VGH Mannheim: Sondernutzungssatzung darf Außenbewirtschaftung nicht von kostenloser Gästetoilette abhängig machen

Eine Bestimmung in einer kommunalen Sondernutzungssatzung, die vorsieht, dass eine Sondernutzungserlaubnis für die Außenbewirtschaftung auf öffentlicher Verkehrsfläche, soweit Sitzgelegenheiten beantragt werden, nur erteilt werden kann, wenn eine kostenlose Gästetoilette nachgewiesen wird, verstößt voraussichtlich gegen höherrangiges Recht. Dies geht aus einem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vom 29.03.2017 hervor (Az.: 5 S 533/17, BeckRS 2017, 109711).

Streit um Verkauf von Kaffee zum sofortigen Verzehr

Die Stadt Singen (Antragsgegnerin) hat am 27.09.2016 eine neue Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen (Sondernutzungssatzung) erlassen. Diese sieht in § 18 Abs. 3 Satz 1 vor, dass eine Sondernutzungserlaubnis für die Außenbewirtschaftung auf öffentlicher Verkehrsfläche, soweit Sitzgelegenheiten beantragt werden, nur erteilt werden kann, wenn eine kostenlose Gästetoilette nachgewiesen wird. Hiergegen wendet sich eine Konsumgüter- und Einzelhandelsfirma (Antragstellerin), die ihre Produkte in Filialen in Singen vertreibt und dort auch Kaffee zum sofortigen Verzehr verkauft. Für diese Zwecke beantragte sie am 13.10.2016 eine Sondernutzungserlaubnis für sechs Tische und 24 Stühle, die die Antragsgegnerin am 08.03.2017 ablehnte. Die Antragstellerin hat gegen die Sondernutzungssatzung der Antragsgegnerin einen Normenkontrollantrag eingereicht (Az.: 5 S 1439/16), über den in der Hauptsache noch nicht entschieden ist. Zudem hat sie einen Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung der Sondernutzungssatzung der Antragsgegnerin gestellt.

Nur straßenrechtliche Erwägungen maßgeblich

Der VGH hat diesen einstweiligen Antrag jetzt abgelehnt. Bei der Entscheidung über die nach Straßenrecht zu erteilende Sondernutzungserlaubnis dürfe die Behörde nur spezifisch straßenrechtliche Erwägungen im Hinblick auf die mit der beabsichtigten Sondernutzung verbundene Beeinträchtigung des widmungsgemäßen Gemeingebrauchs berücksichtigen. Andere Erwägungen seien nur zulässig, wenn sie noch einen sachlichen Bezug zur Straße hätten. Daran dürfte es hier fehlen. Das "Abhängigmachen" der bestuhlten Außenbewirtschaftung von einer Gästetoilette diene nach den sich aus den Akten der Antragsgegnerin ergebenden Erkenntnissen nicht straßenbezogenen Belangen, insbesondere nicht der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs oder der Vermeidung von Verunreinigungen der Straße. Vielmehr gehe es der Antragsgegnerin augenscheinlich nur darum, einen Mangel an öffentlich zugänglichen Toiletten auszugleichen und hierfür die Gewerbetreibenden in der Innenstadt in die Verantwortung zu nehmen.

Außervollzugsetzung der Sondernutzungssatzung abgelehnt

Obwohl § 18 Abs. 3 Satz 1 der Sondernutzungssatzung der Antragsgegnerin daher gegen höherrangiges Recht verstoßen dürfte, hat der fünfte Senat den Antrag auf einstweilige Außervollzugsetzung der Sondernutzungssatzung abgelehnt. Der Antragstellerin drohe bis zur Entscheidung in der Hauptsache kein schwerer Nachteil, da sie am 07.12.2016 eine Sondernutzungserlaubnis unter anderem für das Aufstellen von fünf Stehtischen erhalten habe.

VGH Mannheim, Beschluss vom 29.03.2017 - 5 S 533/17

Redaktion beck-aktuell, 18. August 2017.