastrechte-VO handelt, sei die Verordnung nicht anwendbar. Die Richterin stellte fest: Der Austausch der Fluggesellschaften sei nicht ursächlich für die behauptete Verspätung gewesen. Auch sei der Austausch nicht ursächlich für die Entstehung einer etwaigen Schadensersatzpflicht, zurechenbare Ursache hierfür sei alleine die behauptete Verspätung. Diese stelle jedoch keine Pflichtverletzung der Beklagten dar. Damit sei der Schaden nicht durch eine Pflichtverletzung der Beklagten entstanden, eine Zurechnung könne nicht erfolgen. Das Gericht habe daher nicht geprüft, ob die Reiseveranstalterin berechtigt war, die Fluggesellschaft auszutauschen. Es sei jedoch festzustellen, dass selbst die Buchungsbestätigung den Hinweis enthält, dass Details und Zeiten unverbindlich sind.

AG München, Urteil vom 10.11.2016 - 261 C 13238/16

Redaktion beck-aktuell, 12. Juni 2017.