VGH Mannheim: Kein Abschiebungsverbot nach Kabul für alleinstehende gesunde Männer im arbeitsfähigen Alter

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass für alleinstehende, gesunde Männer im arbeitsfähigen Alter kein Abschiebungsverbot nach Kabul besteht. Das Gericht hat damit die Asylklage eines afghanischen Staatsangehörigen auch in zweiter Instanz abgewiesen. Die Revision wurde nicht zugelassen (Urteil vom 23.10.2018, Az.: A 11 S 316/17).

Im Iran aufgewachsener Afghane kam 2015 nach Deutschland

Der Kläger war von früher Kindheit an im Iran aufgewachsen und im Herbst 2015 nach Deutschland gekommen. Mit seinem Asylantrag hatte er hauptsächlich geltend gemacht, dass die Bundesrepublik Deutschland ihn nicht nach Kabul abschieben dürfe. Die Sicherheitslage und die humanitären Bedingungen seien dort so extrem schlecht, dass ihm nach der Abschiebung die Verelendung drohe. Als abgeschobener Rückkehrer aus Westeuropa werde er in der afghanischen Gesellschaft stigmatisiert. Er habe auch kein Netzwerk in Afghanistan, das ihn unterstützen könne.

Gericht lässt sich von Afghanistan-Expertin beraten

Der VGH Mannheim hat sich im Berufungsverfahren in einer mehrstündigen mündlichen Verhandlung über die Lebensbedingungen berichten lassen, auf die afghanische Staatsangehörige nach ihrer Abschiebung aus Deutschland treffen. Das Gericht hatte hierzu die ausgewiesene Afghanistan-Expertin Friederike Stahlmann beauftragt. Stahlmann versuchte, die Schicksale der Personen nachzuverfolgen, die Deutschland seit Dezember 2016 nach Afghanistan abgeschoben hat. Dies gelang allerdings nur in einem kleinen Bruchteil aller Fälle.

VGH: Trotz extrem widriger Lebensbedingungen kein Abschiebungsverbot

Der VGH konnte sich im Ergebnis nicht davon überzeugen, dass dem Kläger in Kabul bei einer Abschiebung die Verelendung droht. Er hat den Antrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbots für den alleinstehenden, gesunden Mann im arbeitsfähigen Alter deshalb abgelehnt. Das Gericht führte aus, dass Rückkehrer nach Kabul zwar auf extrem widrige Lebensbedingungen träfen. Die verfügbaren Erkenntnisse ließen aber nicht den Schluss zu, dass schlichtweg jede aus Europa abgeschobene Person in Kabul so gefährdet sei, dass ihr eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention drohe.

VGH Mannheim, Urteil vom 23.10.2018 - A 11 S 316/17

Redaktion beck-aktuell, 24. Oktober 2018.