Vermessungsingenieure wendeten sich erfolglos gegen Höchstaltersgrenze
Die Kläger sind öffentlich bestellte Vermessungsingenieure. Sie begehrten die Feststellung, dass ihr Amt über die in § 13 Abs. 1 Nr. 2 Vermessungsgesetz (VermG) festgelegte Höchstaltersgrenze hinaus fortbesteht. Nach der Bestimmung erlischt das Amt des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs mit Ablauf des Monats, in dem er das 70. Lebensjahr vollendet. Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies die Klage als unbegründet ab.
VGH: Höchstaltersgrenze unmittelbare Benachteiligung
Der VGH hat nunmehr auch die dagegen gerichteten Berufungen zurückgewiesen. Der sachliche und der persönliche Anwendungsbereich des AGG seien eröffnet. Insbesondere liege eine Benachteiligung aus einem in § 1 AGG genannten Grund (§ 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG) vor. Die Höchstaltersgrenze des § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG sei eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters, da mit ihrem Überschreiten die Bestellung zum öffentlich bestellten Vermessungsingenieur kraft Gesetzes erlösche.
Höchstaltersgrenze sozialpolitisch gerechtfertigt
Die Benachteiligung betroffener Vermessungsingenieure durch die Höchstaltersgrenze sei indes nach § 10 S. 1 und 2 AGG sowie aufgrund des Sicherheitsvorbehalts aus Art. 2 Abs. 5 RL 2000/78/EG (Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie) gerechtfertigt. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AGG sei eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei. Nur sozialpolitische Ziele wie solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung seien legitime Ziele im Sinne des § 10 AGG, die eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters rechtfertigen könnten. § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG verfolge (auch) sozialpolitische Ziele in Form der Schaffung beziehungsweise Beibehaltung einer ausgewogenen Altersstruktur durch eine landesweit flächendeckende Versorgung mit hoheitlichen Vermessungsdienstleistungen.
Regelung dient auch Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit
Davon unabhängig sei die Benachteiligung älterer öffentlich bestellter Vermessungsingenieure aufgrund des Sicherheitsvorbehalts aus Art. 2 Abs. 5 RL 2000/78/EG gerechtfertigt. Die Höchstaltersgrenze des § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG sei als eine Maßnahme anzusehen, die im Sinne des Art. 2 Abs. 5 RL 2000/78/EG für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig wäre. Sie diene dazu, öffentlich bestellte Vermessungsingenieure, bei denen altersbedingt nicht mehr die Gewähr gegeben sei, dass sie jederzeit die durch die öffentliche Bestellung an sie gestellten Anforderungen voll erfüllten, aus dem Kreis der betroffenen Ingenieure herauszunehmen und damit der Gefahr, altersbedingt den Amtspflichten nicht mehr nachkommen zu können, zu begegnen.
Generelles Höchstalter für öffentlich bestellte Vermessungsingenieure verhältnismäßig
Das generelle Höchstalter sei auch geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Rüge der Kläger, es seien mildere Mittel gegeben, mit denen dem Sicherheitsvorbehalt Rechnung getragen werden könne, verfange nicht. Eine Regelung wie im brandenburgischen Recht, nach der die Aufsichtsbehörde die Zulassung mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen habe, wenn nachträglich Tatsachen einträten, aufgrund derer die Aufsichtsbehörde nach § 3 des Gesetzes berechtigt wäre, die Zulassung zu versagen, und die fehlende erforderliche geistige und körperliche Leistungsfähigkeit (widerleglich) vermutet werde, wenn der Vermessungsingenieur das 70. Lebensjahr vollendet habe, sei nicht gleichermaßen wie eine generelle Höchstaltersgrenze geeignet, der Gefahr vorzubeugen, dass ein Vermessungsingenieur altersbedingt seinen Amtspflichten nicht mehr nachkommen könne.