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Beim Sonntagsessen schwarz bezahlt: Erlogene Überstundenklage kostet den Job

LAG Rheinland-Pfalz
Das LAG Rhein­land-Pfalz ist über­zeugt: Ein Lkw-Fah­rer holte sich beim Fa­mi­li­en­es­sen sei­ner Chef­eta­ge jeden Sonn­tag seine Über­stun­den­be­zah­lung ab, schwarz und in bar. Trotz­dem klag­te er das Geld spä­ter ein – und ge­wann. Eine Pro­zess­lü­ge, die ihn je­doch den Job kos­te­te.

WhatsApp-Nachrichten, Bilder von handschriftlichen Zetteln und Zeugenaussagen der ganzen Familie – die Beweislage gegen einen klagefreudigen Lkw-Fahrer war am Ende doch zu erdrückend. Vor dem AG Kaiserlautern hatte er seine Arbeitgeberin verklagt, weil ihm vermeintlich keine seiner insgesamt 572 Überstunden bezahlt worden sei – was sich jedoch später als Lüge herausstellte. Das Unternehmen kündigte dem Fahrer daraufhin und bekam schließlich vor dem LAG Rheinland-Pfalz Recht (Urteil vom 27.03.2025 – 2 SLa 253/24).

Im Prozess um die Überstunden hatte der Kraftfahrer vor dem AG Kaiserslautern zunächst Erfolg gehabt, das Gericht verurteilte das Unternehmen tatsächlich zu einer Zahlung von über 8.500 Euro. Während dieses Verfahren in die Berufung ging, musste sich das LAG Rheinland-Pfalz parallel mit der anderen Seite des Falls beschäftigen: Nach dem Zahlungsurteil des AG hatte das Unternehmen dem Lkw-Fahrer ordentlich gekündigt, wogegen dieser ebenfalls zunächst erfolgreich vorgegangen war. Vor allem wegen Zeugenaussagen der Mitglieder des Familienunternehmens kam dort in zweiter Instanz jedoch die Wahrheit ans Licht. Die Überstunden wurden bezahlt – beim sonntäglichen Familienessen. 

Familie erklärt Schwarzgeldzahlungen im Detail

Zu den Zeuginnen und Zeugen aus den Reihen der Familienmitglieder gehörte der Mann der Geschäftsführerin, ihr gemeinsamer Sohn – beide mit leitenden Positionen im Geschäft - sowie dessen Tante väterlicherseits, die ebenfalls im Betrieb beschäftigt ist. Auch der Neffe der Geschäftsführerin trat als Zeuge auf. 

Insgesamt ergab sich damit ein Bild eines Familienessens, das sonntäglich im Elternhaus der Geschäftsführerin abgehalten wurde. Dabei wurden nicht nur ausländische Fahrerinnen und Fahrer vorstellig, die sich mangels eigenen Kontos ihre Bezahlungen in bar abholten, sondern auch der klagende Lkw-Fahrer. Dieser habe seinen handgeschriebenen Überstundenzettel übergeben, woraufhin entweder Vater oder Sohn der Familie das zuvor abgehobene Geld gezählt und übergeben hätten, so erzählten es die Beteiligten übereinstimmend vor Gericht. Man habe sich auf die Schwarzgeldzahlung eingelassen, weil das Unternehmen auf den Fahrer angewiesen gewesen sei. Die Überstundenzettel seien daraufhin vernichtet worden, Belege habe man bewusst nicht ausgestellt. 

Lüge im Vorprozess begründet Kündigung

Die 2. Kammer des LAG folgte den Zeugenaussagen und kam zur Überzeugung, dass das Schwarzgeld doch bezahlt worden war. Zwar seien gegen den Sohn und die Tante bereits Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage anhängig. Ungeachtet dessen lasse sich aber keine andere Sichtweise mit den vorgelegten WhatsApp-Nachrichten vereinbaren, in denen der Fahrer ausdrücklich von der Bezahlung seiner Überstunden beim Familienessen gesprochen hatte. Es sei unwahrscheinlich, dass er zum Elternhaus seines Chefs gefahren sei, um dann ohne jene Bezahlung wieder zu gehen. Außerdem habe sich der Arbeitgeber hier bewusst – und in strafrechtlich relevanter Weise – selbst belastet. 

Daraus folge wiederum, dass der Fahrer über die Bezahlungsvorgänge bewusst gelogen habe – eine "erhebliche Verletzung" der zivilrechtlichen Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB). Diese Pflichtverletzung sei dermaßen erheblich, dass die ausgesprochene Kündigung im Nachgang des Überstundenprozesses nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG sozial gerechtfertigt sei, so das LAG. In der Tat lasse sich so in der Zukunft kein störungsfreies Arbeitsverhältnis mehr erwarten. 

Dem Unternehmen sei es auch sonst nicht mehr zumutbar, den Mann weiter zu beschäftigen. Der Fahrer sei zum Zeitpunkt der Kündigung zwar fast 60 Jahre alt und verwitwet gewesen, die Pflichtverletzung überwiege in diesem Falle allerdings. Er habe bewusst gelogen und sogar eine Verurteilung seiner Arbeitgeberin zur nochmaligen Zahlung erwirkt. Diesen Prozess, den das LAG als Parallelverfahren geführt hatte, wies die Kammer im gleichen Zug ab (Urteil vom 27.03.2025 - 2 SLa 253/24).

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