AG Charlottenburg: "Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs frei" - Parkrecht gilt nicht außerhalb des Ladevorgangs

Der Nutzer eines Elektrofahrzeugs parkt widerrechtlich, wenn er sein Fahrzeug, ohne den Ladevorgang zu beginnen, an einer Ladestation in einer Privatstraße abstellt, in der das geltende Halteverbot durch den Zusatz "Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs frei" eingeschränkt ist. Dies hat das Amtsgericht Charlottenburg mit Urteil vom 16.11.2016 klargestellt und eine auf Rückzahlung der angefallenen Abschleppkosten in Höhe von 150 Euro gerichtete Klage des betroffenen Autofahrers abgewiesen (Az.: 227 C 76/16, BeckRS 2016, 21391). Gegen das Urteil ist Berufung beim Landgericht Berlin eingelegt worden (Az.: 55 S 288/16).

Abschleppunternehmen verlangte Zahlung von 150 Euro

Der Kläger hatte ein gemietetes Elektrofahrzeug am 02.05.2015 gegen 15 Uhr in einem Straßenabschnitt in Berlin, der zur Privatstraße umgewidmet worden und entsprechend als solche ausgeschildert war, abgestellt. In dem Straßenabschnitt hatte die Eigentümerin ein Halteverbotsschild mit dem Zusatz "Widerrechtlich geparkte Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt" anbringen lassen. Darunter war ein weiteres Schild mit dem Zusatz "Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs frei" befestigt. Eine der beiden Ladestationen war bereits durch ein Fahrzeug belegt, das sich im Aufladevorgang befand. Bei der zweiten – freien – Ladestation war das Kabel nicht für das von dem Kläger genutzte Fahrzeug des Typs BMW i3 geeignet. Dennoch stellte der Kläger das Fahrzeug auf den entsprechenden markierten Stellplatz. Als er gegen 18.30 Uhr zurückkehrte, musste er feststellen, dass sein Fahrzeug abgeschleppt worden war. Er erhielt es von dem später verklagten Abschleppunternehmen nur gegen Zahlung von 150 Euro zurück. Der Kläger ist der Auffassung, die Eigentümerin der Privatstraße habe kostenlosen Parkraum für alle Elektrofahrzeuge anbieten wollen und er sei daher berechtigt gewesen, unabhängig von einem Ladevorgang dort zu parken.

Einwilligung zum Parken als Ausnahme

Das AG Charlottenburg erteilte diesem Begehren jetzt eine Absage. Soweit jemand ein Fahrzeug im Bereich einer Privatstraße abstelle, werde der Eigentümer dadurch in seinem Besitz beeinträchtigt und könne Schadensersatz verlangen, wenn diese Besitzstörung rechtswidrig war. Dies sei vorliegend der Fall gewesen. Die Eigentümerin habe durch die entsprechende Beschilderung zum Ausdruck gebracht, dass grundsätzlich das Parken verboten sei und sie nur als Ausnahme darin einwillige, das Parken von Elektrofahrzeugen während des Ladevorganges auf dem Gelände innerhalb der gekennzeichneten Flächen zu dulden.

Gericht zieht Vergleich mit Tankstellengelände

Der Kläger habe das Fahrzeug offensichtlich gegen den Willen der Eigentümerin in der Privatstraße abgestellt. Denn er habe keinen Strom bezogen oder zumindest das Fahrzeug an die Ladesäule angeschlossen. Soweit die Eigentümerin für den Zweck des Ladevorgangs eine Ausnahme hinsichtlich des Parkverbotes gemacht habe, sei nicht ihr Ziel gewesen, kostenlosen Parkraum für sämtliche Elektrofahrzeuge anzubieten. Ziel dieser Ausnahmeregelung sei vielmehr gewesen, Parkraum nur für die zeitintensive Ladetätigkeit zur Verfügung zu stellen. Der Vergleich mit einer Zapfsäule für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auf einem Tankstellengelände könne herangezogen werden. Auch derjenige Autofahrer, der keine freie Zapfsäule finde, dürfe sein Fahrzeug nicht für mehrere Stunden dort parken. Denn der Tankstellenpächter dulde nur für die Zeit des Betankungsvorganges und dessen Abwicklung, dass Fahrzeuge auf dem Tankstellengelände abgestellt würden.

Kosten in Höhe von von 150 Euro mit Rechtsgrund gefordert

Indem der Kläger unberechtigt geparkt habe, sei der Eigentümerin ein Schaden in Höhe der Abschleppkosten entstanden. Zwar habe sie ihre Schadensersatzansprüche an das beklagte Abschleppunternehmen abgetreten. Dies entlaste jedoch nicht den Kläger als Schädiger. Die Beklagte habe aufgrund des an sie abgetretenen Schadensersatzanspruchs der Eigentümerin die Abschleppkosten von 150 Euro von dem Kläger mit Rechtsgrund gefordert und sei daher zur Rückzahlung nicht verpflichtet.

AG Charlottenburg, Urteil vom 16.11.2016 - 227 C 76/16

Redaktion beck-aktuell, 5. Januar 2017.