VGH Mannheim: Baden-Württemberg muss umgehend Verkehrsverbot für Euro-5-Diesel regeln

Das Land Baden-Württemberg muss umgehend ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge auch der Abgasnorm Euro 5 in den Luftreinhalteplan für Stuttgart aufnehmen. Nur damit würden die Vorgaben des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.02.2018 zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Stuttgart (NVwZ 2018, 883) erfüllt, hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens entschieden (Beschlüsse vom 09.11.2018, Az.: 10 S 1808/18 und 10 S 2316/18, nicht anfechtbar).

VG sieht Vorgaben des BVerwG zu Luftreinhaltung nicht erfüllt

Auf Antrag der Deutschen Umwelthilfe e. V. (Vollstreckungsgläubiger) hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 26.07.2018 (BeckRS 2018, 17398) gegen das Land (Vollstreckungsschuldner) ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro angedroht, da das Land seine Verpflichtung aus dem Urteil des BVerwG vom 27.02.2018 zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Stuttgart (NVwZ 2018, 883) bislang nur unzureichend erfüllt habe. Nachdem die vom VG gesetzte Vollziehungsfrist am 31.08.2018 abgelaufen war, hatte das VG mit Beschluss vom 21.09.2018 das angedrohte Zwangsgeld gegen das Land festgesetzt und die Festsetzung eines weiteren Zwangsgelds in Höhe von 10.000 Euro angedroht, wenn das Land dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht bis zum 16.11.2018 Folge leiste (BeckRS 2018, 22863).

Land verweist auf Fortschreibung des Luftreinhalteplans

Das Land hat die gegen diese beiden Beschlüsse des VG eingelegten Beschwerden im Wesentlichen damit begründet, dass es entgegen der Auffassung des VG mit dem aktuellen Entwurf zur dritten Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Stuttgart die Vorgaben aus dem Urteil des BVerwG vom 27.02.2018 (NVwZ 2018, 883) getreulich umsetze.

BVerwG fordert Dieselverbot in gesamter Umweltzone Stuttgart

Das BVerwG ging in seinem Urteil davon aus, dass nach derzeitigem Erkenntnisstand die nach deutschem und nach Unionsrecht geltenden Immissionsgrenzwerte für NO2 nur durch Festlegung eines ganzjährigen Verkehrsverbots in der gesamten Umweltzone Stuttgart für alle Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren unterhalb der Schadstoffklasse Euro 6 (bei Gewährung bestimmter Ausnahmen) eingehalten werden könnten, weshalb ein solches Verkehrsverbot anzuordnen sei.

Jedoch phasenweise Einführung und Ausnahmen zu prüfen

Allerdings müsse, so das BVerwG, die Anordnung eines Verkehrsverbots auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Deshalb sei eine phasenweise Einführung zu prüfen; anders als bei älteren Dieselfahrzeugen der Abgasnorm Euro 4 oder schlechter kämen für die neueren Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 zonale Verkehrsverbote nicht vor dem 01.09.2019 in Betracht. Darüber hinaus verlange der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass in bestimmten Fällen Ausnahmen von einem solchen Verkehrsverbot zu gewähren seien. Falls die Grenzwertüberschreitungen deutlich stärker als bisher prognostiziert abnehmen sollten, sei gegebenenfalls hierauf zu reagieren, was das Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 angehe.

Fortgeschriebener Plan beinhaltet kein Verkehrsverbot für Euro-5-Dieselfahrzeuge

Das Land hat im Verfahren zur dritten Fortschreibung des bestehenden Luftreinhalteplans für Stuttgart bestimmte Maßnahmen vorgesehen, um das Urteil des BVerwG umzusetzen. So sieht der aktuelle Planentwurf ein zonales Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 4 oder schlechter vor, das am 01.01.2019 in Kraft treten soll und verschiedene Ausnahmen enthält. Das Land hat jedoch davon abgesehen, in dieser aktuellen Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Stuttgart eine zeitlich gestufte – also spätere – Einführung eines zonalen Verkehrsverbots für Euro-5-Dieselfahrzeuge zu regeln. Das Land interpretiert das Urteil des BVerwG so, dass es sich erst im Lauf des zweiten Halbjahrs 2019 damit befassen müsse, ob überhaupt und gegebenenfalls ab wann ein Verkehrsverbot für Euro-5-Dieselfahrzeuge in die künftige Luftreinhalteplanung aufgenommen werde.

VG: Stadt muss sofort auch Verkehrsverbot für Euro-5-Diesel regeln

Dem ist das VG in den vollstreckungsrechtlichen Beschlüssen entgegengetreten. Die dem Land in dem Urteil des BVerwG eingeräumten Handlungsspielräume beträfen nur die nähere Ausgestaltung dieses aus heutiger Sicht notwendigen Verkehrsverbots auch für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5; so seien in Bezug auf ein solches Verkehrsverbot (in bestimmten Grenzen) Übergangsregelungen, Ausnahmen und Vorbehalte teils nötig, teils möglich. Das Urteil des BVerwG enthalte jedoch die eindeutige Verpflichtung des Lands, bereits jetzt ein solches Verkehrsverbot im Luftreinhalteplan verbindlich zu regeln.

VGH bestätigt Ansicht des VG

Der VGH hat in seinen Beschwerdeentscheidungen festgestellt, dass die Beschlüsse des VG zutreffend seien und das Land, um das Urteil des BVerwG umzusetzen, verpflichtet sei, umgehend ein Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5 in den Luftreinhalteplan für Stuttgart aufzunehmen, ohne dass hierdurch die schon laufende Planfortschreibung verzögert werden dürfe.

VGH Mannheim, Beschluss vom 09.11.2018 - 10 S 1808/18

Redaktion beck-aktuell, 13. November 2018.