VGH Mannheim bestätigt Entlassung mehrerer Soldaten wegen folterähnlicher Aufnahmerituale

Die Entlassung mehrerer Bundeswehrsoldaten der Staufer-Kaserne in Pfullendorf wegen ihrer Beteiligung an folterähnlichen Aufnahmeritualen war rechtmäßig. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim mit unanfechtbaren Beschlüssen vom 08. und 09.02.2018 entschieden und die Vorinstanz bestätigt. Unabhängig von einem Einverständnis der Betroffenen handele es sich um ein schwerwiegendes Fehlverhalten, das den militärischen Zusammenhalt gefährden könne (Az.: 4 S 2200/17, 4 S 2201/17 und 4 S 2144/17).

Vier Bundeswehrsoldaten wegen Beteiligung an demütigenden Aufnahmeritualen entlassen

Vier junge Männer, zwei Soldaten auf Zeit sowie zwei Freiwillig Wehrdienstleistende, wurden von der Bundeswehr wegen ihrer Beteiligung an sogenannten Taufen und Gefangenenspielen entlassen. Ihre gegen die Entlassungen gerichteten Klagen wies das Verwaltungsgericht Sigmaringen ab. Die Soldaten beantragten anschließend die Zulassung der Berufung. Einer nahm seinen Zulassungsantrag zurück.

VGH bestätigt Entlassungen

Der VGH hat die drei verbliebenen Zulassungsanträge abgelehnt. Folterrituale seien objektiv geeignet, den militärischen Zusammenhalt im Sinn eines gegenseitigen Vertrauens und der Bereitschaft, füreinander einzustehen, zu gefährden. Selbstgeschaffene bundeswehrinterne Aufnahmerituale trügen die generelle Gefahr des Ausartens in sich. Auch wenn sie mit harmlosen Inhalten begännen, bestünden Missbrauchsmöglichkeiten zu Lasten Einzelner, indem Soldaten einem Gruppenzwang unterworfen und letztlich durch Misshandlung, Demütigung und entwürdigende Behandlung in ihren Grundrechten verletzt würden. Zutreffend habe das VG dargelegt, dass die Behandlung des "Täuflings" und des "Gefangenen" äußerlich an Folterszenen erinnere, die darauf gerichtet seien, die Opfer nicht nur in ihrer Bewegungsfreiheit und körperlichen Unversehrtheit zu beeinträchtigen, sondern sie gerade auch in ihrer Ehre und Würde zu verletzen.

Selbst bei Einverständnis der Betroffenen schwerwiegendes Fehlverhalten

Ob diese Rituale im Einverständnis aller Beteiligten durchgeführt worden seien und auch alle Beteiligten diese Behandlung als Spaß angesehen hätten, sei rechtlich unerheblich, so der VGH weiter. Denn jeder "Spaß" ende dort, wo er die Würde, die Ehre und/oder die körperliche Unversehrtheit eines Kameraden verletze. Die Beteiligung an "Folterritualen" erweise sich daher, selbst wenn sie im allseitigen Einverständnis zwischen den Beteiligten als eine scherzhafte Form des Umgangs miteinander angesehen würden, schon wegen der Beeinträchtigung der Grundrechtssphäre des Betroffenen als schwerwiegendes Fehlverhalten. Solche kameradschaftswidrigen Handlungsweisen beträfen den militärischen Kernbereich, da sie den militärischen Zusammenhalt gefährden könnten.

VGH Mannheim, Beschluss vom 08.02.2018 - 4 S 2200/17

Redaktion beck-aktuell, 9. Februar 2018.